Die Bayer-04-KriseXabi Alonsos „Fortschritt“ lässt für die Liga Schlimmes erahnen

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Bayerbrügge

Gebremste Freude bei den Bayer-Profis

Leverkusen – Wir halten fest: Bayer 04 Leverkusen hat am Dienstagabend mit einem 0:0 gegen den FC Brügge Platz drei in der Champions-League-Gruppe C ergattert und darf am 16. Februar in der Europa League weiterspielen. Zugelost wird ein Zweiter der Gruppenphase dieses noch laufenden Wettbewerbs. Die Auslosung findet kommenden Montag um 13 Uhr im Uefa-Sitz in Nyon/Schweiz statt.

Fernando Carro, Chef des Werksklubs, kommentierte: „Wir freuen uns schon auf die Auslosung und ein schönes Sechzehntelfinale, da sind ja schon einige Top-Vereine, die Zweiter werden können in der Europa League, Manchester United, zum Beispiel.“

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Die andere Seite der Wahrheit sieht so aus: Dieses 0:0 im vermutlich letzten Leverkusener Champions-League-Spiel für längere Zeit war das sechste sieglose Spiel in Folge unter einem Trainer, der seit sieben Spielen im Amt ist. Es war das zweite ohne eigenen Torerfolg hintereinander. Und die Rettung in den Zweitwettbewerb des Europapokals war an diesem Abend vor allem das Verdienst des FC Porto, der mit dem 2:1 über Leverkusens Rivalen Atlético Madrid zeitgleich die dringend benötigte maximale Schützenhilfe leistete.

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Wenn Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes dennoch behauptet: „Wir haben uns das verdient“, bedarf das Verdiente der Relativierung. Die reine Leistung von Bayer 04 in der abgelaufenen Champions-League-Gruppenphase waren fünf Punkte in sechs Spielen. Exakt 0,833 Punkte pro Spiel. Das liegt zwar messbar über dem Punkteschnitt der laufenden Bundesliga-Saison (0,75), aber wer daraus im Profi-Fußball einen Aufwärtstrend ableiten will, muss wissen, was er tut. Und das war nur die arithmetische Seite des Problems.

Die fußballerische spielte sich in einem auch dank der frenetischen Brügge-Fans stimmungsvollen Rahmen auf dem Platz ab. Hier bildeten über weite Strecken der Partie fünf Leverkusener Defensivspieler eine perfekte Linienchoreografie, die sie auch bei eigenem Ballbesitz oft beibehielten. Weil vor ihnen zwei defensive Mittelfeldspieler angewiesen waren, Kontakt zur letzten Reihe zu halten, trugen drei Angreifer die Last eines Angriffsspiels, das schon deshalb nicht zustande kam, weil die für modernen Fußball nötigen Räume auf den Seiten und zwischen den Linien selten besetzt werden konnten. Geschweige denn startete ein Angreifer auf Verdacht in den Raum hinter der Abwehr des belgischen Meisters, der so nur drei echte Torchancen überstehen musste, von denen der gute Torhüter Simon Mignolet zwei entschärfte.

„Aus defensiver Sicht war es eine Verbesserung“, sagte Trainer Xabi Alonso, dem allerdings bewusst sein müsste, dass die Preisgabe des gesamten Offensivpotenzials dafür ein viel zu hoher Preis ist, denn die letzten drei Aufgaben des Jahres heißen Union Berlin, 1. FC Köln und VfB Stuttgart. Wer wie Bayer 04 nach zwölf Spieltagen neun Punkte auf dem Konto hat und sogar innerhalb eines Bundesliga-Spieltages vom Tabellensiebzehnten VfL Bochum überholt werden kann, sollte sich überlegen, wie das geht: Gewinnen. Denn nur dadurch wird sich der tief gefallene Top-Klub mit dem Kaderwert von fast 500 Millionen Euro in absehbarer Zeit aus der Abstiegszone entfernen können.

"Wir denken nur noch an die Bundesliga"

Eine Leistung wie die vom Dienstag würde vom Sensationsteam Union Berlin am kommenden Sonntag kaum mit einem 0:0 belohnt werden. Und selbst das wäre im Existenzkampf der Liga viel zu wenig. Eine kurze Hochrechnung beweist, wie weit sich der Tabellendritte der Vorsaison von seinem Anspruch entfernt hat. Selbst wenn er über Nacht zu Champions-League-Form fände und in den restlichen 22 Spieltagen im Durchschnitt zwei Punkte pro Partie hamstern würde, würde das nur für 53 Punkte in der Schlusstabelle reichen. Das hätte in der letzten Saison Platz sieben ergeben. Und man müsste auf der Stelle mit der Transformation beginnen.

„Jetzt denken wir nur noch an die Bundesliga, und wir wollen so viele Punkte wie möglich holen“, sagt Trainer Xabi Alonso, dem natürlich auch bewusst ist, dass es ein Skandal wäre, wenn Bayer 04 Leverkusen weniger Punkte als möglich holen wollte. Man weiß natürlich, was gemeint ist. Was man nicht weiß, ist allerdings, wie viele Punkte tatsächlich noch möglich sind für die Werkself in diesem Jahr. Das 0:0 gegen Brügge hat niemanden einer Antwort auf diese Frage näher gebracht.

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