Nach Gegentor-FlutFC-Trainer Baumgart gibt sich selbstkritisch

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

FC-Trainer Steffen Baumgart während der Trainingseinheit am Montag

Köln – Zwar war am Montag der mobile Burger-Stand erneut zum Geißbockheim bestellt worden, denn Geburtstagskind Florian Kainz, der 30 Jahre alt wurde, gab nach der Einheit der Mannschaft einen aus. Doch vorher stand die Arbeit auf dem Programm. Die Profis des 1. FC Köln gingen dieser sehr fokussiert nach, doch die Stimmung war nicht mehr so gelöst wie vor kurzem noch. Vier Niederlagen aus den vergangenen fünf Pflichtspielen mit 15 Gegentoren haben ihre Spuren beim Bundesligisten hinterlassen.

„Die Situation ist nicht einfach“

Trainer Steffen Baumgart sieht sich deshalb noch mehr gefragt. Der Coach unterbrach die Einheit, ließ seine Mannschaft am Mittelkreis antanzen und erklärte lautstark und gestenreich, wie sich seine Spieler verhalten sollen. Nach der Einheit gab der Trainer zu: „Die Situation ist nicht einfach. In den letzten zweieinhalb Wochen erleben wir ein Auf und Ab der Gefühle. Das geht von „wir sind richtig gut“ bis zu „wir sind beschissen“. Die Schwankungen sind zu groß. Du kannst nicht gleich zweimal fünf Stück kassieren“, bezog sich Baumgart auf die Pleiten im Derby in Gladbach (2:5) und in Mainz (0:5). In beiden Partien hatte sich der FC jeweils in der ersten Halbzeit durch Platzverweise gegen Florian Kainz und Luca Kilian selbst dezimiert. 

Sorgen um Schindler

Nach einem Trainingszweikampf kurz vor Ende der Einheit am Montag fiel  Kingsley Schindler auf den Boden, schrie und krümmte sich vor Schmerzen. Sofort wurde er von  den Ärzten am Schienbein behandelt und musste gestützt vom Platz getragen werden. Das sah zwar sehr heftig aus, doch  obwohl  die Diagnose  ausstand, gab Trainer Steffen Baumgart leichte Entwarnung: „Wenn am meisten geschrien wird, ist es in der Regel weniger. Deswegen hoffe ich, dass es weniger ist“, ließ der Coach durchblicken, dass die Verletzung nicht dramatisch ist.

Alles zum Thema Steffen Baumgart

Erfreuliche Nachrichten gab es aber auch: Die  langzeitverletzten Jeff Chabot und Mathias Olesen konnten wieder Teile des Mannschaftstrainings absolvieren.  Jan Thielmann trainierte nach seiner Virus-Erkrankung wieder individuell. (LW)

Das spielte den Gegnern komplett in die Karten. Die Kölner gingen unter. Vor allem am vergangenen Freitag in Mainz ließen sie das drohende Unheil über sich ergehen. Das ist neu in der Baumgart-Ära, denn Einsatz,  Intensität und somit auch die Gegenwehr stimmten eigentlich immer. Die herben Niederlagen wirken nach, das gab Baumgart zu:  „Das macht natürlich was mit den Jungs. Für mich ist es jetzt aber auch eine große Herausforderung, dass wir zweimal den Arsch vollbekommen und jeweils fünf Gegentore kassiert haben. Darauf stehen weder der Trainer noch die Jungs.“

Der Chefcoach  überdenkt zudem seinen Vollgas-Fußball – zumindest für bestimmte Phasen und Situationen im Spiel. „Die Frage ist, wie bekommen wir es hin, dass wir nach Platzverweisen nicht immer gleich fünf Stück und solche Probleme kriegen. Ich glaube, dass wir in unserer Spielweise lernen müssen und in solchen Situationen dann nicht anlaufen und Druck machen, sondern erst mal das Spiel beruhigen und wieder Stabilität hereinbekommen müssen.“ Seine Mannschaft verliere nach den Platzverweisen nicht nur einen Mann, sondern „fast alles“. Insbesondere die Struktur und Ordnung. Die Lücken zwischen den Ketten werden zu groß. Am besten ist es natürlich, wenn sich Platzverweise vermeiden lassen, aber  im Fall des Unterzahl-Spiels  haben die Kölner bis dato noch keine taugliche Strategie gefunden.

„Muss Lösungen finden"

Baumgart gab sich selbstkritisch, fast demütig. Und sucht die Schuld für die Gegentor-Flut vor allem bei sich. Er nahm sich und seine Assistenten  in die Pflicht: „Es liegt an uns, dem Trainerteam, darauf Antworten zu geben. Das haben wir in diesen Spielen nicht geschafft, und das kreide ich mir  selbst an. Ich muss die Lösungen vorgeben, dass wir nicht so offen stehen.“ Solche Phasen gehörten zwar zum natürlichen Lernprozess einer Mannschaft und auch ihres Trainers, dennoch seien sie sehr ärgerlich. Und diesen Ärger merkte man Baumgart auch noch drei Tage nach dem Debakel von  Mainz an.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch es wird gewiss kein leichtes Unterfangen, dem Team Zurückhaltung zu implementieren. Seit Baumgarts Amtsübernahme im Sommer 2021 kannte das FC-Spiel eigentlich nur eine Richtung: mit voller Attacke nach vorn. „Für die Jungs ist es schwierig, sich zurückzuhalten, wenn man anderthalb Jahre eingetrichtert kriegt, jeden Ball zu attackieren“, sagte Baumgart. Doch der Coach hat weder Zeit noch viele Trainingsmöglichkeiten, um neue Abläufe einzustudieren. Bereits am Donnerstag (18.45 Uhr, RTL +) sind die Kölner erneut gefragt. In der Conference League beim FC Slovácko steht der Einzug in die K.o.-Runde auf dem Spiel.

Ein Fortschritt wäre es schon, wenn es der FC schaffte, eine Partie in voller Mannschaftsstärke zu beenden. Zwar kündigte Baumgart auch für den Auftritt auf der europäischen Bühne drei Tage vor dem Bundesliga-Heimspiel am Sonntag (19.30 Uhr) gegen Hoffenheim eine Rotation an, in Tschechien soll dennoch die bestmögliche Mannschaft auflaufen. Und mit elf Mann sollte die auch  gute Chancen haben. Slovácko  überraschte zwar  durch seinen 2:1-Sieg in Nizza, doch in der heimischen Fortuna Liga ist der Klub aus Uherské Hradiště als Zehnter derzeit einige Probleme. Nur ein Last-Minute-Sieg am Sonntag gegen Teplice (2:1) verhinderte das Abrutschen auf den drittletzten Platz.

KStA abonnieren