Kasalla-Sänger Bastian Campmann„Mich regt es auf, wenn Fakten verzerrt werden“

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Bastian Campmann ist der Sänger der Kölner Band Kasalla.

  • Der Kölner Kasalla-Frontmann Bastian Campmann spricht im Interview über die Notwendigkeit von Faktenchecks und gibt Tipps für Soziale Netzwerke.

Köln – Wo informierst Du Dich im Internet, wenn Du Dir sicher sein willst, dass die Nachrichten, die du liest, auch stimmen?

Bastian Campmann: Gerade wenn es um wichtige Themen geht, nutze ich immer mehrere Quellen. Ich schaue auch gerne mal über den Tellerrand, aber grundsätzlich treibe ich mich eher auf den etablierten Medien rum und ziehe wichtige Nachrichten nicht aus den Sozialen Netzwerken.

Was machst Du, wenn du unsicher bist, ob eine Information, die du im Internet oder in den Sozialen Netzwerken liest, auch richtig ist?

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In solchen Fällen mache ich im Grunde dasselbe, wie wenn ich nur so nach Informationen suche: Gegenchecken, zwei, drei Checks bezüglich der Quelle und der Hintergründe, soweit es möglich ist.

Wurden schon mal falsche Bilder oder Informationen mit dir geteilt?

Auf jeden Fall. Gerade in der Corona-Pandemie gab es natürlich auch bei mir im erweiterten Umfeld Menschen, die zumindest kurz davor waren, Richtung Querdenker abzurutschen, und auch Dinge mit mir geteilt haben, wo ich dann auch direkt klar Stellung beziehen musste, sowohl politisch als auch medizinisch. Ich glaube, das ist gerade in der jetzigen Zeit, in der sehr viel Verwirrung und Unsicherheit herrschen, vielen Menschen so gegangen.

Hast du selbst schon mal etwas weitergeleitet und hinterher selbst gemerkt, es stimmt nicht?

Zum Glück noch nicht, hätte mir aber natürlich jederzeit passieren können. Davon möchte ich mich nicht freisprechen, weil es in vielen Bereichen ja gerade schwieriger wird, die Fakten von der Fiktion zu trennen. Früher war ein Foto ein Beweis, heutzutage ist ein Foto für sich stehend kein Beweis mehr, weil es relativ einfach nachzubauen ist. Selbst Videos sind mittlerweile nicht mehr zwingend Beweise.

Du hast gesagt, du beziehst Stellung, wenn dir falsche Bilder oder Informationen auffallen. Was genau machst du denn, wenn dir sowas weitergeleitet wird oder du es in den Sozialen Netzwerken siehst?

Wenn ich in den Sozialen Netzwerken etwas sehe, bin ich nicht irgendjemand, der in die Kommentarblasen einsteigt. Auch weil ich privat keine Sozialen Netzwerke nutze. Wenn so etwas im realen Umfeld passiert, spreche ich das aber schon an und versuche Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Ich finde es wichtig, sich verschiedene Argumente anzuhören und würde auch nicht alles direkt in den Bereich der Fabel schieben, was sich erstmal nicht wie die Mehrheitsmeinung anhört. Aber häufig ist es bei solchen Geschichten so, wenn man dreimal draufsieht, sieht man schon, da kann irgendwas nicht stimmen.

Welche sozialen Netzwerke benutzt du am liebsten und warum?

Für die Band benutzen wir hauptsächlich Instagram und Facebook, weil wir von den Altersgruppen so ein bisschen gemischt sind. Facebook ist ja eher der Opa unter den Netzwerken, aber da finden sich auch noch viele Leute, mit denen wir in Verbindung treten. Privat nutze ich wie gesagt eigentlich gar kein Soziales Netzwerk. Ich schaue mit dem Bandaccount häufiger mal, was bei Twitter abgeht, weil ich das noch für das politischste Netzwerk halte. Wobei sich da dann auch die Blasen in die andere Richtung bewegen und da auch, wie ich finde, selten ausgewogene Diskussionen zu finden sind.

Welche Lügen sind Dir zuletzt im Netz begegnet, über die du dich besonders geärgert hast?

Das hat überhaupt nichts mit parteipolitischen Präferenzen zu tun, aber die Geschichte rund um Annalena Baerbocks Masterstudium und ob es überhaupt ein gültiges Studium ist, was es wert ist, das hat sich so verselbstständigt und wurde ja teilweise auch von Quellen aufgegriffen und zum Thema gemacht, wo man dachte: Moment, was ist hier los? Und das war ja unterm Strich dann eine komplette Luftnummer. Das hat mich sehr aufgeregt.

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Generell regen mich weniger Sachen auf, die Attila Hildmann auf Telegram erzählt oder Xavier Naidoo weinend in die Kamera erzählt, denn da können 90 Prozent der Leute relativ schnell merken, dass da eher psychische Probleme im Spiel sind. Mich regt es eher auf, wenn Fakten verzerrt werden, verkürzt wiedergegeben werden und dadurch versucht wird, ein Bild herzustellen, das nicht der Realität entspricht, die Fakten als solche aber nicht immer direkt als Lügen entlarvt werden können. Das finde ich viel gefährlicher.

Was unterscheidet einen Journalisten von einem Influencer?

Ich finde es erschreckend genug, dass diese Frage überhaupt gestellt werden kann. Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun. Es ist durchaus eine berechtigte Frage, weil es in vielen Köpfen schon irgendwie vermischt wird, aber es hat natürlich nichts miteinander zu tun. Influencer sind von der Industrie bezahlte Handpuppen und Reichweitenverstärker, die mit Journalismus überhaupt nichts zu tun haben. Und oft tun sie auch nicht ihre eigene Meinung kund und recherchieren schon gar nicht. Journalismus ist verdammt nochmal eine wichtige Staatsgewalt und eine Säule der Demokratie. Das sollte nicht in einem Atemzug genannt werden.

Dein Tipp für alle Kinder und Jugendlichen, die im Netz und in den Sozialen Netzwerken unterwegs sind?

Niemals nur eine Meinung für bare Münze nehmen, eine Geschichte immer zwei-, drei-, viermal prüfen und auch durchaus mal Menschen fragen, die schon ein paar Jahre länger auf dem Planeten sind. Es ist nicht mehr das Problem, Nachrichten zu bekommen, das Problem ist, dass es zu viele Nachrichten gibt. Und die müssen geordnet und gefiltert werden von Menschen, die unabhängig sind und der Sache auf den Grund gehen.  

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