Kommentar zu AfghanistanMädchen und Frauen werden wieder die Hölle erleben

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Taliban-Anführer in Kabul

Taliban-Kämpfer präsentieren sich im Präsidenten-Palast in Kabul als Sieger des Krieges.

Das war der Traum des Westens: Afghanistan sollte so befriedet sein, dass die Taliban keine Gefahr mehr sind, das Land für seine Sicherheit selbst sorgen kann und Menschenrechte achtet. Um den eigenen Nationen das Gefühl des Erfolgs zu geben, wurden die internationalen Truppen vor dem symbolträchtigen 20. Jahrestag der islamistischen Terroranschläge auf die USA am 11. September abgezogen.

Das ist der Albtraum des Westens: 20 Jahre Kampf um die Stabilisierung des Landes durch demokratische Strukturen, freie Wahlen, Gleichberechtigung von Frauen und Freiheitsrechte verpufften binnen Tagen. Die Taliban sind zurück an der Macht.

Der Westen hat an Autorität und Vertrauen verloren

Davon werden sich die Vereinten Nationen, die USA, die Nato und auch Deutschland lange nicht erholen. Man wird ihnen nicht mehr glauben, wenn sie von Sicherheit sprechen, man wird ihnen nicht mehr trauen, wenn sie Konflikte lösen wollen. Der Westen hat auf dramatische Weise an Autorität und Vertrauen verloren. Und zwar nicht, weil man seine militärischen Fähigkeiten anzweifelte, sondern weil Afghanistan auf schmerzlichste Weise bewiesen hat, was das eigentliche Problem bei solchen Einsätzen ist: Es fehlt die berühmte „Exit-Strategie“. Wie kommt man aus einem Land, in das man sich militärisch und politisch eingemischt hat, wieder heraus, ohne es im Stich zu lassen?

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Oft hatten sich Bundeswehrsoldaten damit motiviert, dass ihr Einsatz der afghanischen Bevölkerung helfen und die Welt vor den Taliban schützen würde. Dafür sind viele Soldaten der Nato gefallen oder wurden verwundet und kehrten traumatisiert zurück. Ihre Familien leiden unter den Folgen. Nun ist die bittere Erkenntnis: Es war umsonst. Das wird in den Armeen der Bündnisstaaten zu Erschütterungen führen.

Die Lehren aus dem Einsatz müssen gezogen werden

Viele Menschen in Afghanistan werden es mit ihrem Leben bezahlen, dass sie ihre Hoffnung in den Westen setzten und den Taliban dann schutzlos ausgeliefert wurden. Vor allem Mädchen und Frauen werden statt Schule und Ausbildung wieder die Hölle erleben. Auch Ortskräfte in anderen Ländern werden gewarnt sein, für die Bundeswehr oder deutsche Vertreter zu arbeiten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat die islamistischen Aufständischen nun zu „äußerster Zurückhaltung“ aufgerufen.

Als ob es die Taliban auch nur im Entferntesten beeindrucken würde, was der Mann in New York sich so wünscht. Genauso wenig, ob die Bundesregierung Entwicklungshilfe zahlt oder nicht.

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Über all das wird der Bundestag bei künftigen Einsätzen niemals mehr hinwegsehen können. Dieser Kampfeinsatz muss gründlich und schonungslos aufgearbeitet werden. Es müssen Lehren daraus gezogen werden, um künftige Anforderungen an Deutschland in internationalen Einsätzen zu erfüllen – oder aber abzulehnen, so schwer das sein wird.

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