Der 71-Jährige erbittet sich eine Nacht Bedenkzeit – dann entscheidet er sich für sein drittes Engagement als Trainer des 1. FC Köln: „Das ist einfach was Besonderes für mich“
„Wenn Köln anruft, sagt man nicht nein“Funkel folgt seinem Herzen

Zurück in Müngersdorf: Friedhelm Funkel am Montagnachmittag im Kölner Stadion
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Den Sonntag verbrachte Friedhelm Funkel, wie es sich für einen Mann seines Status gehört: auf dem Tennisplatz. Der 71-Jährige genoss das schöne Wetter in Krefeld, wie er am Montagnachmittag heiter berichtete, und kümmerte sich ansonsten um nichts. Der Fußball war in diesen sonnigen Stunden weit entfernt – so weit, dass Funkel nicht einmal mitbekommen hatte, dass beim 1. FC Köln die Gremien tagten, um der erneuten sportlichen Krise zu begegnen.
Dann hörte er um 17.30 Uhr sein Telefon klingeln. Der Anrufer: Thomas Kessler, bis dahin noch Leiter Lizenz beim 1. FC Köln, am Montag bereits zum Sportlichen Leiter befördert und kommissarischer Nachfolger des abberufenen Geschäftsführers Christian Keller. Er habe Kesslers Nummer selbstverständlich in seinem Telefon gespeichert, daher habe er gewusst, wer ihn da sprechen wolle. Allerdings: „Ich wusste nicht, was Thomas wollte“, sagte Funkel.
Ans Telefon ging er trotzdem, und nachdem Kessler ihn gefragt habe, ob er sich vorstellen könne, den 1. FC Köln in den kommenden zwei Wochen als Trainer zum Aufstieg zu führen, sei er sehr interessiert gewesen. Am Abend fuhr Kessler nach Krefeld, um Funkel persönlich zu sprechen. Zweieinhalb Stunden dauerte die Zusammenkunft, anschließend bat Funkel um eine Nacht Bedenkzeit. So verfährt er immer, „aber insgeheim war für mich klar: Das machst du“, räumte der Trainer ein.
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Für das Zahlenwerk verwies Funkel an seinen Freund und Berater, den Kölner Agenten Volker Struth. Funkel war in den vergangenen Jahren immer wieder angefragt worden, die meisten Engagements hatte er abgesagt. Doch Köln? Für Funkel und Struth stand das außer Frage. „Das ist einfach etwas Besonderes für mich. Und darum mache ich das jetzt auch. Wenn der 1. FC Köln anruft, kann man nicht nein sagen“, berichtete Funkel.
Das ist einfach etwas Besonderes für mich. Und darum mache ich das jetzt auch. Wenn der 1. FC Köln anruft, kann man nicht nein sagen
Entsprechend kurz fielen die Verhandlungen aus. Über Funkels Honorar wurde nichts öffentlich. Zu rechnen ist mit rund 250.000 Euro, von denen der überwiegende Teil allerdings nur im Erfolgsfall fällig wird.
Derart sicher war sich Funkel, den Job übernehmen zu wollen, dass ihn sogar noch die Nervosität überkam. Er sei zwar mit positiven Gedanken ins Bett gegangen und habe gut geschlafen. Sei aber vergleichsweise früh aufgewacht. „Weil ich dachte, Mensch, du musst zusagen! Vielleicht hat der Thomas ja noch jemand anderes im Ärmel! Das war aber natürlich nicht der Fall.“

Friedhelm Funkel nach der erfolgreichen Rettungsaktion im Mai 2021 in der Relegation gegen Holstein Kiel.
