Der Kölner Appell gegen Rassismus e. V. bietet kostenlos warme Mittagessen und Hausaufgabenhilfe. Die Stadt Köln streicht die Förderungen.
Integration„Der ‚Kölner Appell‘ ist wie eine Heilung“

Moana Schneiders, künftige Geschäftsführerin des „Kölner Appell gegen Rassismus“ bei der täglichen Hausaufgabenbetreuung im Bügerzentrum Ehrenfeld.
Copyright: Uwe Weiser
Als im August 2014 auch Verwandte von Kindern, die regelmäßig den gemeinnützigen Verein „Kölner Appell gegen Rassismus“ im Bürgerzentrum Ehrenfeld besuchen, vom Genozid der Terrormiliz IS an den Jesiden im Nordirak betroffen waren. Und selbst pädagogische Fachkräfte des gemeinnützigen Vereins kaum tröstende Worte fanden, ließ Gian Aldonani kurzerhand Taten auf das Unaussprechliche folgen: die Ermordung, Entführung und Vertreibung Zehntausender auch junger Menschen.
Die damals 23-jährige Kölner Studentin und ehrenamtliche Mitarbeiterin des „Kölner Appells“, die selbst der jesidischen Minderheit angehört und im Jahr 2001 als junges Mädchen mit ihrer Familie aus dem Irak nach Köln geflüchtet war, gründete spontan gemeinsam mit ihrer Schwester Shilan und einer Kommilitonin das „Hawar“-Hilfswerk unter dem Dach des „Kölner Appells“ – mit der Mission: Flüchtlingskindern zu helfen, die in jenem August 2014 vor den Söldnern des IS ins Shintar-Gebirge geflohen sind. Und im nahenden Winter in den Lagern überleben mussten.
Jugendliche bringen persönlich 12.000 Euro ins IS-Gebiet
Die drei jungen Frauen bauen Infostände in der Schildergasse auf, starten Spendenaufrufe über Facebook und sammeln 11.600 Euro – die sie am Tag vor Heiligabend im Jahr 2014 persönlich nach Erbil bringen. „Wir konnten flüchten, leben in Sicherheit, haben in Köln sehr viel Nächstenliebe erfahren und wollten etwas von unserem Glück zurückgeben, schließlich wollten wir ganz sicher gehen, dass unser Geld auch in die richtigen Hände gelangt“, sagt die heute 34-Jährige.

Gian Aldonani.
Copyright: Kölner Appell gegen Rassismus e.V.
Was diese schwer traumatisierten, untergewichtigen Kinder berichteten, dafür gibt es keine Worte. Sie mussten hungern, wurden gefoltert und ihrer Identität beraubt
Die Geldspenden tauschen sie vor Ort in Winterjacken, Kinderschuhe, Decken, Schlafanzüge, Hefte und Stifte und versorgen damit 2.000 Kinder. Es sollte keine einmalige Hilfsaktion bleiben. Bis heute reisen jährlich zwei bis drei ehrenamtliche „Hawar“-Mitarbeitende in den Irak, um die jungen Menschen mit Lebensmitteln, Kleidung, Schulmaterialien und humanitärer Hilfe zu versorgen.
Schwer traumatisierte Kinder-Geißeln
Als im Januar 2019 230 Kinder aus ihrer IS-Gefangenschaft befreit werden, ist Gian Aldonani mit ihrem „Hawar“-Team in Baghuz vor Ort, um bei deren Identifizierung zu helfen. „Was diese schwer traumatisierten, untergewichtigen Kinder berichteten, dafür gibt es keine Worte. Sie mussten hungern, wurden gefoltert und ihrer Identität beraubt: Viele von ihnen haben ihre kurdische Sprache vergessen, weil sie gezwungen wurden, Arabisch zu sprechen“, sagt Gian Aldonani, die inzwischen dem dreiköpfigen Vorstandsteam des „Kölner Appells“ angehört.
Was Aldonani von ihren Einsätzen im Irak erzählt, ist, selbst beim Zuhören, kaum zu ertragen – ihr Engagement ist, ohne Frage, außergewöhnlich anspruchsvoll und zutiefst menschlich, aber beispielhaft für die Arbeit des Kölner Appells. Und die Hilfe, die Gian Aldonani und ihre Familie dort erfahren haben.
Kölner Appell gegen Rassismus hilft bei der Integration und Schulbildung
„Als wir im Sommer 2001 nach Köln kamen, konnten wir kein Wort Deutsch. Ich wurde im November eingeschult und war dringend auf Hilfe angewiesen. Die fanden ich und meine Geschwister bei der Hausaufgabenbetreuung des Kölner Appells und den vielen Freizeitangeboten, die uns sehr dabei halfen, uns schnell zu integrieren“, sagt Aldonani. Die Mutter besuchte die dort angebotenen Deutsch- und Computerkurse, gemeinsam fuhren sie einmal im Jahr für zwei Wochen in den vom „Appell“ organisierten – und unter anderem von „wir helfen“ geförderten – Familienurlaub auf Ameland.

