Trotz WiderstandsFamilienministerin Paus hält an Einführung der Kindergrundsicherung fest

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Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus will ab 2025 eine Kindergrundsicherung einführen.

Bundesfinanzminister Lindner steht dem Vorhaben skeptisch gegenüber. In Deutschland gilt jedes fünfte Kind als armutsgefährdet.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus hält trotz des Widerstandes von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und der Passivität in Teilen der SPD am Ziel der Einführung einer Kindergrundsicherung ab 2025 fest. „Das Projekt wird auf jeden Fall was“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag vor Journalistinnen und Journalisten in Berlin und fügte hinzu, man arbeite auf der politischen Ebene an der Lösung offener Sachfragen, und sie wolle nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen. „Insofern bin ich da optimistisch.“

Paus plädierte für einen einkommensunabhängigen Pauschalbetrag für alle Kinder, der sich an der aktuellen Höhe des Kindergeldes, das 250 Euro beträgt, orientieren soll – sowie einen einkommensabhängigen Zusatzbetrag. Auf die bisher genannten Gesamtkosten von 12 Milliarden Euro wollte sie sich nicht festlegen, betonte aber, die Summe sei wohl begründet.

Jedes fünfte Kind gilt in Deutschland als armutsgefährdet

Die wissenschaftliche Direktorin am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch, sagte, die Kindergrundsicherung sei nötig, um die verfestigte Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen; jedes fünfte Kind gilt als armutsgefährdet.

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Sie beklagte zudem „eine doppelte Privilegierung“ von Kindern aus einkommensreicheren Familien. Erstens bekämen diese Leistungen wie das Kindergeld automatisch. Ärmere Familien müssten Leistungen vielfach beantragen. Zweitens bekämen einkommensreichere Familien auch mehr. Deshalb müsse der Staat die Zugänge für staatliche Leistungen an Kinder vereinfachen, diese Leistungen aber auch erhöhen, so Kohlrausch.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, stellte fest, die Energiekrise treffe Familien mit geringen Einkommen deutlich härter als andere, weil sie relativ gesehen viel mehr Geld für Lebensmittel und Energie ausgeben müssten. Er erklärte zugleich, Arbeit sei für viele Menschen sinnstiftend, und in kaum einem Land gebe es so viele Mütter in Teilzeit wie in Deutschland. Ein Problem bestehe nämlich darin, dass sie beim Bezug sozialer Leistungen einen Großteil ihres Bruttoeinkommens wieder abgeben müssten.

Eine Kindergrundsicherung wirke dem entgegen und bringe daher auch volkswirtschaftliche Vorteile, sagte Fratzscher, weil sie die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt erleichtern helfe und überdies dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenwirke. Mit der Kindergrundsicherung sollen bestehende Leistungen für Kinder wie das Kindergeld, der Regelsatz für Kinder im Bürgergeld, der Kinderzuschlag sowie Leistungen aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket zusammengeführt werden, um mehr berechtigte Kinder zu erreichen.

Lindner sieht dafür im Haushalt kaum Spielraum und hatte auf die bereits erfolgte deutliche Kindergelderhöhung auf 250 Euro im Monat verwiesen. Paus möchte sich damit nicht zufriedengeben. Sie halte die vielfältigen Benachteiligungen von Kindern nicht aus, sagte die Ministerin. „Und deswegen kämpfe ich für die Kindergrundsicherung.“(rnd)

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