Seit November 2024 ist die im Oktober 1996 eröffnete Palliativstation am Standort Sieglar angesiedelt.
PalliativstationIn Troisdorf arbeiten Fachärztinnen für Lebensqualität

Die ärztliche Leitung der Palliativstation, Dr. Barbara Söntgerath (links) und Dr. Sonja Schulte, mit Martin Keßler, Leiter der Fachabteilung beim Klinikträger GFO.
Copyright: Dieter Krantz
Sie sei „Fachärztin für Lebensqualität“, sagt Dr. Barbara Söntgerath gerne, wenn sie nach ihrem Beruf gefragt wird. „Wie schrecklich“ hört sie nämlich oft, wenn sie sagt, wo sie arbeitet: die Palliativstation der GFO Kliniken in Troisdorf. Es gebe viele Ressentiments gegen die oft als „Sterbestation“ gesehene Fachabteilung, wissen Söntgerath und ihre Kollegin Dr. Sonja Schulte.
Gegen derartige falsche Bilder anzugehen, aber auch zu zeigen, dass der Umzug vom alten Standort in Troisdorf gelungen ist, diente ein Tag der offenen Tür im Krankenhaus St. Johannes Sieglar. Im Oktober 1996 im Altbau von St. Josef gegründet, eröffnete die zehn Zimmer große Station am neuen Standort im November des vergangenen Jahres.
In Troisdorf suchen Erkrankte Linderung für schwere Symptome
Patientinnen und Patienten mit einer lebensverkürzenden Krankheit werden hier aufgenommen – doch nicht zum Sterben. „Sie haben Schmerzen, leiden an Atemnot oder Übelkeit“, erklärt Dr. Schulte. „Sie suchen Linderung und Hilfe“.Und das unter Umständen auch mehrfach im Verlauf ihrer Erkrankung. Ist das erreicht und sind die Patientinnen und Patienten „bestmöglich symptomkontrolliert“, überlege das Team gemeinsam mit den Erkrankten und den Angehörigen, wie es weitergeht.

Großzügig sind alle Räume, auch die Wohnküche.
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Das könne der Weg in ein Pflegeheim sein, eine ärztliche Palliativversorgung zu Hause, der Platz in einem Hospiz – dort wohnen und leben sie als Gäste bis zum Lebensende. Aber auch das Engagement eines ambulanten, oftmals ehrenamtlich getragenen Hospizdienstes ist eine Option. „Diagnose und Prognose bleiben die gleiche“, egal, wo die Menschen versorgt würden, betont Sonja Schulte immer wieder im Gespräch mit den Erkrankten und Angehörigen.
Ich fühle mich hier bestens aufgehoben
So auch mit dem Patienten aus Niederkassel, der seit einigen Wochen in Sieglar behandelt. Nach einer monatelangen Odyssee durch Kliniken und Altenheime erfährt er hier nun eine Schmerztherapie. Auch er hatte das Bild von der „Sterbestation“ vor Augen, als er hier aufgenommen wurde. „Aber das ist ja gar nicht so“, sagt er heute. „Das lernt man erst kennen, wenn man da ist“, erzählt der 72-Jährige. „Ich fühle mich hier bestens aufgehoben“.
Großzügig und hell sind die Räume in der dritten Etage des Krankenhauses. Den Blick ins Siebengebirge eröffnen große Fenster, die sich teilweise so weit aufschieben lassen, dass man die Patientenbetten ins Freie rollen kann. Aus den Doppelzimmern der früher hier untergebrachten Psychiatrie wurden Einzelzimmer – nach wie vor aber groß genug, dass Angehörige bei Bedarf in einem zweiten Bett hier schlafen können. Besuchszeiten wie in den anderen Stationen kennt man hier nicht.
Die Palliativstation sei die Keimzelle eines über die Jahre aufgebauten Netzwerks für die Versorgung von Schwerstkranken, erklärt Martin Keßler, Leiter des Fachbereichs Hospize und SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) beim Klinikträger GFO. 1996 steckte die Palliativmedizin noch in den Kinderschuhen, erinnert sich Keßler, der auch Leiter des Hospizes St. Klara in Troisdorf ist. Nur eine Handvoll vergleichbarer Stationen gab es damals in Deutschland.

In vielen Räumen lässt sich vergessen, dass man sich in einem Krankenhaus befindet.
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Mitarbeiterin der ersten Stunde war Karin Sänger, die nach dem Umzug auch in Sieglar arbeitet. „Mit den Jahren wird es schon eine Leidenschaft“, sagt sie. „Es macht Spaß, weil man sich ganzheitlich einbringen kann“. Ihr Fachwissen sei ebenso gefragt wie die Fähigkeit zum Mitfühlen. Ganz nah komme man den Patientinnen und Patienten. Und im Angesicht des nahenden Lebensendes „werden keine Spielchen mehr gespielt“. Für sich selbst nimmt Karin Sänger auch die Chance mit, „sehr bewusst durch das eigene Leben zu gehen.“
Zeit für die Menschen ist das zentrale Thema in der Troisdorfer Palliativstation
Auf den „unfassbaren Erfahrungsschatz der Pflegekräfte“ greife man bei den sogenannten komplementären Pflegemethoden zurück, sagt Martin Keßler: Sie wüssten am besten, welches Massageöl, welcher Duft wem am ehesten Linderung verschaffe. Auch Klangmassage oder ein musikalisches Angebot kann das Team um die Stationsleitungen Wiebke Nicolas-Mayer und Sandra Pischke unterbreiten.

Wiebke Nicolas-Mayer, Pflegerische Teamleitung, spricht mit einer Besucherin.
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Das zentrale Thema in der Palliativmedizin aber ist für Barbara Söntgerath, Sonja Schulte und Martin Keßler die Zeit, die sie haben, sich um die Patientinnen und Patienten zu kümmern. Sie könne den Menschen als Ganzes sehen, sein körperliches und psychisches Leid, sagt Barbara Söntgerath. „Ich kann alles machen, muss aber nicht mehr. Und ich habe die Zeit dazu“. Und Sonja Schulte pflichtet bei. Als Oberärztin in einer Intensivstation habe sie vielfach erlebt, dass
Insgesamt sind hier etwa zwei Dutzend Männer und Frauen hauptamtlich tätig; weiter engagieren sich ehrenamtlich. Sie alle haben stets auch die Situation der Angehörigen im Blick. „Die müssen wir mit begleiten“, weiß Martin Keßler; oftmals sei deren Betreuungsbedarf noch größer als bei den Patientinnen und Patienten. Erst recht natürlich, wenn ein Leben zuende ging. „Sterben und Tod sind etwas Existenzielles“, weiß Barbara Söntgerath. „Wenn das nicht gut aufgefangen wird, dann bleibt das.“ Zum Glück ist auch die Trauerbegleitung in Troisdorf und darüber hinaus Teil des Netzwerks, das Menschen in schwierigen Situationen auffängt.