1. FC KölnVorstand malt düsteres Zukunfts-Bild

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FC-Präsident Werner Wolf (l.) sein Vize Eckhard Sauren (r.) und der verbleibende Geschäftsführer Alexander Wehrle (M.)

Köln – Eigentlich, so war zu erfahren, hatte der 1. FC Köln in dieser Woche am Geißbockheim eine Pressekonferenz geplant, in der Sport-Geschäftsführer Horst Heldt „seinen“ neuen Cheftrainer Steffen Baumgart offiziell vorstellen sollte. Doch mit Plänen ist das immer so eine Sache beim 1. FC Köln, selbst nach dem Last-Minute-Klassenerhalt am vergangenen Wochenende. Und mit der Freistellung des Sportchefs am Sonntag hatte sich auch dieses Vorhaben mal wieder erledigt. Und so gab der FC bereits am Montagvormittag eine Pressekonferenz. Ihr Titel:  „Neuausrichtung Sport“.

Das Podium im Klubhaus wurde kurzerhand auf fünf Personen erweitert: Der Vorstand, vertreten durch Präsident Werner Wolf und seinen Vize Eckhard Sauren, versuchte etwas ausführlicher als in der rasch zusammengeschusterten Pressemitteilung vom Sonntagabend zu erklären, weshalb er sich von Heldt getrennt hatte und gab einen Ausblick. Der einzig verbliebene Geschäftsführer der KGaA, Alexander Wehrle, machte aus seinem Bedauern für die Freistellung von Heldt keinen Hehl. Und Vorstands-Berater Jörg Jakobs (50), der das operative Geschäft mit Ex-Keeper Thomas Kessler (35) und dem bisherigen Heldt-Assistenten Lukas Berg (27) übernimmt, bezog zu ersten sportlichen Fragen Stellung.

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Man sei Heldt sehr dankbar, dass er in einer schwierigen Situation Verantwortung übernommen habe, sagte Wolf und kam zum Punkt: „ Wir haben am Ende der Saison Bilanz gezogen und festgestellt, dass uns die sportlichen Ergebnisse und die Kaderzusammenstellung nicht ausreichen.“ Sein Vize Sauren erklärte, er habe Heldt vor dem Schalke-Heimspiel am letzten Bundesliga-Spieltag in einem Telefonat mitgeteilt, „dass es im Abstiegsfall eng wird. Im Falle des Klassenerhalts habe ich ihm gesagt, dass wir das anschließend analysieren und besprechen müssen.“ Nach Informationen dieser Zeitung ging das Telefonat allerdings von Heldt aus, er rief den für die sportlichen Belange im Vorstand zuständigen Sauren proaktiv an und bat um Klarheit in Bezug auf seine Person.

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Heldt: „Meine Enttäuschung ist sehr groß"

Die angekündigte Analyse fand dann auch  am Sonntagmittag im Büro von Sauren  statt, doch tatsächlich war bereits vor der Sitzung alles entschieden. Sauren erklärte: „Wir wollten Horst eine vernünftige Begründung für das Aus geben. Wir waren am Ende mit der Art der Analyse nicht zufrieden und haben ihm dann unsere Entscheidung mitgeteilt. Ich denke, wir haben das vernünftig kommuniziert.“ Der Unternehmer betonte, es sei dem Vorstand ein Anliegen gewesen, im Anschluss daran eine gemeinsame Erklärung zu erreichen. Doch dafür sei Heldts Enttäuschung zu groß gewesen. Dieser verlieh der Ex-Sportchef am Montag gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ Ausdruck: „Als ich das am Sonntag am Ende des Gesprächs mit dem Vorstand erfahren habe, war die Enttäuschung sehr groß. Das kam nach dem Klassenerhalt überraschend. Ich muss das alles erst einmal verdauen und sacken lassen. Ich hätte gerne beim 1. FC Köln weitergearbeitet, mein Herz hängt an diesem Verein.“ Heldt erhält nach Informationen dieser Zeitung eine Abfindung, die vertraglich gedeckelt ist.  Heldt (Vertrag bis 2023) dürfte ein Jahresgehalt erhalten. Beim FC soll Heldt rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr erhalten.