Warme Mahlzeiten, Hausaufgaben-, Lebenshilfe und jede Menge Freizeitangebote bietet der Kölner Appell gegen Rassismus rund 80 jungen Menschen pro Woche. Foto: Uwe Weiser
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„Dank des Kölner Appells konnte ich eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin machen, auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur nachholen und Politik und Wirtschaftswissenschaften studieren.“ Daneben ist Aldonani in all den Jahren dem „Appell“ treu geblieben und hilft ehrenamtlich mit, so oft es ihre Zeit zulässt – gibt Flüchtlingskindern Nachhilfe, begleitet Landsleute bei ihren Gängen aufs Amt oder zum Arzt, hält Demokratie- und Antirassismus-Workshops in Schulen und Universitäten.
Herzliche Vereinskultur im Bürgerzentrum Ehrenfeld
Der Kölner Appell gegen Rassismus bietet seit 1983 vielfältige kostenlose Aktivitäten für wöchentlich rund 40 Kinder und Jugendliche mit und ohne Zuwanderungsgeschichte. Neben der Übermittagsbetreuung samt warmer Mahlzeit, der Hausaufgabenhilfe, Deutsch-, Computer-, Berufsbildungskursen und etlichen Kultur- und Freizeitangeboten steht für Erwachsene auch eine Sozialberatung auf der Vereinsagenda.
„Nach dem ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘-Prinzip unterstützen wir bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche, bei Behördenangelegenheiten oder begleiten zu Ämtern und Ärzten. Wir beraten auf Deutsch, Arabisch, Französisch, Englisch oder Russisch“, sagt Moana Schneiders. Die angehende Geschäftsführerin des Kölner Appells beendet gerade ihren Master in Sozialer Arbeit und wusste schon wenige Tage, nachdem sie im Jahr 2019 ein Praktikum beim Kölner Appell begonnen hat: „Hier gehöre ich hin, so eine herzliche Vereinskultur habe ich selten zuvor erlebt.“
Kölner Verein hilft geflüchteten Kindern, zu gesunden
Gemeinsam mit der zweiten hauptamtlichen Mitarbeiterin Nadra Samaan, die die pädagogische Leitung innehat und als „gute Seele des Vereins“ bekannt ist, sowie 20 ehrenamtlich Aktiven sorgt Mona Schneiders dafür, dass Kinder und Jugendliche verschiedener Kulturen – die nach der Schule häufig nur wenig Möglichkeiten haben, sich zu beschäftigen – gefördert, gebildet und auf einen guten Weg gebracht werden.
Wir sind hier, um zu lernen und uns weiterzubilden, der ‚Appell‘ gibt uns Struktur und Disziplin. Gleichzeitig fühlt es sich an wie eine zweite Familie und wie eine Heilung.
Wie Fatmh Almhed, 17, und ihre 19-jährige Schwester Shahd, die mit ihrer Familie im Jahr 2015 aus Syrien nach Köln geflohen sind. „Wir sind hier, um zu lernen und uns weiterzubilden, der Appell gibt uns Struktur und Disziplin. Gleichzeitig fühlt es sich an wie eine zweite Familie und wie eine Heilung. Viele Kinder haben Fluchterfahrungen und sind traumatisiert, hier können sie gesunden.“
Dank Hausaufgabenhilfe: Von Mathe-Note vier auf eins
Shahd hat ihre Mathe-Note, seitdem sie den „Appell“ besucht, von Note vier auf eins verbessert, Fatmh ist pharmazeutische Angestellte in einer Kölner Apotheke. Ihre Freundin Einas Alloyi, 15, die den Kölner Appell seit sieben Jahren regelmäßig besucht, bezeichnet sich selbst als „älteste Kundin“ – und arbeitet daran, das auch noch lange zu bleiben: „Wenn Nadra in Rente geht, möchte ich ihre Stelle haben“, sagt Einas. „Sie wird in große Fußstapfen treten müssen“, sagt Moana Schneiders, „denn ohne Nadra geht hier gar nichts. Als sie einmal zwei Wochen wegen Krankheit ausfiel, sind auch die Kinder und Jugendlichen weggeblieben.“
Wer Nadra Samann dabei beobachtet, wie herzlich, sensibel und engagiert sie mit den jungen Besucherinnen und Besuchern umgeht, und auch das Vertrauen von deren Eltern genießt, glaubt ihrer künftigen „Chefin“ aufs Wort. Und auch ihr selbst, wenn sie über ihre Arbeit sagt, dass sie die schönste und sinnvollste sei, die sie sich vorstellen könne. Schließlich seien „Kinder der Kern des Lebens und unsere Zukunft!“
Stadt Köln stellt Förderungen ein
Der Kölner Appell gegen Rassismus ist anerkannter Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe und betreibt ein von der Stadt gefördertes Interkulturelles Zentrum – trotzdem wird die städtische Förderung für die Hausaufgabenhilfe ab August 2026 eingestellt. Deshalb ist der Verein auf Spenden wie die von „wir helfen“ angewiesen.
So können Sie helfen

Auszug aus dem neuen wir helfen-Folder 2025_2026
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- Mit unserer neuen Jahresaktion „wir helfen: Kinder frühzeitig auf den guten Weg zu bringen“ bitten wir um Spenden für präventive Projekte in Köln und der Region, die Kinder und Jugendliche stärken und vor Gefahren schützen.
- Die Spendenkonten lauten: wir helfen, der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e.V.
- Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55
- Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
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