Eine kritische AnalyseDie Liste der Waffenlieferungen an die Ukraine

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Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard.

  • Die Bundesregierung hat am Dienstag erstmals mitgeteilt, welche Waffen die Ukraine aus Deutschland bekommen hat und welche sie noch bekommen soll.
  • Der Politikwissenschaftler Carlo Masala nennt die Liste „durchaus beeindruckend“.
  • Doch schwerste Waffen wird die Ukraine auch weiterhin nicht kriegen.

Die Bundesregierung hat am Dienstag erstmals und nach langer Weigerung eine Liste jener Waffen veröffentlicht, die sie seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine an das Land hat liefern lassen. Der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München sagte dazu jetzt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die Liste ist durchaus beeindruckend. Es ist viel und mehr als erwartet.“ Er sieht Deutschland in einem Mittelfeld hinter den USA und Großbritannien.

Geliefert wurden bisher unter anderem 3000 Panzerfaust-Patronen, 100.000 Handgranaten, 2.700 Fliegerfäuste, 500 Stinger-Flugabwehrraketen, 100 Maschinengewehre und 16 Millionen Schuss Munition. Hinzu kommen 23.000 Gefechtshelme, 178 Kraftfahrzeuge, 1200 Krankenhausbetten sowie ein Feldlazarett.

Hauptproblem: Fehlende Munition

Auffällig ist, dass sich die Zahl der anfangs in Aussicht gestellten 5.000 Schutzhelme um 18.000 erhöht hat. Auffällig ist ferner, dass wie Masala sagt, „extrem viel Munition auf der Liste steht“. An Munition fehlt es der Ukraine sehr. Zudem befinden sich auf der Liste fortgesetzte Lieferungen von Diesel und Benzin sowie zehn Tonnen AdBlue. Treibstoff wird in der Ukraine vor allem deshalb benötigt, weil die russische Armee gezielt Tanklager angreift. Adblue dient der Abgasnachbehandlung von Dieselfahrzeugen. „Ohne Adblue fährt da kein Lkw mehr rum“, sagt Masala.

Bei dem, was Deutschland noch an die Ukraine liefern will, springt abermals die Munition ins Auge: 10.000 Schuss Artilleriemunition, 53.000 Schuss Flakpanzermunition sowie sage und schreibe 5,8 Millionen Schuss Handwaffenmunition. Dazu gesellen sich die schweren Waffen: 30 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard inklusive etwa 6.000 Schuss Munition, ein Luftverteidigungssystem Iris-T SLM (die Ukraine hätte gern 12) der Firma Diehl Defense sowie von drei Mehrfachraketenwerfern des Typs Mars II aus Beständen der Bundeswehr.

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Die 6.000 Schuss Munition für den Gepard sind eine überschaubare Menge. Ursprünglich war von 59.000 die Rede; schon die Menge galt als gering. Das Iris-T SLM soll überdies nicht vor Herbst in der Ukraine eintreffen. Von Mars II wiederum waren eigentlich vier statt drei in Aussicht gestellt worden.

Dafür sind, wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Mittwoch im Bundestag bestätigte, die sieben Panzerhaubitzen 2000, an denen ukrainische Soldaten im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein geschult worden waren, mittlerweile „sicher in der Ukraine angekommen“. Sie betonte: „Damit kann jetzt gekämpft werden.“ Was weitere Lieferungen von Waffen aus Beständen der Bundeswehr anbelangt, zeigte sich Lambrecht derweil zurückhaltend. „Da sind wir ziemlich an der Grenze dessen angekommen, was noch verantwortbar ist“, sagte sie.

„Keine deutschen Alleingänge“

Eine dritte und letzte Kategorie sind Waffen, die die Ukraine gerne hätte, Deutschland aber aus politischen Gründen nicht hergeben mag. So forderte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk zuletzt zwar einmal mehr die Lieferung von Leopard-1-Kampfpanzern und Marder-Schützenpanzern. Die Verteidigungsministerin räumte jetzt – anders als Kanzler Olaf Scholz (SPD) – ein, dass es entsprechende Anträge gebe, beschied sie jedoch mit einem Nein. Kein anderes Land habe Waffen dieser Kategorie geliefert, sagte sie und fügte hinzu: „Es wird in dieser Frage keine deutschen Alleingänge geben.“

Der Politikwissenschaftler Carlo Masala findet, Deutschland brauche sich beim Thema Waffenlieferungen an die Ukraine nicht kleiner zu machen, als es tatsächlich sei. Doch fuhr er fort: „Mehr ist immer notwendig.“

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