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FC-Geschäftsführer Türoff im Interview„Wir sind wieder voll arbeitsfähig“

Lesezeit 6 Minuten
20.01.2025
Köln:
Wie sieht das Stadionerlebnis der Zukunft aus? Welche Möglichkeiten gibt es, den Fußball von zu Hause aus erlebbar zu machen? Interview mit FC-Präsident Werner Wolf und FC Geschäftsführer Philipp Türoff.
Foto: Martina Goyert

20.01.2025 Köln: Wie sieht das Stadionerlebnis der Zukunft aus? Welche Möglichkeiten gibt es, den Fußball von zu Hause aus erlebbar zu machen? Interview mit FC-Präsident Werner Wolf und FC Geschäftsführer Philipp Türoff. Foto: Martina Goyert

Der 1. FC Köln erlebt wechselhafte Zeiten. Geschäftsführer Philipp Türoff (49) will den Wandel managen und gleichzeitig für Stabilität sorgen.

Herr Türoff, nach den Trennungen von Markus Rejek und Christian Keller waren Sie zwischenzeitlich der einzige verbliebene Geschäftsführer des 1. FC Köln. Wie war das?

Das gab es schon mal zu meiner Anfangszeit in Köln Anfang 2022. Jetzt ist aber die Situation eine andere: Nach mehr als drei Jahren im Amt kenne ich den Verein, seine Mitarbeiter und das Umfeld sehr viel besser. Ich war jetzt also nicht allein, denn viele Mitarbeiter sind in alle wichtigen Themen involviert. So war es kein Problem für mich, den Laden zusammenzuhalten.

Sie haben mit Christian Keller mehr als drei Jahre zusammengearbeitet. Hat Sie der Abschied des Sportchefs überrascht?

Wir hatten auch zuvor schon viele Phasen, in denen wir sportlich extrem unter Druck standen und insbesondere Christian stark in der Kritik stand. Zu diesem späten Zeitpunkt habe ich die Trennung von Christian ehrlicherweise nicht kommen sehen. Wir waren mitten in der Saisonendphase, im Aufstiegsendspurt. Dann hat das Thema aber durch das Geschehen auf dem Platz noch einmal gewaltig an Dynamik gewonnen.

Wie nah waren Sie einander? Vermissen Sie Ihren Kollegen?

Wir sind durch bewegende Phasen gegangen, da hat sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Christian Keller hat hier dazu beigetragen, in einer wesentlichen Phase für den 1. FC Köln Dinge umzusetzen, teils gegen große Widerstände. Das ist ihm hoch anzurechnen. Wir wissen aber, in welchem Geschäft wir uns bewegen und dass solche Entscheidungen jederzeit passieren können. Es geht immer nur um den 1. FC Köln, dieser Sache dienen wir hier. Wir sind erwachsen und aufgeräumt genug, um damit umzugehen. Wir alle beim FC müssen jetzt nach vorne schauen, offen sein und uns neu einstellen. Management wird immer dort gebraucht, wo sich Dinge verändern. Das ist jetzt meine Aufgabe.

Keller wollte die Entscheidung, sich von Trainer Gerhard Struber zu trennen, nicht mittragen und musste deshalb gehen. Ist das nicht ein vermeintlich kleiner Stein, über den am Ende der Sport-Geschäftsführer gestürzt ist?

Die Verantwortlichen haben die Personalien in einer größeren Dimension bewertet und sind dann zu ihren Entscheidungen gekommen. Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem man alles gewichten und kleinteiligere Themen hinter sich lassen muss.

Sie sprechen von größeren Dimensionen: Wäre man also in einer Analyse nach Saisonende zu denselben personellen Konsequenzen gekommen?

Das ist hypothetisch. Es war nach dem 1:1 gegen Regensburg der Moment gekommen, an dem sich die Verantwortlichen die Frage gestellt haben, ob sie handeln müssen. Und diese Frage haben sie mit ihrer Entscheidung für sich beantwortet.

Natürlich ist ein Sportdirektor kein Sport-Geschäftsführer. Aber es ist eine große Stärke von Thomas, dass er ganz nah an der Mannschaft und allen Mitarbeitern im sportlichen Bereich dran ist
FC-Geschäftsführer Philipp Türoff

Thomas Kessler ist zum Sportdirektor befördert worden. Muss der FC überhaupt noch einen externen Sport-Geschäftsführer engagieren?

Für mich ist entscheidend, dass es klare Verantwortlichkeiten gibt. Der FC hat vor allem im sportlichen Bereich eindeutige Herausforderungen und Aufgaben – und die müssen jetzt angegangen werden. Und deshalb musste auch auf dieser Ebene schnell gehandelt werden. Das ist erfolgt. Thomas Kessler ist jetzt für die sportlichen Belange zuständig und trägt auch die Verantwortung. Das ist eine sehr gute Entscheidung, denn so lässt es sich schnell wieder gut und gezielt arbeiten. Natürlich ist ein Sportdirektor kein Sport-Geschäftsführer. Aber es ist eine große Stärke von Thomas, dass er ganz nah an der Mannschaft und allen Mitarbeitern im sportlichen Bereich dran ist. Er kann sich jetzt voll und ganz auf diese Themen konzentrieren. Mein Kollege Philipp Liesenfeld (wurde in der vergangenen Woche als Marketing-Geschäftsführer vorgestellt, d. Red.) und ich werden Thomas unterstützen, wo es notwendig ist. Wir sind wieder voll arbeitsfähig.

