In Lindenthal und RodenkirchenDigitale Plattform soll Leben in den Veedeln vernetzen

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Die Dürener Straße ist die wichtigste Geschäftsstraße in Lindenthal.

Die Dürener Straße ist die wichtigste Geschäftsstraße in Lindenthal.

  • In der Corona-Krise erleben die Veedel eine Renaissance
  • Eine neue Plattform soll Handel, Gastronomie und weitere Akteure in den Veedeln miteinander vernetzen.
  • Das Veedelsleben soll ins Digitale übertragen werden. Auch ein Treuesystem ist geplant.

Köln – Die Corona-Krise hat im stationären Handel viele alte Probleme verschärft: den Rückgang von Besucherfrequenzen und damit verbunden sinkende Umsätze, die wachsende Konkurrenz aus dem Onlinehandel. Gleichzeitig hat sich aber auch ein Trend gezeigt, der langfristig vor allem für kleine, inhabergeführte Geschäfte eine Chance sein könnte.

Emotionalität und persönlicher Kontakt spielen derzeit im Handel wieder eine wachsende Rolle. In den Kölner Veedeln, dort, wo das Geschäft viel über Stammkundschaft läuft, sprang das Geschäft nach dem Lockdown weitaus besser an als in der filialistisch geprägten Innenstadt – auch wenn die Händler auch hier oftmals unter Rückgängen leiden.

Neue digitale Infrastruktur

Ein Pilotprojekt soll die Kaufkraft in den Veedeln nun langfristig und nachhaltig durch eine digitale Infrastruktur stärken. Das Handelsforschungsinstitut IFH Köln hat in Zusammenarbeit mit der International School of Management (ISM), Handelskümmerer Hans-Günter Grawe und dem Kölner Unternehmen QDEGA ein Konzept erarbeitet, das nicht nur den Handel in den Veedeln, sondern darüber hinaus auch Gastronomie, Veranstalter und Vereine miteinander vernetzen soll. Über eine digitale Plattform sollen ab September zunächst in Lindenthal und Rodenkirchen die Angebote aller relevanten Akteure im Veedel gebündelt werden. Dort sollen Verbraucher künftig zum Beispiel Informationen zu Öffnungszeiten, Angeboten, aber auch zu ÖPNV-Verbindungen und dem Wetter bekommen. Außerdem soll es ein eigenes Treueprogramm geben.

Alles zum Thema Henriette Reker

„Wir wollen den Veedelsgedanken digitalisieren“, sagt Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH Köln. „In Zeiten von Corona, Strukturwandel und Digitalisierung muss auch in Köln der lokale Mittelstand gestärkt werden.“ Mittelfristig soll auch ein E-Commerce-Modell in die Plattform integriert werden. Unterstützt wird das Projekt, das später auch auf andere Veedel und Städte übertragbar sein soll, vom NRW-Wirtschaftsministerium, der Köln-Business Wirtschaftsförderung, der IHK Köln und dem örtlichen Handelsverband.

Wertschöpfung liegt in Vernetzung

„Die Wertschöpfung liegt nicht nur in der Bereitstellung und dem Verkauf von Dingen und Diensten, sondern in der Vernetzung“, sagt Handelskümmerer Grawe. „Die Plattform wird wertvoll, weil sie Informationen schneller, universeller und veedelsbezogen bereitstellen wird.“

Grawe konzentriert sich in seiner Arbeit als Handelskümmerer vor allem auf die Kölner Veedel. Zusammen mit den Kölner Werbe- und Interessengemeinschaften hat er zuletzt einen Acht-Punkte-Plan erarbeitet, der Einzelhandel und Gastronomie in Zeiten der Krise stärken sollen. Unter anderem wird dort vorgeschlagen, entfallene verkaufsoffene Sonntage nachzuholen und Verbrauchern eine Fahrt mit der KVB zu erstatten, wenn sie für mindestens 20 Euro im städtischen Einzelhandel einkaufen. Auch eine Anschubfinanzierung, um das Digitalisierungsprojekt in den Veedeln weiter ausbauen zu können, wird ins Gespräch gebracht.

Adressiert ist der Plan als Diskussionsvorschlag zum Beispiel an Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Bezirksbürgermeister, Köln-Business, IHK und Handwerkskammer. Verschiedene Akteure hätten bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert, sagt Grawe. „Wir sind überzeugt, dass wir ein Signal senden müssen, dass es weitergeht.“ Die am Anfang der Krise so weit verbreitete Solidarität habe nachgelassen. Viele Händler bangten noch immer um ihre Existenz. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags gaben im Mai rund 53 Prozent der befragten Händler an, ihre Umsätze seien um mindestens die Hälfte gesunken. 23 Prozent sprachen von einem Rückgang von bis zu 25 Prozent.

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