Nach Rekordjahr 2019Kölner Messe rechnet mit herben Verlusten durch Corona

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Kölner Messe Anuga 2019

Großer Besucherandrang bei der Kölner Lebensmittelmesse Anuga im Oktober 2019

  • Insgesamt 18 Messen in Köln und zwölf im Ausland musste die Kölner Messe aufgrund der Pandemie absagen, darunter Flaggschiffe wie die Eisenwarenmesse, die Photokina oder die Art Cologne.
  • Wie hoch sind die Verluste der Messe? Und wie plant sie den Weg aus der Krise? Sind Stellenstreichungen geplant?
  • Lesen Sie hier die Hintergründe.

Köln – Jahrelang sah sich die Kölner Messe auf Erfolgskurs. Die selbstgesteckten Ziele wurden erreicht, stetig ging es aufwärts. Nun gehört das Unternehmen wie die gesamte Messelandschaft zu den am härtesten betroffenen Branchen der Corona-Krise. Seit März gab es keine Veranstaltung mehr auf dem Gelände in Deutz.

Insgesamt 18 Messen in Köln und zwölf im Ausland mussten aufgrund der Pandemie abgesagt werden, darunter Flaggschiffe wie die Eisenwarenmesse, die Photokina oder die Art Cologne. Sieben Millionen Euro verliert die Messe dadurch – pro Woche.

Hybride Veranstaltungen

Ab September will das Unternehmen nun wieder mit reinen Fachmessen an den Start gehen und sieht sich trotz der widrigen Umstände gut aufgestellt. „Die Pandemie hat uns in einer Position der Stärke getroffen“, sagte Messechef Gerald Böse bei der Vorstellung der Bilanz. Denn das vergangene Jahr konnte die Messe mit sehr guten Ergebnissen abschließen. Mit 412,7 Millionen Euro lag der Umsatz 15 Prozent über dem des bisherigen Rekordjahres 2017 mit vergleichbarem Veranstaltungsportfolio. Der Gewinn nach Steuern betrug 30,5 Millionen Euro und lag damit 9,2 Millionen Euro über Plan. Die Bilanz der Messe sei frei von Schulden, das Unternehmen verfüge über Eigenkapital in Höhe von 255,3 Millionen Euro sowie ein Liquiditätspolster von rund 120 Millionen Euro, sagte Finanzchef Herbert Marner.

Nicht nur am Standort Köln, auch im Ausland lief es vergleichsweise gut. Der Umsatz der insgesamt 25 Auslandsveranstaltungen konnte im Vergleich zum Vorjahr um solide 2,4 Prozent auf 37,7 Millionen Euro zulegen.

Gamescom: Ein digitaler Neustart

Einen Neustart nach der dann fünfmonatigen Zwangspause wird es im August mit der Spielmesse Gamescom geben – allerdings rein digital. Der Publikumsmagnet, der 2019 mehr als 300.000 Besucher auf das Messegelände brachte, wird nun komplett ins Netz verlegt – von der Eröffnungsfeier, über tägliche Formate zu Neuheiten bis zur Preisverleihung. „Viele der Neuerungen werden in den kommenden Jahren ein fester Bestandteil der Gamescom werden“, so Geschäftsführer Oliver Frese, der das operative Geschäft seit Anfang des Jahres verantwortet. Der Trend gehe ohnehin zu hybriden Veranstaltungen, also Messen vor Ort und virtuell. Mit digitalen Angeboten wolle man mehr Reichweite generieren und so die Attraktivität der Präsenzveranstaltung steigern.

Mit einem umfangreichen Abstands- und Hygienekonzept soll im Anschluss an die Gamescom im September mit der Spoga Gafa wieder eine Fachmesse stattfinden. Flächen sollen vergrößert werden, um den Abstand für Aussteller und Besucher in den Gängen zu erweitern. Auch der Standbau werde den neuen Anforderungen entsprechend angepasst, so Frese. Die Zahl der Tickets lasse sich über den reinen Online-Verkauf limitieren, so Frese, der allerdings ohnehin nur mit eine Besucheraufkommen von 70 bis 80 Prozent der Vorjahre rechnet.

Insgesamt gute Resonanz gebe es derzeit schon auf die Art Cologne, die von April in den November verschoben wurde. 90 Prozent der Galeristen hätten für den neuen Termin bereits zugesagt, so Messechef Böse. Insgesamt befinde man sich derzeit auf der Aufholjagd.

Kreditrahmen mit der Stadt

Durch Messeabsagen und -verschiebungen sind aber bereits Umsätze und Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich weggebrochen. Schon jetzt steht fest, dass die Messe 2020 mit gravierendem Verlust abschließen wird. Wie hoch der unter dem Strich ausfällt, hängt vor allem vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Deshalb hat die Messe mit der Stadt bereits einen Kreditrahmen vereinbart. Die Vereinbarung war Voraussetzung für einen Kredit der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 120 Millionen Euro, der für die Sanierung des Messegeländes verwendet werden muss. Zuschüsse der Anteilseigner Stadt und Land im Zuge der Krise schloss Finanzchef Marner dagegen aus.

Bei den umfangreichen Sanierungsplänen für das gesamte Gelände fährt die Messe nun aber erstmal auf Sicht. Alle für dieses Jahr geplanten Maßnahmen in Höhe von knapp 100 Millionen Euro sollen umgesetzt werden. Dazu gehören die Fertigstellung der neuen Halle 1plus sowie die Instandsetzung der Hallen 10 und 2. Wie es dann auf dem Gelände weitergeht, soll sukzessive entschieden werden.

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Wie tief die Spuren der Krise mittelfristig sein werden, dazu wollte die Messe-Geschaftsführung noch keine Prognose wagen. „Unter den bestehenden Bedingungen wird es Jahre dauern, bis wir das ursprünglich geplante Niveau wieder erreicht haben“, so Finanzchef Marner. Man sei aber zuversichtlich, 2021 wieder einen Gewinn auszuweisen. Auch wenn Verluste in den nächsten Jahren möglich seien, will die Messe bis 2024 kumuliert Gewinne erzielen. Stellenstreichungen bei den 630 Mitarbeitern seien derzeit nicht geplant. Aufgrund der Krise will die Führungsebene zudem auf Gehalt verzichten. „Jeder wird seinen Beitrag leisten“, so Messechef Böse.

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