Rückendeckung auf Platz 17Bayer 04 hält an Gerardo Seoane fest

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Leverkusens Trainer Gerardo Seoane

Berlin – Tabellenvorletzter in der Bundesliga nach sechs Spieltagen, ein peinliches Aus im DFB-Pokal und eine Auftaktpleite beim vermeintlich leichtesten Gruppengegner in der Champions League. So einen Saisonstart hätten sich die Verantwortlichen von Bayer 04 Leverkusen wohl auch in ihren dunkelsten Vorstellungen nicht ausgemalt.

Das 2:2 vom Samstag bei Hertha BSC gehörte zwar zu einer der besseren Leistungen der vergangenen Wochen – doch gab es erneut nur wenige Anlässe zur Hoffnung, dass es in nächster Zeit ohne grundlegende Änderungen zu einer dauerhaften Verbesserung von Leistungen und Ergebnissen kommen kann. Und ein solcher Umschwung muss zeitnah erfolgen, wenn der Werksklub seine Saisonziele nicht massiv nach unten korrigieren möchte. Der Frust über die anhaltende Krise macht sich wenig überraschend auch in der Anhängerschaft breit. Im Olympiastadion waren als Geschenke zur Besänftigung gedachte Trikots der Leverkusener Profis vom Gästeblock zurück in den Innenraum geflogen.

Dienstag ist Atlético Madrid zu Gast in Leverkusen

Trainer Gerardo Seoane wird trotz allem vorerst im Amt bleiben und die Werkself auf das zweite Champions-League-Spiel am Dienstag gegen Atlético Madrid (21 Uhr, Bay-Arena) vorbereiten. Wenn die Klubleitung vor dem Spiel bei Hertha keine unmittelbare Veranlassung sah, eine Trennung zu vollziehen, so wird das 2:2 in Berlin sie nicht umgestimmt haben. Auch aus der Mannschaft erhält der Schweizer Rückendeckung. „Niemand meckert, es gibt überhaupt kein Problem mit dem Trainer. Er ist überragend. Für ihn ist es natürlich auch schwierig, wir sind zusammen in dieser Scheiß-Situation“, sagte Kapitän Lukas Hradecky. „Guter Typ, guter Trainer“, ergänzte Kerem Demirbay. Dennoch bleibt in einer Profi-Fußballmannschaft der Trainer das schwächste und am leichtesten zu ersetzende Glied der Kette.

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In Berlin hatte sich Bayer 04 nach einem zittrigen Beginn langsam ins Spiel gekämpft, große Möglichkeiten zur Führung aber liegen lassen. In der zweiten Halbzeit nahm die Partie an Tempo auf – und Demirbay traf mit einem wunderbaren Freistoß zum 1:0 (49.). Doch sorgen derzeit solche Erfolgserlebnisse nicht für Sicherheit oder Selbstvertrauen im Leverkusener Spiel. In der 56. Minute stolperte Edmond Tapsoba an einem Pass vorbei, wenige Augenblicke später schoss Suat Serdar freistehend zum Ausgleich ein. Marco Richter gelang nach einem Querschläger von Nadiem Amiri ein 25-Meter-Traumtor zur Berliner Führung (74.). Der 24-Jährige hatte erst kürzlich nach einer überstandenen Hodenkrebs-Erkrankung sein Comeback gegeben – und sorgte nun für den emotionalsten Augenblick des Nachmittags.

Bayer 04 zeigt Reaktion nach Rückstand

„Versteht mich nicht falsch, ich gönne es niemandem mehr als Marco Richter, so ein Tor zu machen“, sagte Hradecky. „Aber die Entstehung ist einfach Wahnsinn. Wo sind wir da wieder?“ Immerhin fiel die Werkself nicht auseinander, sondern reagierte mit einer schönen Kombination über Robert Andrich, Sardar Azmoun und Patrik Schick mit dem 2:2-Endstand (79.). In der Schlussphase war dazu das Glück auf Leverkusener Seite, als im Strafraum ein Blockieren des Balles von Odilon Kossounou mit dem rechten Arm ungeahndet blieb. „Wir haben nach dem 1:2 und trotz der Kulisse als Mannschaft zusammengehalten“, sagte Demirbay.

Kerem Demirbay spricht von Champions League

Trainer Seoane sprach zwar von seiner Enttäuschung über das Ergebnis („Wir wollten einen Sieg“), war mit dem Auftritt seiner Werkself erneut erstaunlich zufrieden. „Ich habe meine Mannschaft sowohl offensiv als auch defensiv viel aktiver gesehen als in den letzten Spielen. Ich sehe eine klare Leistungssteigerung. Wenn wir effektiver sind, wäre mehr möglich gewesen“, sagte der Schweizer.

Torschütze Demirbay, spürbar genervt von den aus der tiefen Krise eines ambitionierten Klubs resultierenden Reporter-Fragen, ging noch weiter als sein Coach. „Wir sind in einer schweren Situation, stecken ganz tief drin. Aber wir werden daraus kommen. Glaubt mir: Ihr werdet in ein paar Spielen hier stehen und fragen, ob es in Richtung Champions League geht.“ Auf die Nachfrage, worauf sein Optimismus aufbaue, entgegnete Leverkusens Rekordtransfer: „Ein positives Mindset.“

Ob dies ausreicht oder es sich als Wunschvorstellung entpuppt, wird wohl die nächste Woche zeigen.

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