Hoffenheim – 1. FC KölnAls diese Straße zum FC-Auswärtsspiel führte

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Eine schmale asphaltierte Straße ohne Mittelstreifen schlängelt sich durch eine hügelige Landschaft, die von Ackerflächen und kleinen Waldstücken geprägt ist.

Die L612 ist kurz vor dem Sinsheimer Ortsteil Hoffenheim gerade breit genug für einen Reisebus.

Vor 20 Jahren spielte die TSG Hoffenheim noch in der Regionalliga Süd. Die erste Begegnung mit dem 1. FC Köln gab es also im DFB-Pokal.

Es ist wenig verwunderlich, dass sich die meisten Fans des 1. FC Köln erst nach der Auslosung der zweiten Runde des DFB-Pokals der Saison 2002/03 näher mit den Nordbadenern befassten. Deren Mäzen Dietmar Hopp war vielen ebenso unbekannt.

Frustration über zweiten Abstieg

Vielmehr waren die Kölner nach dem zweiten Abstieg aus der Bundesliga mit sich selbst beschäftigt. Zwar war die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel rein in Ergebnissen gemessen auf dem besten Weg, diesmal den direkten Wiederaufstieg zu schaffen.

Doch fußballerisch bot sich dem Kölner Anhang viel Magerkost, was die Schmach des erneuten Gangs ins Fußball-Unterhaus nicht zu lindern vermochte. Immerhin, im DFB-Pokal war nach einem 3:1-Erfolg bei der zweiten Mannschaft des VfL Wolfsburg alles erwartungsgemäß verlaufen.

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Losglück im Pokal

Es kann schon als Losglück angesehen werden, in der zweiten Pokalrunde erneut auf einen klassentieferen Verein - die Regionalliga war damals noch die dritte Spielklasse - zu treffen. In der bereits angesprochenen Unkenntnis der Ambitionen des Dorfvereins planten viele FC-Fans bereits fürs Achtelfinale. Damals noch zu Recht, wie sich zeigte.

Zum Reiz des DFB-Pokals gehört, dass dort bislang unbekannte Gegner warten, deren geografische Lage erst einmal ermittelt werden muss. Auf der Anreise waren die Kölner, die mit dem vom Fan-Projekt 1. FC Köln 1991 organisierten Bus unterwegs waren, zuversichtlich und bester Dinge.

Kalauer über die Spieler

Es wurde über die Torflaute der FC-Stürmer gescherzt. Dabei gab es unzählige Kalauer, unter anderem auch über Mittelfeld-Spieler Markus Kreuz: „Was ist die schlechteste Karte im Kartenspiel? Kreuz 10.“ Irgendwie musste man sich ja die Zeit vertreiben.

Ein Fußballspieler in rot-weißem Oberteil wird vom Trainer instruiert. Der Trainer in blauer Jacke hat den Arm um den Spieler gelegt.

FC-Mittelfeld-Spieler Markus Kreuz war erst Bestandteil von Kalauern und brachte die Spötter später mit seinem Tor zum schweigen.

An der Abfahrt „Wiesloch/Rauenberg“ verließ der Fan-Bus die Autobahn 6, um die letzten Kilometer über Land zurückzulegen. Über die L612, vorbei an Ortschaften wie Dielheim und Horrenberg, näherte sich die Reisegruppe schließlich Hoffenheim. Je näher das Ziel rückte, desto enger schien die kleine Landstraße zu werden. Es dämmerte den FC-Fans, wo sie da wohl landen würden. Apropos Dämmerung, die brach bei der Ankunft am frühen Abend dieses 5. Novembers 2002 jahreszeitgemäß bereits herein.

Parken auf dem Waldweg

Auf Höhe des Ortseingangsschildes war dann auf dem gegenüberliegenden Hügel erstmals das Dietmar-Hopp-Stadion zu erkennen, das der namensgebende Gönner dem Verein drei Jahre zuvor aus seiner Privatschatulle spendiert hatte. Die Kölner Fan-Busse parkten auf einem kleinen Waldweg in Steinwurfweite vom Eingangsbereich des Stadions. Von einem nahegelegenen Hügel hatten einige Fans, die möglicherweise keine Eintrittskarte erhalten hatten, ebenfalls beste Sicht auf das sportliche Geschehen.

Auf einem Hügel steht ein kleines Fußballstadion vor einem Waldstück.

Über Hoffenheim thront das vom Namensgeber privat finanzierte Dietmar-Hopp-Stadion.

Zu Beginn der Begegnung tat sich der FC ein wenig schwer mit dem Regionalligisten. Doch nachdem Francis Kioyo (28.) den Bann endlich gebrochen hatte, erledigte der Zweitligist seine Aufgabe mehr oder weniger souverän. Der zuvor im Fan-Bus noch verspottete Kreuz erhöhte in der 35. Minute auf 2:0, ehe Markus Happe (43.) für den 3:0-Halbzeitstand sorgte. 

Würstchen unter dem Zaun

Wie weit Hoffenheim in diesen Tagen noch von den heutigen professionellen Strukturen entfernt war, zeigt folgende Begebenheit. Ein Würstchenverkäufer brachte während des Spiels aus dem Innenraum des Stadions seine Ware an den Fan. Da der Zaun zu engmaschig war, musste die Übergabe eben darunter her erfolgen.

Ein Fußball-Fan nimmt ein Brötchen mit Bratwurst an, dass er vom Verkäufer unter dem Zaun her angereicht bekommt.

Die Stadionwurst gab es in Hoffenheim unter dem Zaun her angereicht.

Nach der Pause erhöhte der FC durch Matthias Scherz (59.) und Andrew Sinkala (66.) auf 5:0. In der 78. Minute erzielte Sven Eller das erste Tor der Badener überhaupt gegen den 1. FC Köln. Hätten die FC-Fans geahnt, dass diesem Treffer für ihren Geschmack noch zu viele weitere folgen würden, sie hätten wohl weniger höhnisch applaudiert.

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