Abo

Schwaches FC-ZentrumAus Kölns Mitte entspringt kein Fluss

4 min
Isak Johannesson, Eric Martel und Denis Huseinbasic fallen in dieser Saison bislang weniger durch ihre Spielmacherqualitäten auf.

Isak Johannesson, Eric Martel und Denis Huseinbasic fallen in dieser Saison bislang weniger durch ihre Spielmacherqualitäten auf. 

Der 1. FC Köln tut sich in dieser Saison bislang schwer, im Zentrum Torgefahr zu entwickeln. Den Mangel sprach auch Thomas Kessler nach der Niederlage gegen Frankfurt an.

Drei Treffer reichten beim 3:4 gegen Frankfurt nicht aus, um die strukturellen Sorgen des 1. FC Köln zu verdecken. Trotz spielerischer Fortschritte bleibt die Mannschaft von Trainer Lukas Kwasniok im Herz des Spielfelds erstaunlich harmlos. Das zieht sich seit geraumer Zeit durch die Auftritte des Aufsteigers; Trainer Lukas Kwasniok attestierte das Problem bereits im Sommer, als er feststellte, dass beim 1. FC Köln offenbar lange überwiegend an Strategien gearbeitet worden sei, den Ball zu gewinnen. Nicht aber an daran anschließenden Abläufen.

Im 3:4:2:1-System besetzen die Kölner das Zentrum derzeit meist mit zwei grundsätzlich eher defensiv geprägten Mittelfeldspielern. Davor agieren zwar zwei Profis, deren Position Kwasniok schon „Halbraumzehner“ genannt hat. Doch diese Spieler kommen meist über die Flügel, statt als echte Offensiv-Regisseure im Zentrum zu wirken.

Das heißt: Das Kölner Angriffsspiel hängt immer wieder von den Zentrumsspielern ab – und das bleibt eine Schwäche. Isak Johannesson zum Beispiel war eigentlich exakt der Spieler, den die Kölner brauchten: elf Tore und sechs Vorlagen waren dem Isländer in der vergangenen Zweitliga-Saison für Fortuna Düsseldorf gelungen. Doch nach elf Einsätzen mit dem 1. FC Köln in der Bundesliga hat der 22-Jährige bislang erst ein Tor erzielt – und noch keines vorbereitet.

Als wir ein bisschen mehr Ballkontrolle hatten, haben wir uns zu defensiv verhalten, den Ball zu oft nach hinten gespielt und uns anstatt Linien zu überspielen in Situationen gebracht, in denen die Frankfurter dann gut gepresst haben
FC-Sportdirektor Thomas Kessler

Fünfmal stand Denis Huseinbasic in der Startelf, der bosnische Nationalspieler kommt bislang auf neun Einsätze. Doch seine Scorer-Statistik ist noch immer leer: kein Tor, keine Vorlage. Der 24-Jährige hat zwar das Talent, aus der Tiefe des Spiels die Bälle zu verteilen und zählt bei langen und mittellangen Pässen zu den fünf zuverlässigsten Passgebern der Liga. Doch wirkliche Torgefahr aus dem Zentrum löst auch Huseinbasic nur selten aus.

Auch Eric Martel, der in dieser Saison allerdings statt im Zentrum bereits viermal in der Dreier-Abwehrkette auflief, ist noch ohne Tor, hat aber immerhin schon zwei Treffer direkt vorbereitet.

Lukas Kwasniok versuchte zuletzt mehrfach, die spielerische Not im Zentrum durch Florian Kainz lindern zu lassen.

Lukas Kwasniok versuchte zuletzt mehrfach, die spielerische Not im Zentrum durch Florian Kainz lindern zu lassen.

Den Mangel sprach auch Thomas Kessler nach der Niederlage gegen Frankfurt an. „Als wir ein bisschen mehr Ballkontrolle hatten, haben wir uns zu defensiv verhalten, den Ball zu oft nach hinten gespielt und uns anstatt Linien zu überspielen in Situationen gebracht, in denen die Frankfurter dann gut gepresst haben.“ Die Gegentore, die aus einer 1:0-Führung des FC noch in der ersten Halbzeit einen 1:2-Rückstand machten, fielen jeweils, weil die Kölner sich auf den Flügeln verhedderten, statt konsequent durch die Mitte nach vorn zu spielen.

Vergleicht man die Kölner Zentrumsspieler mit der Konkurrenz, sind ihre Werte jedoch gar nicht weiter dramatisch. Werder Bremen, am Samstag (15.30 Uhr) im Weserstadion nächster Gegner der Kölner, spielte zuletzt meist mit Senne Lynen und Jens Stage vor der Abwehr. Und obwohl Stage ein überaus torgefährlicher Mittelfeldspieler ist und nach zehn Toren in der Vorsaison bereits wieder auf vier Treffer in neun Spielen kommt, leistet er keine überragenden Passbeiträge in Richtung Angriffszone. Dafür ist er allerdings in gefährlichen Positionen anspielbar – und profitiert dabei kaum von seinem Partner Lynen, der bislang noch ohne Tor und Vorlage ist. Das muss er aber auch nicht, denn Bremen verfügt mit Romano Schmid über einen echten Spielmacher, der in dieser Saison bislang zwar auf scheinbar bescheidene je zwei Tore und Vorlagen kommt. Der aber bereits mehr progressive Pässe gespielt hat als Huseinbasic und Johannesson zusammen. Ein progressiver Pass überbrückt viel Raum und treibt das Spiel nach vorn. Solche Bälle bedeuten den Treibstoff für jede Offensive. Doch beim FC entspringt aus der Mitte kein Spielfluss.

Thomas Kessler: „Als wir nichts mehr zu verlieren hatten, haben wir genau das gemacht“

Zweimal versuchte es Kwasniok deshalb, indem er Florian Kainz in der Startelf aufbot: Gegen den Hamburger SV funktionierte das gut, der Ex-Kapitän traf sogar per direktem Freistoß. Eine Woche später beim Derby in Mönchengladbach dagegen spielte Kainz schwach, wenngleich er in dieser Saison immer besonders bei seinen Einwechslungen immer wieder bewies, wie gut er das Spiel versteht und welche Impulse er der Offensive geben kann. Auch gegen Frankfurt, als er beim Stand von 1:4 eingewechselt wurde und half, die Kölner noch einmal auf 3:4 heranzuführen.

Kessler hat das gesehen. „Gerade zum Ende hin, als wir nichts mehr zu verlieren hatten, haben wir genau das gemacht, wir haben uns im Zentrum aufgedreht, wir haben Linien überspielt. Wir waren dann mutig, das sind sicherlich Attribute, die uns dahin gebracht haben, dass wir jetzt mit 14 Punkten hier stehen.“

Lukas Kwasniok wird dennoch weiter vor seinem Personalpuzzle sitzen und nach einer Lösung für das Kölner Zentrum suchen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass Thomas Kessler für die anstehende Transferphase bereits intensiv nach einem spielstarken Mittelfeldmann sucht, der die Kölner Torgefahr aus dem Zentrum erhöhen kann.