Kaderplanung des 1. FC KölnJörg Jakobs steht vor schwerem Transfer-Sommer

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Jörg Jakobs

Köln – Dass der 1. FC Köln keine 20 Stunden nach der erfolgreich zu Ende gebrachten Relegation seinen Sportchef Horst Heldt feuerte, hat dem Verein die Aufmerksamkeit der Branche eingebracht sowie eine verheerende Kommentarlage. Doch immerhin gewannen die Kölner damit Zeit, um  nun rasch den Kader für die neue Saison planen zu können. Heldts Nachfolge ist bereits geregelt, Jörg Jakobs (50) wird die Kaderplanung in diesem Sommer interimistisch verantworten, unterstützen wird ihn dabei Ex-Torhüter Thomas Kessler (35), der nun Leiter der Lizenzspielerabteilung ist. Hinzu kommt Lukas Berg (27), seit Dezember Leiter Administration der Lizenzspielerabteilung.

Komplizierter Transfersommer

Auf das Trio kommt der komplizierteste Transfersommer der Bundesliga-Geschichte zu, und beim 1. FC Köln wird es besonders schwierig. Die Jahre zwischen den Ligen sowie die ständigen Wechsel in der Sportlichen Leitung haben dem Verein einen Kader eingebrockt, der voller hochbezahlter Profis ist, die man sich aber nun weder leisten kann noch will – und die kaum ein anderer Klub zu übernehmen bereit ist, jedenfalls nicht zu den Kölner Konditionen.

Heldt reduzierte die Kosten

Horst Heldt hatte im vergangenen Sommer zahlreiche Spieler verliehen oder zur Auflösung ihrer Verträge bewegt, um die Personalkosten zumindest etwas zu reduzieren. In diesem Jahr wird Jörg Jakobs diese Aufgabe zufallen, allerdings wird er keine Verträge unterschreiben, denn in die Geschäftsführung hat sich der 50-Jährige nicht berufen lassen. Zwar war Jakobs als Berater des Vorstands seit dem Winter 2019/20 stets an den Kölner Transfers beteiligt, jedoch nicht voll in der Verantwortung. Dabei wird es bleiben.

Alles zum Thema Ellyes Skhiri

In diesem Sommer stehen drei Aufgaben an, die schwierig miteinander zu kombinieren sind: Die Kölner müssen einen Transfer-Überschuss erzielen, teure Leihspieler davon abhalten, zurückzukehren und gleichzeitig die Mannschaft verstärken. Als Zugang steht bislang Dejan Ljubicic fest, der 23-jährige kommt von Österreichs Vizemeister Rapid Wien, wo er Kapitän war. Auf der Zielgeraden befindet sich die Rückkehr von Mark Uth, mit dem Trainer Steffen Baumgart bereits gesprochen hat, man freut sich aufeinander. Auch Rückkehrer Anthony Modeste wird unter Baumgart seine Chance erhalten. Ablösesummen stehen nicht bereit, im Gegenteil müssen Einnahmen her. Die Rede war zunächst von 20, zuletzt gar von 30 Millionen Euro. Allerdings sind derartige Zahlen kaum belastbar, schließlich sind die Kölner noch auf der Suche nach Investoren, die Genussrechte zeichnen und damit ihr Eigenkapital stärken.

SebBorn

Sebastiaan Bornauw

Umworbene Spieler gibt es jedoch durchaus: Sebastiaan Bornauw soll sich mit dem VfL Wolfsburg einig sein, der neue VfL-Trainer Mark van Bommel hat den Belgier als Wunschspieler definiert. Allerdings steht Bornauw bis 2024 in Köln unter Vertrag, ist gerade 22 Jahre alt und ein torgefährlicher Innenverteidiger. Die kolportierten acht Millionen Euro, die Wolfsburg bietet, sollen für große Heiterkeit am Geißbockheim gesorgt haben. Zumal die hervorragende Kassenlage des Wolfsburger Konzernklubs bekannt ist. Bornauw wird sehr teuer sein, sollte er wechseln.

