„Scentcommunication“Wie ein Kölner Unternehmer Marken in Düfte verwandelt

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Duft spielt nicht nur beim Parfum eine große Rolle.

Duft spielt nicht nur beim Parfum eine große Rolle.

Köln – Er ist das vielleicht am meisten unterschätzte Sinnesorgan – der Geruchssinn. Dass er allerdings auch Einfluss auf unser Kaufverhalten hat, belegen mittlerweile zahlreiche Studien. Kunden werden kauffreudiger und geben leichter Geld aus, wenn es in einem Geschäft gut riecht.

Und so haben die Marketingstrategen vieler großer Konzerne die Macht der Düfte schon seit geraumer Zeit für sich entdeckt. „Duft hat direkte Auswirkung auf unsere Emotionen und damit auf unser Verhalten“, sagt Robert Müller-Grünow.

Er sei eine Art Standleitung zu den Gefühlen eines Menschen, denn er werde nicht rational gefiltert, so der Kölner, der als einer der Pioniere im Bereich der Dufttechnologie im Marketing gilt und jetzt sein erstes Buch „Die geheime Macht der Düfte“ veröffentlicht hat.

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Passender Duft zur Marke

Gerüche gelangen im Gehirn sowohl in den Hippocampus, wo die Erinnerung sitzt als auch in das limbische System, dass für Emotionen zuständig ist. Lange habe man in der Werbung ausschließlich auf Bild und Ton gesetzt, sagt Müller-Grünow.

„Mittlerweile sind wir aber einer audiovisuellen Reizüberflutung ausgesetzt, der Duft besetzte dabei anfangs eine Nische.“ Sein Unternehmen Scentcommunication, das er 2002 gegründet hat, entwickelt für Unternehmen den passenden Duft zur jeweiligen Marke.

Zu den Kunden gehören Branchengrößen wie Adidas, Nestlé, Samsung, Schuhhersteller, aber auch Hotels in Dubai oder Hongkong sowie Banken, Autobauer, Mode- und aber auch Telekommunikationskonzerne oder die Deutsche Bahn, die die Wirkung der Düfte in ihren ICEs auch wissenschaftlich auswertete. „Reisende empfanden die Fahrt als deutlich angenehmer und ärgerten sich auch seltener über Zugausfälle und Verspätungen“, sagt Müller-Grünow.

Auch kaum ein Autokonzern kommt heute noch ohne Duftdesign aus. BMW etwa bietet in seiner Premium-Klasse gleich mehrere Duftkonzepte an – von Meeresbrandung mit Essenzen von Mandarinen bis zu einer Mischung, die goldene Abenddämmerung verbreiten soll. Die Telekom setzt optisch auf die Farbe Magenta, olfaktorisch duftet der Bonner Konzern unter anderem nach Bergamotte, Pfeffer und Holznoten.

Kleiner Kasten versprüht Aroma

Die Entwicklung eines Konzernduftes, dauert meist mehrere Monate. Die Kosten liegen im fünfstelligen Bereich. Da die Aromen dem Kunden eine Botschaft vermitteln sollen, wird zusammen mit dem Auftraggeber im Vorfeld festgelegt, welche Werte die Marke hat und welche Attribute ihr in der Übersetzung in einen Duft zugeschrieben werden sollen.

Bei der Zusammenstellung arbeitet der Kölner mit ausgewählten Parfümeuren und Dufthäusern zusammen. Die Rohstoffe kauft Scentcommunications in den USA, Frankreich oder der Schweiz ein. Verbreitet wird der Duft in kleineren Räumen über einen sogenannten Scent Cube, einen kleinen Kasten, in den eine Kartusche mit Aroma-Gel eingesetzt wird oder ansonsten über die Klimaanlage.

Manipulation der Kunden?

Weil der Duft so unmittelbar auf die Empfindungen des Menschen einwirkt, steht er im Verdacht manipulativ zu sein. Ein Vorwurf, gegen den sich Müller-Grünow wehrt. „Beeinflussung zu erzeugen wird auch über Beleuchtung Farben oder Töne versucht“. Und Orte oder Dinge würden ja ohnehin riechen, denn schließlich existierten keine duftneutralen Räume – meistens seien ihre Gerüche aber zufällig, geprägt durch Stoffe, Menschen oder Umgebungsbedingungen.

„Warum sollen sie denn dann nicht angenehm duften“, so Müller-Grünow. Er empfiehlt, den Geruchssinn wieder stärker zu trainieren. „Bewusst riechend durchs Leben zu gehen, bedeutet für mich, besser zu leben.“ Der richtige Einsatz von Düften könne den Alltag in vielen Situationen besser gestalten.

Ein Zukunftsfeld für sein Unternehmen sieht er im Zuge der Digitalisierung in Virtual-Reality-Anwendungen. Wer sich künftig mit einer VR-Brille durch fremden Welten bewegen will, der braucht für ein möglichst authentisches Erlebnis auch die entsprechende geruchliche Komponente. „Die Zukunft wird vielleicht ein Chip sein, der Düfte steuern kann und entsprechend den Gegebenheiten zur Anwendung bringt“, sagt Robert Müller-Grünow.

Das Buch

Robert Müller-Grünow (50) wurde in Bensberg geboren. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln. Seit 1997 beschäftigt er sich mit Aromen und Essenzen. Im Jahr 2002 gründete er Scentcommunication und beliefert Kunden weltweit.

In seinem ersten Buch „Die geheime Macht der Düfte“, das er zusammen mit Olaf Köhne und Peter Käfferlein geschrieben hat erklärt Müller Grünow, warum wir der eigenen Nase mehr vertrauen sollten, wie sehr Düfte das Leben beeinflussen und wie man den Geruchssinn gezielt trainieren kann. Zudem werden interessante Alltagsphänomene entschlüsselt: Warum versetzt manche Menschen der Geruch von Bäumen in die Kindheit zurück? Was hat Muttermilch mit unserer Vorliebe für Vanille-Duft zu tun?

Robert Müller Grünow: „Die geheime Macht der Düfte: Warum wir unserem Geruchssinn mehr vertrauen sollten“, Edel Verlag, 256 Seiten, 17,95 Euro. (cos)

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