KommentarDas Lastenrad als Hassobjekt im autofixierten Wahlkampf

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  • Nur die Grünen sind überrascht, wie viel Gegenwind sie für ihren Vorschlag bekommen, auch private Lastenräder mit 1000 Euro zu fördern.
  • Das Lastenrad ist das perfekte Hassobjekt im Verkehr für alle, die glauben, dass Modernität von Motor kommt.
  • Die Erregung zeigt den Stand des Bundestagswahlkampfs, kommentiert RND-Reporter Jan Sternberg.

Was den Linken und Grünen das SUV, ist den Rechten das Lastenrad – das perfekte Hassobjekt im Verkehr. Der Aufruhr in den sozialen Netzwerken über den Grünen-Vorschlag, auch Privaten den Kauf eines Lastenrads mit 1000 Euro zu subventionieren, kam daher nicht überraschend. Von Konservativen wie CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bis Rechtsaußen wie dem AfD-Spitzenkandidaten Tino Chrupalla waren sich alle einig: Nun sind die Grünen endgültig abgedreht.

„Grüne Vorschläge im aktuellen Wahlkampf werden immer abstruser und weltfremder“, schrieb Ziemiak auf Twitter. „Handwerker und Kleinunternehmer sollen Bionade-Bourgeoisie-Leistungen auf Drahteseln anbieten. Als Nächstes Rikschas statt Taxis?“, fragte Chrupalla. Und grundsätzlich war sich das rechte Lager einig: Subventionen für den Kauf eines privaten Transportmittels – wie abwegig!

Dieselprivileg kostet 1,4 Milliarden

Nun: Bis zu 9000 Euro bekommt eine Käuferin oder ein Käufer eines E-Autos, 11.000 Förderanträge gehen pro Woche ein. Ein 1000-Euro-Zuschuss für ein Lastenrad, das auch gerne mal mehr als 3000 Euro kostet, ist nicht mehr als eine Gleichbehandlung für Menschen, die sich kein Auto anschaffen können oder wollen. So argumentieren die Grünen und liegen nicht ganz falsch. Das Dieselprivileg kostet den Staat jährlich 1,4 Milliarden Euro, die höhere Kfz-Steuer ist da schon gegengerechnet. Eine Lastenradmilliarde nimmt sich daneben nicht mehr absurd aus.

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Sind Lastenräder nur etwas für die urbane Klientel? Ja, natürlich denken die Grünen hier vor allem an ihre Stammwähler. Doch auch auf dem Land werden viele Strecken im Fünf-Kilometer-Radius zurückgelegt – ein Lastenrad kann hier zumindest den Zweit- oder Drittwagen ersetzen. Für Chrupallas Malerbetrieb in der ländlichen Lausitz eignen sie sich nicht.

Wie autofixiert auch dieser Wahlkampf abläuft, zeigt der Hitzegrad der Lastenraddebatte perfekt. Besonders entlarvend ist der erschrockene Ausruf: „Wo sollen die alle parken?“ Bei subventionierten Autos hat diese Frage noch keiner gestellt.

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