Gleiches gilt für Ellyes Skhiri: Der Tunesier war in der vergangenen Saison laufstärkster Spieler der Bundesliga und mit sechs Toren nach Ondrej Duda und Elvis Rexhbecaj (jeweils 7) Kölns torgefährlichster Mann. Skhiri dürfte Teil des Dominospiels werden, das wohl erst seinen Anfang nehmen wird, wenn nach der EM die ersten großen Transfers über die Bühne gehen. Auch Skhiri wird nicht gehen, ohne eine deutlich zweistellige Millionensumme einzuspielen.

Meré ein Kandidat

Ein Verkaufskandidat ist grundsätzlich Jorge Meré (24): Der Spanier zeigt zwar immer wieder seine fantastischen Anlagen. Allerdings fehlt dem Innenverteidiger die Konstanz, regelmäßig wird er mit einer Rückkehr nach Spanien in Verbindung gebracht. In Köln kommt er auf ein Jahressalär von bis zu zwei Millionen Euro, seine Ablöse ist auf 30 Millionen festgeschrieben. Merés Vertrag läuft noch bis 2023. Zwar rechnet niemand damit, eine riesige Summe für ihn zu erzielen. Aber um ihn verschenken zu müssen, ist sein Gehalt nicht hoch genug.

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Anders sieht das bei den meisten Leihspielern aus, die man gern verschenken würde, deren Gehälter aber selbst dann kaum jemand zahlen würde: Kingsley Schindler (27), Marcel Risse (31), Louis Schaub (26), Lasse Sobiech (30), Niklas Hauptmann (25) oder  Vincent Koziello (25) – keinen dieser Profis hatte Horst Heldt verpflichtet, dennoch sorgte er im vergangenen Sommer dafür, die Spieler, die unter Markus Gisdol keine Chance mehr hatten, zumindest teilweise von der Gehaltsliste zu bekommen. Doch nach einer Saison unter Corona-Bedingungen ist die Lage weit angespannter als vor einem Jahr. Jörg Jakobs wird nun Berater abtelefonieren und darum bitten müssen, ihre Klienten zum Verzicht zu bewegen: Vereine in der Situation des 1. FC Köln versuchen üblicherweise, die Gehälter ihrer nicht mehr gebrauchten Spieler aufzuteilen: Ein Drittel bezahlt man weiter, ein weiteres übernimmt der aufnehmende Verein. Und auf das letzte Drittel verzichtet der Spieler. Doch das ist problematisch. Lasse Sobiech etwa, der im Sommer 2018 nach Köln kam, spielte zuletzt beim FC Zürich in der Schweiz. Der Verein würde Sobiech zwar gern behalten. Doch können die Schweizer nicht annähernd ein Drittel seines Kölner Gehalts stemmen.

Teure Leihspieler

Ähnlich liegen die Dinge bei Louis Schaub, der beim FC in der Ersten Liga hervorragend verdient und beim FC Luzern nun eine starke Saison bot. Doch auch dort müsste er auf sehr viel Geld verzichten – und das gelänge nur, würde ihn sein Berater dazu überreden. Ohne Berater geht es also nicht – wenn alles gut läuft, verzichtet der Berater am Ende sogar auf seine Provision.

Vehs problematisches Erbe

Vergleichbar sieht es bei Kingsley Schindler (27/26 Pflichtspiele für Hannover) oder auch Niklas Hauptmann aus, den Armin Veh einst für mehr als drei Millionen Euro aus Dresden holte und der zuletzt beim Zweitligisten Holstein Kiel kein Stammspieler war. Am krassesten ist es wohl bei Vincent Koziello (25). Der Franzose, Großverdiener und ein Lieblingsspieler von Veh, ist unlängst mit Nacional Funchal als Tabellenletzter aus der portugiesischen Liga abgestiegen.

Jakobs und sein Team werden nun auf zwei Faktoren angewiesen sein: Sie müssen extrem viel Arbeit investieren, obwohl Jakobs den Job in Teilzeit neben seiner Tätigkeit an der Sporthochschule ausübt. Zudem wird ihr Erfolg vor allem davon abhängen, wie ihre Beraternetzwerke funktionieren – und das, obgleich Kessler und Berg Berufseinsteiger sind. Vor acht Jahren stemmte Jakobs nach dem Abstieg den Neuaufbau. Nun steht der nächste Kraftakt an.

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