Neue Vorwürfe nach Kuss-EklatHermoso-Zitate wohl gefälscht – Rubiales soll Spielerinnen bedrängt haben

Lesezeit 4 Minuten
Luis Rubiales trägt die Nationalspielerin Athenea del Castillo nach dem WM-Finale in Sydney über den Rasen. Nach einem Kuss-Eklat gerät der spanische Fußball-Verbandschef zunehmend unter Druck.

Luis Rubiales trägt die Nationalspielerin Athenea del Castillo nach dem WM-Finale in Sydney über den Rasen. Nach einem Kuss-Eklat gerät der spanische Fußball-Verbandschef zunehmend unter Druck.

Eine Weggefährtin von Luis Rubiales schildert derweil sexistische Fragen nach ihrer Unterwäsche. Drei Anzeigen liegen vor. 

Eigentlich müsste man im spanischen Fußball immer noch in Feierlaune sein. Doch der Sieg der spanischen Nationalfußballerinnen bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland am vergangenen Sonntag wird vom Handeln des Fußball-Verbandschefs Luis Rubiales (46) überschattet. Immer mehr Hintergründe kommen ans Licht – und auch neue Vorwürfe. 

Bei der Siegerehrung der Spanierinnen nach dem 1:0-Finalsieg gegen England in Sydney küsste Rubiales die 33-jährige Fußball-Weltmeisterin Jennifer Hermoso ungefragt auf den Mund.

Vorwürfe gegen Luis Rubiales: „Ich kenne ihn seit vielen Jahren und habe unter ihm gelitten“

Die Mitbegründerin der spanischen Gewerkschaft Futbolistas ON, Tamara Ramos, zeigte sich vom Verhalten des Verbandschefs am Mittwoch nicht überrascht. „Ich kenne ihn seit vielen Jahren und habe unter ihm gelitten“, sagte Ramos dem spanischen TV-Sender Telecinco.

Alles zum Thema Christopher Street Day

Die Gewerkschaftsgründerin hatte Rubiales, mit dem sie beruflich in der Vergangenheit in Kontakt stand, bereits im Jahr 2016 öffentlich Vorwürfe gemacht. Der Verbandschef habe sie auf demütigende und sexistische Art und Weise behandelt, so Ramos. „Er fragte mich: ‚Welche Farbe hat deine Unterwäsche heute?‘“, schilderte sie das Verhalten von Rubiales. 

Wegen Rubiales-Kuss: Spanischer Fußballverband leitetet interne Untersuchung ein

Luis Rubiales räumte am Montag nach dem WM-Sieg der Spanierinnen einen Fehler ein. Der Kuss auf den Mund für Hermoso sei „spontan“ und „ohne jede Absicht oder bösen Willen“ gewesen. „Hier haben wir alle es als etwas Natürliches, Normales betrachtet, aber draußen scheint es einen Aufruhr gegeben zu haben“, erklärte der 46-Jährige in einem Video weiter, das vom RFEF verbreitet wurde. 

Die spanische Fußballerin Jennifer Hermoso wird von RFEF-Präsident Luis Rubiales während der Siegerehrung bei der Frauen-Fußballweltmeisterschaft geküsst.

Die spanische Fußballerin Jennifer Hermoso wird von RFEF-Präsident Luis Rubiales während der Siegerehrung bei der Frauen-Fußballweltmeisterschaft geküsst.

Für Freitagmittag hat der spanische Fußballverband RFEF wegen der Szenen bei der Siegerehrung eine außerordentliche Generalversammlung in Madrid einberufen. Zudem sei eine interne Untersuchung eingeleitet worden. Auch die betroffene spanische Rekordtorschützin Jennifer Hermoso soll sich dann äußern.

Spanischer Fußballverband soll Zitat von Jennifer Hermoso verfasst haben

Das könnte für Rubiales aus mehreren Gründen heikel werden: Hermoso selbst sagte in einem Instagram-Livevideo nach dem Kuss bei der Siegerehrung zunächst: „Mir hat es nicht gefallen, aber was soll ich tun?“ Später wurde sie jedoch in einer Mitteilung des RFEF an die spanische Nachrichtenagentur EFE ganz anders zitiert: Der Kuss sei eine „spontane gegenseitige Geste aufgrund der großen Freude“ gewesen. Mit solch einer Geste könnte man es gar nicht übertreiben. Zudem gebe es zwischen Hermoso und Rubiales ein „großartiges Verhältnis“.

Laut dem spanischen Sport-Portal „Relevo“ soll Hermoso das allerdings nie so gesagt haben. Vielmehr soll es sich dabei um eine Stellungnahme handeln, die von der PR-Abteilung des RFEF zur Schadensbegrenzung verfasst und veröffentlicht wurde.

Rubiales drängte Spielerinnen offenbar zu Entschuldigungsvideo

Zuvor habe Rubiales die 33-jährige Fußballerin dazu drängen wollen, gemeinsam mit ihm in dem Entschuldigungsvideo aufzutreten, schreibt „Relevo“. Auch der Trainer der Spanierinnen, Jorge Vilda, habe versucht, die Spielerin zu überzeugen. Neben Hermoso soll auch die Teamkapitänin Ivana Andrés gefragt worden sein. Sie lehnten beide ab. Bislang äußerte sich Hermoso nicht offiziell zu dem Kuss von Rubiales. 

Der erzwungene Kuss für Jennifer Hermoso vom Sonntag führt unterdessen auch in der spanischen Politik zu deutlicher Kritik an dem Präsidenten des spanischen Fußballverbands RFEF. So sagte etwa der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez: „Was wir gesehen haben, ist inakzeptabel“. Die Entschuldigungen reichten nicht aus, sie seien unangemessen, so Sánchez. Rubiales müsse „weitere Schritte unternehmen, um klarzustellen, was wir alle gesehen haben“.

Rücktritt von Rubiales gefordert: Drei Anzeigen gegen Verbandschef

Die Präsidentin der spanischen Frauenfußballliga Beatriz Álvarez Meza kritisierte Rubiales in der spanischen Zeitung „El Confidencial“ ebenfalls. Sie schäme sich für das Bild, das der spanische Fußball „aufgrund des inakzeptablen Verhaltens des Präsidenten“ weltweit abgebe. Zudem räumte Meza ein, dass die Szenen den Charakter Rubiales, „den viele von uns im Privaten kennen“, der Öffentlichkeit gezeigt hätten.

In Spanien fordern viele einen Rücktritt des RFEF-Präsidenten. Spanische Medien berichten jedoch, dass es dazu nicht kommen werde. Man geht davon aus, dass Luis Rubiales „massive Unterstützung“ auf der Generalversammlung erhalten werde. Der Fußball-Chef lehnt selbst einen Rücktritt ab.

Inzwischen liegen der obersten spanischen Sportbehörde CSD drei Anzeigen gegen Rubiales vor – eine davon von der stellvertretenden Ministerpräsidentin Yolanda Díaz. CSD-Chef Víctor Francos drängt deshalb auch auf eine Stellungnahme von Jennifer Hermoso. (rxa/das/dpa)

KStA abonnieren