Gas und StromWas passiert, wenn ich meine Rechnung nicht zahlen kann?

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Die Energiepreise sind zuletzt stark gestiegen

Die Energiepreise sind zuletzt stark gestiegen

Köln – Die massiv gestiegenen Preise für Strom und Gas könnten in den kommenden Monaten immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Bedrängnis bringen. Für den Fall, dass sie ihre Wohnungen durch Gasknappheit und teure Energierechnungen nicht mehr ausreichend heizen können, hat der Städte- und Gemeindebund sogar schon öffentliche Wärmeräume ins Spiel gebracht. Aber was passiert eigentlich, wenn jemand seine Energierechnung nicht zahlen kann? Und wie sind die Entlastungen der Bundesregierung, die genau das verhindern sollen, ausgestaltet? Ein Überblick.

Welche Entlastungen wurden bislang beschlossen?

Im Februar 2022 einigte sich die Koalition auf das erste Entlastungspaket: Dort wurde unter anderem der Wegfall der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 beschlossen. Verbraucherinnen und Verbraucher würden damit bei den Stromkosten um insgesamt 6,6 Milliarden Euro entlastet, heißt es auf der Seite des Finanzministeriums. Außerdem einigte man sich auf einen Heizkostenzuschuss von 270 Euro für Wohngeld-Empfänger (Haushalt mit zwei Personen erhalten 350 Euro, für jedes weitere Familienmitglied gibt es 70 Euro). Azubis und Bafög-Empfänger bekommen 230 Euro. Das Geld soll im Laufe des Sommers ausgezahlt werden.

Hinzu kam die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschalbetrags und des Grundfreibetrags rückwirkend zum Jahresanfang. Auch die Entfernungspauschale und Mobilitätsprämie steigen rückwirkend zum 1. Januar 2022. Diese drei Entlastungen greifen über die Steuer.

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Das zweite Entlastungspaket folgte im März. Dort beschloss die Koalition unter anderem die Energiepreispauschale von 300 Euro für Erwerbstätige (Überweisung im September). Empfänger von Sozialleistungen erhalten 200 Euro, wer Arbeitslosengeld 1 bekommt, 100 Euro. Hinzu kommt ein Kinderbonus von 100 Euro pro Kind, der im Juli ausgezahlt wird. Auch die zeitlich begrenzte Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe sowie das Neun-Euro-Ticket im ÖPNV waren Teil des Entlastungspakets, zahlen aber auf das Thema Mobilität und nicht das Heizen ein.

Genügen die bisherigen Beschlüsse?

Nein, sagt Kolja Ofenhammer von der Verbraucherzentrale. „Wir denken, dass sie die Kostensteigerungen nicht decken können – insbesondere für Sozialhilfeempfänger.“ Der Chef der Bundesnetzagentur rechnet mit einer Verdreifachung von Abschlagszahlungen.

Die Verbraucherzentrale fordert daher ein drittes Entlastungspaket mit weiteren Maßnahmen. Darunter sollte zum Beispiel das im Koalitionsvertrag vereinbarte, aber noch nicht umgesetzte Klimageld sein: Es ist dafür angedacht, Bürgerinnen und Bürger für CO₂-Preisanstiege bei Wärme und Verkehr sozial zu kompensieren. „Wichtig wäre, dass es sozial gestaffelt wird.“

Was passiert, wenn jemand seine Rechnung nicht begleicht?

Im schlimmsten Fall droht eine Strom- oder Gassperre, also das Abdrehen der Leistung durch den Energieversorger. In der Grundversorgung gibt es hier klar definierte Regelungen: Beim Strom muss der geschuldete Betrag zum Beispiel doppelt so hoch sein wie der Monatsabschlag und mindestens 100 Euro betragen. Beim Gas kann er geringer sein. Außerdem muss mindestens vier Wochen vorab über die drohende Sperre informiert werden, und dann noch einmal acht Tage vor einer endgültigen Sperrung. Bei anderen Anbietern kommt es auf die vertraglich vereinbarten Regelungen an, die meist denen der Grundversorger ähneln.

Seit Dezember gibt es eine rechtliche Neuerung, die die Gefahr von Strom- und Gassperren in der Grundversorgung reduzieren sollen: Grundversorger sind nun verpflichtet, säumigen Kunden eine Abwendungsvereinbarung anzubieten. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung zur Ratenzahlung, die zinsfrei sein muss. Dort ist zudem die Weiterversorgung auf Vorauszahlungsbasis vorgesehen.

Wo finden Betroffene Hilfe?

„Bezüglich der Übernahme der Schulden oder eines Darlehens können sich die Betroffenen an das Jobcenter oder Sozialamt wenden“, so Ofenhammer. Bei der Verbraucherzentrale erhalten sie außerdem eine kostenfreie Budget- oder Rechtsberatung. Dort gibt es zum Beispiel Unterstützung bei der Planung des persönlichen Haushaltsbudgets, bei Bedarf werden die Verhandlungen mit dem örtlichen Energieversorger übernommen.

Könnten die Sperren ausgesetzt werden?

Das fordert zumindest Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke für den Fall, dass sich die Energiekrise weiter zuspitzt. Es dürfe „niemandem in solch einer Krisensituation der Strom oder das Gas abgestellt werden, weil er mit einer Rechnung in Verzug ist“, sagte sie der Bild am Sonntag. 

Ofenhammer hält das für wichtig: „Wir fordern, dass die Bundesregierung ihren Ankündigungen Taten folgen lässt und ein Moratorium für den Winter beschließt.“ In den vergangenen Corona-Jahren war die Zahl der Sperrungen bereits deutlich zurückgegangen: Denn zum einen konnten Bürger, die in finanzielle Not geraten waren, Zahlungen für Strom und Gas zeitweise stunden.

Gleichzeitig verzichteten viele Anbieter auch freiwillig auf die Sperrung ihrer Kunden. „Wir halten es für sinnvoll, dass das beibehalten wird.“ Traditionell gibt es bei Energieanbietern auch den sogenannten Weihnachtsfrieden: Um Weihnachten herum geben sie in der Regel keine neuen Stromsperren in Auftrag.

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