Lieferengpass nach PandemieWelche Waren aktuell knapp werden

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Lieferengpässe

Corona-bedingt kommt es auch an Häfen immer wieder zu Schließungen.

Köln – Es ist eine Verkettung ungünstiger Umstände, auch in entfernten Teilen der Welt: Durch Corona-Ausbrüche mussten und müssen immer wieder Fabriken vor allem im asiatischen Raum schließen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach bestimmten Produkten in der Pandemie stark angestiegen.

Und in der weltweiten Logistik, die dafür sorgt, dass Waren rund um den Globus pünktlich verschickt werden, kommt es corona-bedingt ebenfalls zu größeren Engpässen. Die Folge: Viele Produkte sind rar oder sehr teuer geworden. Das betrifft die unterschiedlichsten Branchen: von Bekleidung über Autos bis hin zum Bier.

Fahrräder

Die Probleme im Fahrradhandel sind nicht neu. Kürzlich gaben in einer Umfrage des Münchener Ifo-Instituts gar 100 Prozent aller befragten Händler an, unter Lieferproblemen zu leiden. „Ein großer Bedarf trifft auf Lieferschwierigkeiten – da prallen natürlich zwei Sachen aufeinander“, bestätigte Hans-Peter Obermark vom Verband des Deutschen Zweiradhandels kürzlich dieser Zeitung. Gerade zu Beginn der Pandemie sei viel geordert worden, parallel dazu habe es Werksschließungen in Produktionsländern gegeben.

Der Branche fehlen derzeit zum Beispiel Bremsscheiben, Ketten, Teile der Gangschaltung, zwischenzeitlich mangelte es auch an Schmierfetten und -ölen. Grund dafür war, dass die Fette Nebenprodukte von Kerosin sind – weil in der Pandemie aber so viel weniger geflogen wurde, wurde die Produktion zurückgefahren. Die E-Bike-Produktion leidet darüber hinaus auch unter dem vielbeklagten Chipmangel.

Bekleidung und Schuhe

Auch bei Bekleidung gibt es Engpässe. „Vor allem die Händler, die Waren aus Asien beziehen, haben Probleme“, sagt Axel Augustin vom Handelsverband Textil. Hier kommen zwei Probleme zusammen: Zum einen gibt es nach wie vor globale Transportprobleme, einige Waren kommen also schlicht nicht an. Zum anderen steht die Branche vor einem Fertigungsproblem: In Herstellungsländern wie Vietnam sind bislang vergleichsweise kleine Teile der Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft – was dazu führt, dass es immer wieder zu Corona-Ausbrüchen kommt und Fabriken geschlossen werden müssen.

Das betrifft Kleidung genau wie Schuhe: Prominente Betroffene sind Sportmarken wie Adidas, Nike und Puma, die nach Werkschließungen im vietnamesischen Ho-Chi-Minh ausgebremst werden. Hier drohen also Engpässe. „Wir rechnen nicht damit, dass das vor dem Frühling besser wird“, so Augustin. In einer aktuellen Verbandsumfrage geben nur fünf Prozent der Befragten an, keine Ausfälle oder Verzögerungen bei Herbst- und Winterware zu haben.

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Neben dem Mangel hat es die Branche derzeit auch mit steigenden Preisen zu tun. „Die Ware, die kommt, ist oft teurer“, so Augustin. „Ich wüsste keinen Rohstoff, der billiger geworden ist.“ Er nennt beispielhaft die Verteuerung von Baumwolle und erdölbasierten Kunstfasern. Auch die Transportkosten seien gestiegen.

Möbel

„Die deutsche Möbelindustrie leidet nach wie vor unter Engpässen und Preissteigerungen bei einer Reihe von wichtigen Vormaterialien, eine Entspannung zeichnet sich leider noch nicht ab“, heißt es beim Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM). Knapp seien vor allem Holzwerkstoffe wie Spanplatten, Metallkomponenten und Polsterschäume, aber auch elektronische Bauteile, Verpackungsmaterialien, Bezugsstoffe. Der Transport bereitet ebenfalls Probleme. Gut die Hälfte aller Möbelhersteller gab in einer Umfrage des VDM an, dass es im September zu Einschränkungen und Verzögerungen in der Produktion gekommen sei.

„Unsere Branche setzt alles daran, ihre Lieferfähigkeit sicherzustellen“, sagt eine Sprecherin. „Dennoch kommt es derzeit wegen der schwierigen Rahmenbedingungen in einigen Bereichen zu Verlängerungen bei den Lieferzeiten.“ Generell seien die Produkte der Branche aber verfügbar.

Elektronik

Auch elektrische Konsumgüter wie Hausgeräte sind von den Problemen bei Produktion und Lieferkette betroffen. „Nicht jeder Kunde kann derzeit damit rechnen, sein Wunschgerät wie gewohnt gleich mitnehmen zu können oder innerhalb der gewohnt kurzen Frist geliefert zu bekommen“, sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). Ursache seien die bekannten Engpässe bei Vormaterialien und Bauteilen wie etwa Halbleiter, sowie die knappen Transportkapazitäten von Asien nach Europa. Es gebe allerdings weiter ein breites Angebot an Hausgeräten, Alternativen seien also verfügbar. „Die Situation ist dabei uneinheitlich und die Produktgruppen sind unterschiedlich betroffen.“

Im Segment Unterhaltungselektronik gehe man derzeit nicht von einer Knappheit für Endverbraucher aus, so Weber weiter. Eine aktuelle Umfrage des ZVEI habe ergeben, dass vier von fünf Kunden, die in diesem Jahr ein TV-Gerät erworben hätten, dieses ohne Lieferverzögerung bekamen. „Insgesamt sind die Lieferzeiten hier – wenn ein Gerät mal nicht sofort mitgenommen werden kann – mit durchschnittlich circa zwei Wochen immer noch kurz.“

Handwerksbedarf

Erst war es das Holz, was flächendeckend zu Mangelware wurde. Normale Zimmertüren etwa haben im Handel eine Lieferzeit von drei Monaten und mehr. Jetzt werden auch andere Vorprodukte knapp. „Kupferkabel etwa sind extrem schwer zu bekommen“, sagt David Zülow, Vorstand der Neusser Zülow AG, einem handwerklichen Elektrotechnik-Unternehmen. Außerdem gebe es einen Mangel an Kunststoffummantelungen für Kabel, die Preise seien binnen einer Woche um fast ein Drittel gestiegen. „Lieferzeiten wie heute hat es in der 50-jährigen Geschichte des Unternehmens nicht gegeben“, sagt Zülow. Man prüfe, neue Verträge an die Verfügbarkeit der Vorprodukte zu koppeln.

Autos

Bei Neu-Fahrzeugen sind die Lieferzeiten extrem gestiegen, allerdings je nach Modell unterschiedlich. Auf einen Mercedes GLA Plug-in-Hybrid muss man laut einem Händler 17 Monate warten. Ford Fiestas laufen durch Chipmangel grade keine vom Band. Das Volumenmodell VW Golf hat häufig eine Wartezeit von sechs bis neun Monaten. „Oft kann man selbst Leasingfahrzeuge nicht mehr aus den Verträgen übernehmen“, sagt Unternehmer David Zülow.

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