Kommentar zur Corona-LageIrgendwann dürfen auch die Geimpften auf ihr Recht pochen

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Ein Mitarbeiter einer Klinik in Bayern lässt sich impfen.

Berlin – Das flächendeckende Corona-Impfangebot wird nicht flächendeckend angenommen. Alle Appelle nützen nichts. Selbst flehende Bitten von Medizinern und Politikern, Rücksicht zu nehmen auf die besonders verletzlichen Gruppen dieser Gesellschaft wie die Alten und die Kinder, werden ignoriert. Rücksicht auf diese Minderheit der Impfverweigerer nimmt die Politik dennoch.

Und nun ist passiert, was Bund und Länder mit Lockdowns und Milliarden sowie 58 Millionen Menschen mit ihren Impfungen verhindern wollten: Corona ist außer Kontrolle. Vor einem Jahr blickte das Land schockstarr auf 20.000 Neuinfektionen am Tag. Jetzt sind es über 50.000. Und es sind zum allergrößten Teil Infizierte, die sich nicht hatten impfen lassen und Corona für eine Mär hielten.

Angst vor Corona-Erkrankung der Eltern und Großeltern

Um es klar zu sagen: Es geht nicht um jene, die sich nicht impfen lassen können, weil etwa ihr Immunsystem geschwächt ist. Es geht um die Männer und Frauen, die ihre Freiheit höher als die Freiheit der anderen bewerten. Um jene Leute, die unseren föderalen Staat mit den besten Grundrechten als Diktatur beschimpfen. In Diktaturen landen Kritiker übrigens im besten Fall im Gefängnis, im schlechtesten Fall verlieren sie nicht nur ihre Freiheit, sondern ihr Leben.

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Die meisten Menschen haben sich impfen lassen und halten sich an alle Regeln. Sie müssen sich aber aus Rücksicht auf eine Minderheit weiter einschränken. Maske, Abstand, Testen. Und sie müssen wieder Angst haben, dass ihre Eltern oder Großeltern in einem Pflegeheim infiziert werden oder in Quarantäne kommen, ihre Vereinsamung fortschreitet - in den letzten Jahren ihres Lebens.

Politik hat nicht damit gerechnet, dass Millionen unsolidarisch sind

Andere werden nie vergessen, wie sie sich bei Beerdigungen nicht umarmt haben und für sich alleine weinen mussten. Auch deshalb, weil der Angehörige gestorben ist, ohne dass man seine Hand halten durfte. Wofür? Damit alles so schlimm bleibt? Impfdurchbrüche geschehen, Unternehmen in neue Nöte kommen? Dass Kinder ihre Schule wieder nicht regelmäßig von innen sehen, auch der nächste Abiball ausfällt? Irgendwann darf auch die Mehrheit auf ihr Recht pochen.

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Die Politik hat einen Fehler gemacht, als sie die Impfpflicht ausschloss. Sie hat aber nicht damit gerechnet, dass Millionen Bürgerinnen und Bürger den wertvollen Impfstoff für Teufelszeug halten und unsolidarisch sind. Aber Fehler kann man korrigieren. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther warnt schon, sein Geduldsfaden zu Menschen, die Impfungen verweigern, sei gerissen.

Pandemie ist keine Privatsache

Eine Pandemie ist keine Privatsache. Und die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt, sagte der Philosoph der Aufklärung Immanuel Kant im 18. Jahrhundert. Aufklärung gab es genug. Jetzt braucht es für die Zeit der Bekämpfung der Pandemie, deren Ende maßgeblich durch Impfverweigerer verzögert wird, eine Impfpflicht - zumindest für einzelne Berufsgruppen.

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