Rückschlag für FC, Konkurrenz siegtHarmlose Kölner hadern und wüten

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Die Kölner Spieler Justin Diehl (v.l.), Steffen Tigges, Benno Schmitz und Florian Dietz sind nach dem 0:1 gegen Bremen sichtlich enttäuscht.

Viel Aufwand, keinen Ertrag: Die Kölner Spieler Justin Diehl (v.l.), Steffen Tigges, Benno Schmitz und Florian Dietz sind nach dem 0:1 gegen Bremen sichtlich enttäuscht.

Beim 0:1 gegen Bremen bekommt der FC in der Offensive nichts zustande und fühlt sich vom Schiedsrichter betrogen. Die Konkurrenten Mainz und Union gewannen am Samstag.

Der 1. FC Köln ist zurück in der Realität. Immerhin drei Spiele war die Mannschaft von Trainer Timo Schultz vor diesem Freitagabend ungeschlagen geblieben, wirkte wieder deutlich stabiler und hatte es beim überraschenden, aber verdienten 2:0-Sieg gegen Frankfurt endlich mal geschafft, auch offensiv Akzente zu setzen und Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor zu zeigen. Doch die 0:1-Heimniederlage gegen Werder Bremen bedeutete einen deutlichen Rückschlag für den Tabellen-16. der Bundesliga. Erst recht vor den vermeintlich schwierigen Wochen mit den Aufgaben beim Spitzenteam Stuttgart, gegen Tabellenführer Leverkusen, im unberechenbaren Derby in Gladbach und gegen Champions-League-Teilnehmer Leipzig.

1. FC Köln: Konkurrent Mainz rückt FC auf die Pelle, auch Union gewinnt

Am späten Samstagnachmittag folgten die nächsten bitteren Nachrichten: Der FSV Mainz 05, Kölner Konkurrent im Abstiegskampf, bezwang den FC Augsburg durch einen Treffer von Sepp van der Berg in der 44. Minute mit 1:0. Der Tabellenvorletzte hat den Rückstand auf den FC verkürzt und ist nur noch einen Punkt zurück. Union Berlin, vor Wochen noch in Schlagdistanz, hat zudem im Kampf um den Klassenerhalt einen Big Point gemacht. Die Eisernen gewannen durch einen späten Treffer von Brenden Aaronson mit 1:0 bei der TSG Hoffenheim und weisen mit 24 Punkten nun acht Zähler mehr auf als der FC.

Ein klarer Rückschlag war es für die Kölner zudem, weil Bremen in einem über weiten Strecken niveauarmen Spiel ebenfalls wahrlich keine Glanzleistung geboten hatte. Obwohl Werder derzeit eine ungewohnte Auswärtsstärke an den Tag legt, wäre der Gegner an diesem Abend zu bezwingen gewesen. Doch der FC schlug sich zum Teil auch selbst, beim entscheidenden Tor in der 70. Minute durch Matchwinner Justin Njinmah hatte der sonst so zuverlässige Torhüter Marvin Schwäbe eine Hereingabe unterlaufen. Das Spiel war für die Kölner zudem ein Schritt zurück, weil sie sich selbst wieder auf dem richtigen Weg gewähnt hatten. „Wir hatten uns heute viel, viel mehr vorgenommen“, sagte nachher denn auch Kölns Trainer Timo Schultz – und haderte: „Deswegen sind wir heute sehr enttäuscht. Es fehlten Überzeugung und Mut, um mit dem Ball mehr zu kreieren.“ Und dann fühlten sich die Kölner – nicht zum ersten Mal – vom Schiedsrichter um einen Elfmeter betrogen.

Dem Team von Timo Schultz fehlen vorne Mut, Überzeugung und Qualität

Warum Überzeugung und Mut fehlten, konnte allerdings auch der Kölner Coach unmittelbar nach dem Abpfiff nicht beantworten. Die vergangenen Spiele hätten eigentlich doch wieder für mehr Selbstvertrauen sorgen sollen, die Fortschritte waren ja unverkennbar zu sehen gewesen. In der Abwehr stand der FC erneut einigermaßen sicher, aber nach vorne ging mal wieder fast nichts. Am Freitag wurde jedem das große Offensivproblem der Kölner erneut schmerzhaft vor Augen geführt. Oder wie es Schultz selbst formulierte: „Defensiv war es anständig, offensiv müssen wir aber eine Schippe drauflegen. So wird es nicht reichen!“

Unter dem Strich betrieben die Kölner zwar erneut einen hohen Aufwand, hatten mehr Ballbesitz (57 zu 43 Prozent), liefen mehr (122 zu 117,7 Kilometern) und gaben acht Torschüsse ab, von denen flogen allerdings nur zwei auf das Tor – eine schwache Quote. Der Expected-Goals-Wert (xG), eine Kennzahl zur Messung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuss zu einem Tor führt, betrug bei den Kölnern nur 0,55, bei den Bremern immerhin 1,81.

