Köln – Man kommt ja kaum umhin, sich zu fragen: Was wäre, wenn alles anders gelaufen wäre? Wäre Patrick Helmes heute einer der Top-Stürmer der Bundesliga, hätte er in den zurückliegenden Jahren nicht mit derart vielen Verletzungen zu kämpfen gehabt? Wäre er gar der Torjäger der deutschen Fußball-Nationalmannschaft? Wäre er derjenige, wegen dem es nach dem Rücktritt von Miroslav Klose keine Sorgen um das Angriffszentrum der DFB-Elf geben würde?
Nur Gedankenspiele, aber: gut möglich. Stattdessen hat Helmes jedoch gerade einmal 13 Länderspiele absolviert, er ist mittlerweile 30 Jahre alt und spielt zum zweiten Mal während seiner Karriere für den 1. FC Köln – wobei er seit einigen Monaten mal wieder mehr sitzt und und abseits des Rasens schuftet, als spielt. Wieder einmal wirft eine komplizierte Verletzung ihn zurück. Wie es in den zurückliegenden Jahren so oft gewesen ist. Die Chronologie einer unfassbaren Leidensgeschichte.
September 2006: Helmes startet mit dem 1. FC Köln in der zweiten Liga furios und schießt sieben Tore in fünf Spielen. Im Duell gegen Rot-Weiß Essen zieht sich der Stürmer dann aber einen Mittelfußbruch zu – der erste schwere Schlag für den damals 22 Jahre alten Angreifer. Helmes muss über vier Monate pausieren – während dieser Zeit gibt er seinen Abschied zu Bayer 04 Leverkusen bekannt, der eineinhalb Jahre später folgen wird.
Juni 2008: Gerade erst ist der Transfer nach Leverkusen umgesetzt, da erleidet Helmes einen Kapselriss und einen Bänderanriss im rechten Fuß – nach einer knappen Viertelstunde während des ersten Trainings mit seiner neuen Mannschaft. Später gibt es Spekulationen darüber, falsche Stollen seien auf Helmes‘ Schuhe aufgeschraubt worden.
Juni 2009: Helmes ist einer, der den Fußball bedingungslos liebt, und so spielt er nach dem Ende der Bundesliga-Saison 2008/09 während des Urlaubs mit Freunden – und beendet diese Einheit mit dem ersten von zwei Kreuzbandrissen, diesmal im linken Knie. Dazu äußert sich damals sogar Bundestrainer Joachim Löw: „Das ist schade für Patrick, dass ihm ausgerechnet im Urlaub ein Kreuzbandriss passiert. Er wird Bayer, aber auch der Nationalmannschaft, wo er zuletzt ein fester Bestandteil war, fehlen. Ob ihn das im Kampf um die WM-Teilnahme zurückwirft, kann man jetzt noch nicht beurteilen.“ Heute wissen wir: Ja, das hat es getan. Helmes hat mit der DFB-Elf an keinem großen Turnier teilgenommen.
August 2010: Helmes zieht sich einen Muskelfaserriss in der Wade zu und droht zunächst drei Wochen auszufallen. Schon eine Woche später trainiert der Stürmer aber wieder beschwerdefrei.
Dezember 2010: Gegen den SC Freiburg trifft Helmes zum 2:2-Endstand für Bayer 04 – kurz darauf muss er mit einem Muskelfaserriss im Oberschenkel vom Platz. Keine dramatische Sache, aber wieder muss der Stürmer aussetzen. Helmes sagt daraufhin seinen für die Winterpause geplanten Urlaub ab, um sich in Leverkusen behandeln zu lassen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite weiter
August 2012: Mittlerweile beim VfL Wolfsburg angekommen und die zwischenzeitliche Degradierung in die Regionalliga-Mannschaft hinter sich gelassen, erleidet Helmes während der Vorbereitung auf die neue Saison in einem Testspiel gegen Manchester City einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie, ohne Einwirkung eines Gegenspielers. „Das ist eine ganz bittere Nachricht für Patrick und die ganze Mannschaft“, sagt der damalige Wolfsburger Trainer Felix Magath. Sechs Monate später gibt Helmes sein Comeback, kommt beim VfL aber kaum noch zum Zug.
Mai 2013: Wochenlang hat Helmes Probleme wegen einer hartnäckigen Wadenverhärtung, nachdem er im Training einen Schlag auf das Bein abbekommt.
Juli 2014: Die erste Saison nach seiner Rückkehr zum FC hat Helmes ohne große Probleme überstanden. In der Vorbereitung auf die Bundesliga-Saison 2014/15 zieht er sich dann aber im Trainingslager in Bad Tatzmannsdorf einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu. Als er diese Verletzung überwunden hat, muss Helmes das zweite Trainingslager in Kitzbühel jedoch vorzeitig verlassen und der FC gibt bekannt: Helmes wird wegen eines Knorpelschadens in der Hüfte behandelt und steht vorerst nicht zur Verfügung. Wie lange der Stürmer ausfallen wird, sei offen und abhängig vom Verlauf der ärztlichen und physiotherapeutischen Behandlung.
August 2014: Helmes steht erstmals für Reha-Training wieder auf dem Rasen, macht kurz darauf schon Schusstraining.
September 2014: Helmes humpelt, „Patrick hat leider wieder Schmerzen“, sagt FC-Trainer Peter Stöger. Die medizinische Abteilung des FC spricht von einer Stirnhöhlenvereiterung, und als diese ausgestanden ist, sind auch die Hüftplagen des Stürmers vorübergehend verschwunden. „Scheinbar gab‘s da tatsächlich einen Zusammenhang“, sagt Jörg Schmadtke, und kurzzeitig sieht es so aus, als könne Helmes in absehbarer Zeit wieder loslegen.
Oktober 2014: Helmes sagt am Rande eines Testspiels der U 21: „Ich brauche eine neue Hüfte.“ Natürlich nur ein Scherz, doch noch immer ist unklar, wie es weitergeht mit dem ehemaligen Nationalspieler, der sich während seines Aufbau-Programms in Geduld üben muss. „Es wird kein Comeback mit der Brechstange geben“, sagt Berater Gerd vom Bruch. Gerüchte über ein drohendes Karriereende von Helmes kommentiert Trainer Peter Stöger mit den Worten: „Das ist doch Schwachsinn.“
November 2014: Weil bei Helmes noch immer keine erfreuliche Entwicklung absehbar ist und die Kölner Stürmer Anthony Ujah, Simon Zoller und Yuya Osako in der Bundesliga nur bedingt erfolgreich sind, mehren sich die Spekulationen über mögliche Stürmer-Einkäufe des FC im Winter. Jörg Schmadtke erklärt: „Bei Patrick wird es bis Winter dauern. Dann wissen wir, ob die Therapie angeschlagen hat oder eine OP nötig ist.“ Möglich also, dass Helmes sich doch einem Eingriff unterziehen muss. Das Ende der Leidenszeit ist derzeit nicht absehbar.
Noch kein Facebook-Fan? Auf unserer Seite KSTA Sport können Sie mit uns über das aktuelle Geschehen rund um den 1. FC Köln und über andere Sportthemen diskutieren.