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Funkel präsentierte sich fit – mancher Augenzeuge der Präsentation im Rhein-Energie-Stadion fand, der Fußballlehrer sehe fitter aus als bei seiner FC-Rettung vor vier Jahren. Zudem war der Coach optimistisch, voller Energie: „Ich freue mich total auf diese Aufgabe, weil ich weiß, was auf mich zukommt. Ich traue der Mannschaft zu, dass wir direkt aufsteigen werden. Im Moment ist die Tabellensituation so: Der HSV ist Erster, Köln Zweiter. Und so wird das auch, mindestens, am Saisonende sein.“
Anders als vor vier Jahren ist die Aufgabe eine im Ansatz positive: Damals sollte Funkel die Kölner vor dem Sturz in die Zweite Liga retten, es war die Zeit der Pandemie. Es gab nur Schlimmes zu verhindern und wenig zu gewinnen. Auch in Kaiserslautern begab sich der Coach zuletzt auf eine komplizierte Rettungsmission, schaffte dann allerdings nicht nur den Klassenerhalt, sondern erreichte sogar das Pokalfinale gegen Bayer 04. Es war viel Stress, und womöglich ist das auch ein Grund, warum Funkel noch immer nicht bei Schalke 04 aufgetaucht ist. Obwohl man ihn dort gut brauchen könnte. Der Trainer sucht sich seine Projekte genau aus. Am Geißbockheim herrscht in diesen Tagen zwar wieder einmal Krisenstimmung. Doch der Trainer freut sich, etwas erreichen zu können. Die Mission ist gut schaffbar, hat er analysiert.
Funkel will keinen Anschlussvertrag
Einen Anschlussvertrag verlangten Funkel und sein Berater dennoch nicht, auch das machte die Vereinbarung mit dem FC einfach. Was nach der Saison kommt, soll zu einem späteren Zeitpunkt Thema werden. „Jetzt geht es um den Aufstieg. Alles andere zählt für mich nicht“, sagte Funkel.
Am Abend zuvor hatten die FC-Gremien die Trennung von Geschäftsführer Christian Keller und Trainer Gerhard Struber vollzogen. Werner Wolf hatte eine einfache Erklärung dafür. „Wir haben als Vorstand die Entscheidung getroffen, uns vom Trainer zu trennen, und Christian Keller wollte das nicht mitgehen. Also muss ich mich dann konsequenterweise auch vom Geschäftsführer Sport verabschieden“, berichtete der Präsident am Montag. Christian Keller bestätigte das in einem von Vereinsseite verbreiteten Zitat: „Eine kurzfristige Änderung auf der Trainerposition konnte und wollte ich nicht mittragen, da diese nicht meinen Überzeugungen und Werten entsprochen hätte.“ Es war ein konsequentes Vorgehen aller Beteiligter – und das nach Jahren des sportlichen Niedergangs, in denen es immer wieder Anlässe gegeben hätte, bei konsequenter Beurteilung von Kellers Geschäftsführung eine Trennung zu beschließen.
Nun stürzte Keller gemeinsam mit seinem Wunschtrainer. Struber sah sich um den Aufstieg gebracht. „Jetzt, da die Ziellinie vor Augen ist und wir noch dazu aussichtsreich dabei sind, tut die Entscheidung besonders weh“, ließ der Österreicher ausrichten.
Funkels Fokus gelte dem Spiel am Freitag (18.30 Uhr) in Nürnberg. Er habe in dieser Saison mehrere Spiele des 1. FC Köln gesehen, „einige gute, einige weniger gute“, wie er sagte. Er wolle viele Gespräche führen, um die Stärken der Spieler freizusetzen. „Ich bin davon überzeugt, dass wir im Trainerteam mit mir an der Spitze die richtigen Worte finden werden, damit die Mannschaft in Nürnberg selbstbewusst auftritt und ein gutes Ergebnis erzielen wird.“
Groß eingewöhnen muss er sich nicht mehr beim 1. FC Köln. Mit einer Einschränkung. „Ich war total überrascht, erstaunt und erfreut, dass wir dort jetzt wirklich die Bedingungen haben, die man im Profibereich einfach haben muss. Das war 2021 noch nicht der Fall. Und das ist sehr, sehr schön.“ Die Sanierung des Profitrakts war ein Herzensprojekt von Christian Keller.
Den hatte Funkel zuletzt im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ schwer kritisiert. Doch das sei auf dessen sportliche Kompetenz bezogen gewesen. Funkel hätte auch unter Keller ein Engagement angenommen. „Natürlich wäre auch eine Zusammenarbeit möglich gewesen. Ich habe ihn ja auch gelobt. Ich habe gesagt, er ist ein sehr, sehr schlauer, ein sehr, sehr intelligenter Mensch, der den Klub saniert hat. Was ich ein Stück weit kritisiert habe, ist, aber hat er auch genügend Ahnung im fußballerischen Bereich? Weil man nie jemand anderes beim FC über das Fußballerische vernommen hat. Aber deswegen würde man doch eine Zusammenarbeit nicht ablehnen.“