Kessler konnte sich vorstellen, mit Funkel als Trainer weiterzumachen. Die Gremien waren offenbar dagegen. Hat er in der Trainer-Entscheidung also doch kein starkes Mandat gehabt?

In der Organisation des 1. FC Köln gibt es operativ Verantwortliche und eben Gremien, die einzubeziehen sind und wie der Gemeinsame Ausschuss in bestimmten Dingen Zustimmungsrechte haben. Es ist die Aufgabe der Geschäftsführung und des Sportdirektors, Vorschläge zu erarbeiten, denen dann zugestimmt wird, die aber auch abgelehnt werden können.

Philipp Türoff arbeitet seit mehr als drei Jahren beim 1. FC Köln.

Philipp Türoff arbeitet seit mehr als drei Jahren beim 1. FC Köln.

Damit antworten Sie nicht wirklich auf die Frage. Wie war denn konkret der Ablauf bei Funkel?

Da ist gar nicht viel abgelaufen. Am Donnerstag vor einer Woche wurde Thomas Kessler als Sportdirektor bestätigt. Das ist der Tag, ab dem wir voll arbeitsfähig waren, einen Vorschlag erarbeiten und überhaupt erst in Gremien zur Abstimmung geben konnten. Und da hat man gesehen, welche Priorität die Personalie Friedhelm Funkel bei uns besaß. Friedhelm hatte schließlich seinen Auftrag, den Aufstieg, mit Bravour gelöst. Friedhelm war deshalb am Freitag einer der ersten Gesprächspartner für Thomas. Vor dem Donnerstag konnten wir uns gar nicht für oder gegen Friedhelm entscheiden. Leider hatte sich das Thema medial schon etwas beschleunigt und verselbstständigt, da waren viele Spekulationen im Umlauf. Friedhelm hat dann am Freitag im Gespräch mit Thomas selbst erklärt, dass er nicht an dem Auswahlprozess teilnehmen möchte. Das ist seine Entscheidung.

Es gab allerdings schon am Mittwochabend Medienberichte darüber, dass Funkel nicht FC-Trainer bleiben wird, da sich die Gremien mehrheitlich dagegen ausgesprochen hätten. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Nein. Ich kann nur sagen, dass es bis dato keine Entscheidung der Gremien gab.

Welches Budget hat der FC für die Kaderplanung zur Verfügung? Jüngst sprachen Verantwortliche öffentlich selbst von zwölf Millionen Euro.

Das ist in etwa die Größenordnung, die wir brauchen, um richtig handlungsfähig zu sein.

Wie hoch wird der Lizenzspieleretat sein?

Natürlich gibt es da eine Größe, die werde ich allerdings nicht öffentlich machen. Die klare Botschaft ist: Wir haben uns wieder Handlungsspielräume erarbeitet und werden diese nach dem geschafften Aufstieg auch einsetzen. Wir wollen eine Mannschaft zusammenhaben, die Spaß macht und die auch in der Bundesliga eine gute Rolle spielen kann, um unser Ziel, den Klassenerhalt, zu schaffen.

Wo kann sich der FC in der nächsten Saison realistisch einordnen?

Wir wollen drinbleiben und uns an der Spitze des letzten Liga-Drittels einsortieren. Das würde in etwa auch unsere wirtschaftliche Kraft dokumentieren. Wir gehen das finanziell nicht naiv an, sondern wollen absolut wettbewerbsfähig sein und im Zweifel gegenüber unseren Konkurrenten auch mal die Nase vorne haben.

Im Herbst stehen Vorstandswahlen an. Wie blicken Sie auf die anstehenden Monate?

Wir sind ein Mitglieder-zentrierter Verein, das sollte unsere Stärke sein. Im Wahlkampf kann es mal etwas ruckelig werden. Das muss und kann der FC aber auch aushalten. Es gibt Positionen beim 1. FC Köln, die müssen immer zu 100 Prozent funktionieren. Es wird im Herbst eine neue Konstellation geben. Da gilt es, den Übergang herzustellen. Das sollte meiner Meinung nach so wenig disruptiv wie möglich geschehen. Es wird immer wieder der Mut zur Veränderung gefordert, das ist auch richtig. Dennoch gibt es in einer Organisation viele Aspekte, die Kontinuität und Stabilität erfordern. Wir haben große Aufgaben zu bewältigen, die auch nicht bis Herbst warten können. Darum möchte ich mich kümmern, das werden wir zu 100 Prozent sicherstellen. Was stabil bleiben muss, soll stabil bleiben.