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Covestro-ÜbernahmeEU genehmigt Verkauf von Leverkusener Konzern an arabischen Ölriesen

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Covestro-Logo vor der Konzernzentrale in Leverkusen.

Nach monatelangen Verhandlungen hat die EU einem Verkauf von Covestro an den arabischen Ölriesen Adnoc zugestimmt.

Die EU hat einer Übernahme des Leverkusener Kunststoffherstellers Covestro durch den Staatskonzern Adnoc aus Abu Dhabi zugestimmt. Auch mit einer Genehmigung vom Bund ist in Kürze zu rechnen.

Aufatmen bei Covestro. Die EU hat nach zähen Verhandlungen grünes Licht für die Übernahme des Kunststoffspezialisten durch den arabischen Ölkonzern Adnoc gegeben. Inklusive Schulden ist der Deal rund 14,7 Milliarden Euro schwer und damit der größte Zukauf, den ein Unternehmen aus Nahost je in Deutschland getätigt hat. Damit die Übernahme umgesetzt werden kann, steht nun nur noch die Zustimmung der Bundesregierung aus. Auch die wird in der kommenden Woche erwartet.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bereist dann Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, in letzteren hat die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) ihren Sitz. Auch Covestro-CEO Markus Steilemann nimmt an der Reise teil. Es deutet also manches darauf hin, dass ein endgültiger Abschluss des Deals im Rahmen dieser Reise verkündet wird.

Covestro-Käufer: Forderungen der EU „unverhältnismäßig“

Vorausgegangen war ein monatelanges Tauziehen von Adnoc insbesondere mit den Prüfern der EU. Die hatten auf Basis der europäischen Foreign Subsidies Regulation (FSR), die erst seit Sommer 2023 in Kraft ist, untersucht, ob Covestro im Zuge der Übernahme ausländische Subventionen erhält, die den europäischen Binnenmarkt verzerren könnten. Konkret hatte der Käufer, die Adnoc-Tochter XRG, Covestro eine Finanzspritze in Höhe von knapp 1,2 Milliarden Euro und staatliche Kreditgarantien zugesagt.

Im Verlauf des Prüfverfahrens hatte die EU bemängelt, von XRG nicht ausreichend mit Informationen versorgt zu werden. XRG wiederum hatte sich ungewöhnlich offen darüber beschwert, dass die Forderungen der Prüfer „unverhältnismäßig“ seien und „weit über das hinaus gehen, was angemessen oder für die Transaktion relevant“ sei. Die EU-Bürokratie werfe, so XRG im September, ernsthafte Fragen auf, ob die „Investition durchführbar“ sei.

Auflagen: Keine Staatsgarantien für Covestro, kein Technologietransfer

Zwischenzeitlich war XRG laut Medienberichten auf die EU zugegangen und hatte unterschiedliche Zusagen gemacht, etwa, dass kein Technologietransfer von Covestro ins außereuropäische Ausland erfolgen soll. Adnoc verzichtet zudem auf Staatsgarantien für Covestro. Die hätten dem Unternehmen zu besonders günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten verholfen. Die EU besteht in den Auflagen für die Übernahme zudem darauf, dass Covestro sein Know-how im Bereich der Nachhaltigkeit mit anderen Unternehmen teilt. EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera erklärte: „Ein klar definierter Zugang zu diesen Patenten wird es anderen ermöglichen, Innovationen zu schaffen und die Forschung in einem Bereich voranzutreiben, der für die Zukunft von Europa von entscheidender Bedeutung ist.“ Die zugesagten 1,2 Milliarden Euro für Investitionen von Covestro beanstandet die EU-Kommission in dem nun gefundenen Kompromiss dagegen nicht.

Covestro soll „Top-3-Chemieunternehmen“ werden

Adnoc hat große Pläne mit Covestro. Covestro-CEO Markus Steilemann bekräftigte im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ noch Anfang Oktober, die Araber wollten „ein globales Top-3-Chemieunternehmen mit dem Nukleus Covestro schaffen.“ Adnoc gilt dem Leverkusener Management als ein willkommener Investor, weil der staatliche Ölkonzern über ausreichend Mittel und einen langen Anlagehorizont verfügt. Sprich: Adnoc kann konjunkturelle Dellen, wie sie für die Chemiebranche üblich sind, finanziell abfedern und die Wachstumsstrategie von Covestro auch in Schwächephasen weiter verfolgen.

Für das deutsche Management wie für die Belegschaft an den hiesigen Standorten erwartet Markus Steilemann keine Konsequenzen. „Es handelt sich hier um einen Wechsel in der Eigentümerschaft, und nicht um eine typische Akquisition zur Verschmelzung in einen neuen Konzern. Wir bleiben als Unternehmen eigenständig, dazu zählt das Headquarter in Leverkusen, dazu zählt unser Name, dazu zählt unsere Identität“, erklärte er gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Aus dem Dax ist Covestro bereits ausgeschieden. Als nächsten Schritt wird XRG das Unternehmen voraussichtlich von der Börse nehmen und in die eigene Holdingstruktur eingliedern.

Covestro war zuletzt tief in die roten Zahlen gerutscht

Covestro hat zuletzt, wie die gesamte Branche, stark unter den gestiegenen Energiepreisen und Zurückhaltung in den wichtigsten Abnehmerbranchen vom Bau über Automotive bis hin zur Elektronik- und Möbelindustrie gelitten. In den ersten drei Monaten des Jahres waren Verluste von 266 Millionen Euro angefallen, die Jahresprognose musste beim operativen Ergebnis von ursprünglich angestrebten 1,1 Milliarden Euro auf maximal 800 Millionen zurecht gestutzt werden. Umso wichtiger wird XRG für die Zukunft als starker Rückhalt für die weitere Expansion von Covestro sein. Denn die strebt das Management ungeachtet der schwierigen Geschäftslage weiter an. „Wir haben einen klaren Zukunftsfokus und wo immer wir eine Möglichkeit sehen, beschäftigen wir uns damit“, so Steilemann. Weltweit beschäftigt das Unternehmen derzeit etwa 17.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon rund 7000 in Deutschland, die meisten an den NRW-Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen.