Telekomchef Höttges„Haltung des Westens gegenüber Russland war naiv“

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Tim Höttges

Tim Höttges

Köln – Der russische Angriff auf die Ukraine überschattete auch die Bilanzpressekonferenz der Deutschen Telekom. Konzernchef  Tim Höttges zeigte sich tief erschüttert. „Wir sind entsetzt über den russischen Angriff in der Ukraine“, sagte der Vorstandsvorsitzende.

Höttges: „Haltung des Westens naiv“

Die Haltung des Westens gegenüber Russland sei in der Vergangenheit naiv gewesen: „Uns fehlt teilweise in unserer Disney World, an der wir in der westlichen Welt gerne festhalten würden, ein bisschen der Realitätssinn.“ Höttges geht davon aus, dass es künftig mehr Cyberangriffe   geben werde.  Das sei ein allgemeiner Trend, der wegen der Ukraine-Eskalation zusätzlichen Schub bekommen dürfte. Die Telekom habe Krisengruppen etabliert, „dass wir gegen Cyberangriffe geschützt sind“, sagte Höttges. „Wir werden alles tun, um mögliche Cyberangriffe zu verhindern.“

Telekom will Personal aus Russland abziehen

Der Bonner Konzern denkt zudem darüber nach, Personal aus ihrem Software-Entwicklungsstandort in Sankt Petersburg abzuziehen. Man müsse sich nun überlegen, wie man mit den 2000 Beschäftigten umgehe, sagte  Höttges. So sei es denkbar, den Beschäftigten Visa anzubieten, damit sie außerhalb von Russland für die Telekom weiter arbeiten können. Damit könnte die Arbeit  verlagert werden. Finanzvorstand  Christian Illek sagte, man werde die Bezahlung der dortigen Belegschaft und die Versorgung mit Hardware und Software sicherzustellen. Wirtschaftlich spielt Russland für den Konzern keine bedeutende Rolle. Die Telekom sei „extrem auf die westliche Welt“ fokussiert, sagte Höttges.

Wachstumstreiber US-Geschäft

Das vergangenen Jahr ist für den Telekommunikationskonzern extrem erfreulich gelaufen. Wachstumstreiber war vor allem das US-Geschäft der amerikanischen Tochter T-Mobile US. Der Umsatz legte  2021 gegenüber dem Vorjahr um 7,7 Prozent auf 108,8 Milliarden Euro zu. Zwei Drittel davon machten die Bonner in den Vereinigten Staaten, wo der Erlös fast doppelt so stark anzog wie konzernweit. „Der Zusammenschluss mit Sprint macht sich bezahlt“, resümierte das Unternehmen mit Blick auf T-Mobile US. Aus Synergien bei Vertrieb und Netz sparte T-Mobile US nach der Zusammenlegung mit dem kleineren Rivalen im vergangenen Jahr 3,8 Milliarden US-Dollar. Im laufenden Jahr sollen die Effekte auf bis zu 5,3 Milliarden Dollar steigen und würden damit auf Jahressicht die Integrationskosten der Fusion übersteigen.

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Das starke US-Geschäft macht sich auch bei den Kundenzahlen der Bonner bemerkbar: Weltweit konnte der Konzern nach Abzug von Kündigungen 7,1 Millionen neue Vertragskunden für sich gewinnen, von denen mehr als zwei Drittel in den Vereinigten Staaten hinzukamen. Das um Sondereffekte bereinigte operative Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen inklusive Leasingaufwand (ber Ebitda AL) kletterte 2021 um 6,6 Prozent auf 37,3 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr peilt Konzernchef Tim Höttges rund 36,5 Milliarden Euro an. (mit dpa)

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