Bayer-TransfersGray reist ab, Wendell verkündet Abschied – der Umbruch geht weiter

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Zum letzten Mal im Bayer-Trikot auf einem Bild: Demarai Gray (l.) und Wendell (r.)

Kaprun/Zell am See – Gerardo Seoane war am Dienstag im Zentrum seiner Kernkompetenz. Der Fußballlehrer aus der Schweiz begleitete seine Spieler mit bestimmter Klarheit durch die Trainingsformen, in denen Pressing, Spiel durch enge Räume, Umschaltverhalten und Abschlüsse einen großen Raum einnahmen. Lob, Kritik und Ermunterung erreichte die Profis auf direktem Weg, wobei Englisch als Kommunikationsmittel im babylonischen Sprach-Durcheinander eines modernen Kaders die Hauptrolle spielt. Auch deshalb, weil sich der Kader von Bayer 04 Leverkusen gerade fast täglich verändert.

Am Montag war der englische Außenstürmer Demarai Gray (25) noch Adressat der Fußball-Schulung von Seoane, am Dienstag befand er sich schon auf dem Weg nach Liverpool, um dort beim FC Everton einen neuen Vertrag zu unterschreiben. Eine Klausel erlaubt das für die Zahlung von rund zwei Millionen Euro an den Werksklub, der den Flügelstürmer im Januar quasi kostenfrei als Backup für die erwartete Dreifachbelastung aus Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League verpflichtet hatte. Nach dem Versagen in den Cup-Wettbewerben war diese Überlegung hinfällig.

Am Dienstag war Wendell, dessen Vertrag 2022 ausläuft, noch Teil des komplexen Mannschaftstrainings. Am Vorabend hatte er bei seiner Geburtstagsfeier vor dem versammelten Team allerdings schon eine emotionale Abschiedsrede gehalten, sich für sieben Jahre Leverkusen bedankt, den Kollegen viel Glück und Gesundheit gewünscht. Kollege Moussa Diaby hatte ein Video davon auf den sozialen Netzwerken hochgeladen. Wendells Abschied wäre nach der Verpflichtung des Niederländers Mitchel Bakker auf der linken Abwehrposition logisch. Wendells Vertrag läuft noch ein Jahr. Er hat dieselbe Beratungsagentur wie Gray. Ihre Vertreter verhandelten in der Lobby des Teamhotels mit der Bayer-04-Spitze. Offenbar haben italienische Klubs Interesse. Der Abschied steht bevor.

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„Wir haben schon vorher gewusst, dass bei dem einen oder anderen Spieler etwas passieren kann, deshalb haben wir auch viele Jugendspieler mitgenommen, damit die Gruppe immer groß genug bleibt“, kommentiert Gerardo Seoane, „der Transfermarkt läuft nicht immer nach dem Wunsch des Trainers, da muss man einfach Geduld haben. Ein Trainer muss beeinflussen, was er beeinflussen kann. Und das ist im Moment das Training.“ Was der Trainer von denen sieht, die da sind, ist nicht perfekt, gefällt ihm aber immer besser: „Die Mannschaft zeigt sehr gutes Engagement, große Bereitschaft und Leidensfähigkeit. Bei der Qualität sehe ich gewisse Fortschritte. Es wird mit jedem Tag auch lauter auf dem Platz, die Spieler geben mehr Kommandos. Das finde ich gut.“

Bei Tin Jedvaj waren im Zuge des bevorstehenden Wechsels zu Lokomotive Moskau die Dinge so weit gediehen, dass er die Reise ins Salzburger Land erst gar nicht mehr antrat. Hier fehlen nur noch letzte Details zum Vollzug. Und Joel Pohjanpalo, der sich trotz Impfung mit Corona infizierte, scheint es Interesse aus Frankreich zu geben. Der RC Lens ist nach Meldungen französischer Medien an dem Finnen interessiert und bereit, 2,5 Millionen Euro für dessen Torriecher zu bezahlen.

So klären sich die Fragen auf der Verkaufsseite wohl zur Leverkusener Zufriedenheit. Allerdings sind vor allem in der verwüsteten Innenverteidigung – Bender-Zwillinge plus Dragovic weg, Tapsoba längerfristig verletzt – Investitionen notwendig. Der lange als Top-Kandidat gehandelte Norweger Kristoffer Ajer von Celtic Glasgow wird ebenso wenig kommen wie Mathias Ginter aus Mönchengladbach, mit dem sich Bayer 04 für kurze Zeit beschäftigt hatte. Geschäftsführer Rudi Völler will in dieser Angelegenheit keine Namen nennen, aber er sagt: „Ich kann versichern: Mit dem Kader, den wir jetzt haben, werden wir nicht in die Saison gehen. Wir werden für die Abwehr definitiv noch einen guten Spieler verpflichten.“

Da die Saison am 7. August mit dem Pokalspiel bei Lokomotive Leipzig beginnt, ist der zeitliche Rahmen ab nächster Woche definiert. „Ich glaube nicht, dass ein neuer Spieler noch hierher kommt“, erklärt Gerardo Seoane, der mit seinem Kader bisher noch kein Testspiel absolviert hat. Die einzige bislang geplante Partie war am vergangenen Mittwoch dem Hochwasser zum Opfer gefallen. „Für mich gilt auch hier: Das Glas ist halbvoll. Weniger Spiele bedeutet, mehr Training. Und das nutzen wir.“ Am Dienstag vermeldeten englische Medien, dass der FC Everton nach Demarai Gray auch Leon Bailey verpflichten will. Der spektakuläre jamaikanische Stürmer spielt mit seiner Nationalmannschaft dieser Tage im Gold Cup. Für ihn müsste der Klub aus Liverpool mindestens 30 Millionen Euro bezahlen. Das würde langfristig vieles verändern. Auch bei Gerardo Seoane auf dem Trainingsplatz.

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