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Ex-Sportchef Horst Heldt

Doch es war insbesondere der Zeitpunkt der Freistellung von Heldt nur einem Tag nach dem fulminanten 5:1-Sieg in Kiel, der viele irritierte. Sauren versuchte, den Zeitpunkt der Trennung zu erklären: „Horst war es ein Anliegen, schnell Klarheit zu haben und zeitnah zu sprechen. Unser Fokus galt dem Klassenerhalt. Wir haben deshalb bewusst Gerüchte nicht kommentiert. Wir wollten im Endspurt Diskussionen vom Trainerteam und der Mannschaft fernhalten. Die Entscheidung zu Horst Heldt ist über Wochen gereift.“  Allerdings hatte die Vereinsführung dem Manager noch bis Ende März mehrfach öffentlich das Vertrauen ausgesprochen.

Vorstand will Sieben-Jahres-Plan für 1. FC Köln vorlegen

Die Klubführung stimmte nun auf zwei „sehr, sehr harte Jahre“ ein, in der es nur darum gehe, „irgendwie in der Liga zu bleiben“, so Sauren. Doch der Vorstand denkt  in größeren Zyklen. Sauren kündigte  an, auf der digitalen Mitgliederversammlung am 17. Juni einen Zukunfts-Plan vorzulegen. „Wir denken sehr langfristig. Unsere Strategie ist auf sieben Jahre ausgelegt. Unseren Entschluss mussten wir unter den langfristigen Aspekten fällen.“ Heldt musste also auch gehen, um den Weg frei zu machen für eine Umstrukturierung innerhalb der sportlichen Abteilung. Die Konstellation mit Jakobs und Co. ist für eine Saison angedacht. Dann soll ein Nachfolger kommen, der   in die Geschäftsführung aufrückt. Bis dahin wird  Wehrle alle Unterschriften tätigen. „Ich habe dem Vorstand mitgeteilt, dass ich die Entscheidung bedauerlich finde. Das hat mich nachdenklich gestimmt, aber ich gehe damit professionell um“, sagte der Finanz-Geschäftsführer. Seinen bis 2023 laufenden Vertrag wolle er erfüllen: „In einer der wohl schwierigsten finanziellen Situationen der Klubhistorie ist man sich der Verantwortung ganz bewusst. Ich könnte nicht in den Spiegel schauen, wenn ich jetzt sagen würde, ich übernehme keine Verantwortung mehr.“ Deshalb habe er auch dem VfB Stuttgart abgesagt.

Jörg Jakobs wollte Lucien Favre nach Köln holen

Wann Baumgart  jetzt präsentiert werden soll, ist unklar. Er reagierte   überrascht  auf Heldts Aus. „Ich hatte sehr gute Gespräche mit Horst Heldt, der mich vom FC überzeugt hat“, sagte Baumgart Sport1: „Deshalb habe ich mich auf die Zusammenarbeit mit ihm gefreut. Aber auch mit seinem Nachfolger werde ich sicher vertrauensvoll zusammenarbeiten können.“

Jakobs war am Ende zwar für Baumgart und sprach sich auch für die Interimslösung Friedhelm Funkel aus, aber für die Endphase der Saison hatte der Vorstandsberater nach Informationen dieser Zeitung zuerst einen anderen Trainer favorisiert: Und zwar den Ex-Gladbacher Lucien Favre (63).

„Wollen keinen direkten Draht zum Trainer“

Friedhelm Funkel hat den 1. FC Köln vor dem Abstieg gerettet. Gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte der Trainer am Sonntag erklärt, dass er zur Vereinsführung in den sieben Wochen „leider keinen persönlichen Kontakt“ gehabt hat. Man hatte ihn nicht begrüßt, ihm vor den entscheidenden Spielen kein Glück gewünscht. Der Vorstand nahm nun dazu Stellung. „Friedhelm Funkel ist persönlich per Telefonat von mir begrüßt worden. Das erste nach dem Spiel in Kiel war, dass ich ihm eine Nachricht geschrieben habe. Richtig ist, dass wir keinen intensiven Austausch hatten“, so Präsident Werner Wolf. Vize Eckhard Sauren sagte: „Wir als Vorstand wollen auch nicht operativ tätig werden. Das ist nicht unser Selbstverständnis. Wir wollen keinen direkten Kontakt zum Trainer. Das macht für uns keinen Sinn und ist der Normalfall. Deshalb haben wir ihm nirgends reingeredet.“ (LW)

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