Stürmer Jan Thielmann kämpfte zwar wie immer aufopferungsvoll, ist aber ganz vorne verschenkt. Der 1,78 Meter große 21-Jährige ist vieles, aber kein echter Mittelstürmer. Thielmann mimt diesen, weil es kaum Alternativen im Kader gibt. Bekanntlich sind Stoßstürmer Davie Selke und die weiteren Offensivspieler Mark Uth und Luca Waldschmidt allesamt verletzt. Dann fiel auch noch der kurzfristig erkrankte Faride Alidou aus, der zuletzt unter Schultz endlich ins Rollen gekommen war. Linton Maina bekam wieder seine Chance. Der Flügelspieler ist zwar ungemein schnell, aber auch oft schnell den Ball los, da er wiederholt falsche Entscheidungen in den entscheidenden Momenten trifft.

Florian Kainz läuft zudem weiterhin seiner Form hinterher. Warum der Österreicher, zum Kapitän ernannt und als Führungsspieler bezeichnet, seit rund drei Monaten kein Spiel mehr bis zum Ende absolviert und – wie am Freitag – oft schon um die 65. Minute ausgewechselt wird, auch das wirft zumindest Fragen auf. Für Kainz brachte der Kölner Trainer den jungen Justin Diehl, der nach seiner Erkrankung wohl noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war, aber immerhin einiges probierte, am Ende aber auch glücklos blieb.

Adamyan, Tigges, Dietz und Co.: Die Kölner Wechsel verpufften

Zuletzt hatte Schultz mit seinen Personalentscheidungen oft ein glückliches Händchen bewiesen, gegen Bremen hatten zumindest die Wechsel überhaupt keinen positiven Effekt. Das gilt zudem für die Auswechslungen von Eric Martel (nach 74 Minuten) und Dejan Ljubicic (nach 84). Und da zeigte sich wieder das Kölner Dilemma: Während der Gast aus Bremen neben Siegtorschütze Njinmah auch Spieler wie Rafael Borré, den früheren Kölner Leonardo Bittencourt oder Olivier Deman einwechseln konnte, kamen beim FC neben Bundesliga-Neuling Jacob Christensen auch noch die seit Monaten glücklosen Angreifer Sargis Adamyan, Steffen Tigges und Florian Dietz ins Spiel.

Ihre Bilanzen sind so trostlos wie die Atmosphäre zuletzt im Heimbereich der TSG Hoffenheim: Adamyan gelang sein letzter Bundesligatreffer am 3. September 2022 in Wolfsburg, das ist nun also fast anderthalb Jahre her. Tigges hat in dieser Saison ebenfalls noch nicht getroffen und wartet seit Mai auf ein Erfolgserlebnis. Und Dietz, der lange wegen eines Kreuzbandrisses ausgefallen war, durfte in der Bundesliga überhaupt erst über einen eigenen Treffer jubeln: Am 13. August 2022 war das, beim 2:2 in Leipzig.

Besserung ist offenbar nur in Sicht, wenn die noch verletzten Spieler wie Selke zurückkehren. Auch über den Sommer hinaus wird sich ohnehin an der Situation nichts Grundsätzliches verändern: Der FC darf nach der Transfersperre bekanntlich keine Spieler und somit auch keine Stürmer verpflichten, der ausgeliehene Tim Lemperle kehrt aus Fürth zurück. Das alles sind keine guten Aussichten.

Kölner Wut über nicht gegebenen Elfmeter nach Einsteigen gegen Kilian

Und dann haderten die Kölner erneut mit dem Schiedsrichter, fühlten sich gar in der 87. Minute von Daniel Siebert um einen Elfmeter betrogen. Nach einem Freistoß von Max Finkgräfe kam Bremens Torwart Michael Zetterer aus dem Fünfmeterraum gestürmt. Der Werder-Keeper wollte den Ball mit den Fäusten aus der Gefahrenzone befördern, doch er sprang mit dem linken Knie voran in den Rücken von Kölns Abwehrspieler Luca Kilian, der mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen liegen. Nicht nur Kilian, sondern fast alle Kölner forderten Elfmeter, doch der blieb ihnen versagt. Schiedsrichter Siebert ließ weiterspielen, auch der VAR sah keinen Grund zum Eingreifen.

Und Kainz war im Anschluss stinksauer: „Da muss ich aufpassen, was ich sage. Die Aktion gegen Luca ist für mich ein klarer Elfmeter und es ist vollkommen unverständlich, wie man sich das nicht anschauen kann. Zetterer trifft den Ball nicht und geht mit dem Knie in Kili rein, das ist Elfmeter. Ich verstehe nicht, wie man das nicht prüfen kann, in so einer Situation. Aber die dürfen ja machen, was sie wollen.“

Sein Trainer gab sich diplomatischer: „Ich kümmere mich lieber darum, dass wir besser Fußball spielen und ich bin nicht da, um die Schiedsrichter-Entscheidungen zu bewerten. Wenn er gepfiffen worden wäre, hätte sich keiner beschweren können, das hat er nicht gemacht – dementsprechend müssen wir da jetzt mit leben.“ Und auch mit der äußerst dünnen Ausbeute von 16 Punkten und nur 15 Toren nach 22 Spieltagen.

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