Vegane SchuheKölner Gründer stellen Sneaker aus Maisabfällen her

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Torsten Lasar (l.) und Ercin Filizli

Köln – Wer beim Kölner Schuhlabel „Ella & Witt“ einkauft, trägt Dinge an den Füßen, die man dort eigentlich nicht erwarten würde: Leder aus Maisabfällen, zum Beispiel. Oder recyceltes PET, Zellulose, Reisschalen. Korkabfälle in Lauf- und Innensohle. Kompostierbare Schnürsenkel. Alles vegan und so umweltschonend produziert wie möglich, sagen die Hersteller.

„Wir haben mit Materialien geforscht, im Trial-And-Error-Verfahren viel ausprobiert“, erzählt Torsten Lasar, der das Label gemeinsam mit seiner Frau Birgit Lasar gegründet hat. Die beiden Gründer haben einige Erfahrung in der Branche. Seit Jahren vertreiben sie Sneaker-Marken in Deutschland. An ihrem eigenen Label haben sie drei Jahre gebastelt, Gespräche mit Partnern und Produzenten gesucht. Sie hätten gesehen, dass sich auf dem Markt für Eco-Fashion etwas tue, sagt Lasar. „Es gibt heute ein viel stärkeres Bewusstsein für ökologische Marken, Fridays for Future hat da einiges losgetreten.“

Große Schuhhersteller schwenken um

Als sie vor drei Jahren mit der Planung begonnen hätten, seien da nur „zwei Hände voller Brands“ mit der Intention gewesen, ein veganes und nachhaltiges Label wirtschaftlich groß aufzuziehen. Mittlerweile gebe es, so schätzt es Lasar, auf dem gesamten europäischen Markt etwa 50. Daneben bieten auch große Schuhhersteller wie Adidas, Puma, Birkenstock und Dr. Martens vereinzelt vegane Schuhmodelle an.

Händler wie Deichmann und Zalando nehmen vollständig vegane Marken in ihr Sortiment auf, das Interesse hat deutlich zugenommen. Auch bei Ella & Witt hat Online-Riese Zalando bereits angeklopft. Damit ein Schuh vegan ist, reicht es dabei nicht, dass sein Obermaterial aus Stoff oder Kunstleder besteht – gerade die Kleber enthalten in der Regel tierische Produkte wie Knochenmehl.

Nachhaltigkeit im Fokus

Torsten Lasar betont derweil, dass es bei ihnen um mehr als nur ein veganes Produkt geht. „Eine weitere tragende Säule ist das Thema Nachhaltigkeit. Wir versuchen, bei den Materialien auf rohölbasierte Kunststoffe zu verzichten, mit biodiversifizierten Stoffen zu arbeiten und das so energieschonend wie möglich.“ Denn auch Plastik ist schließlich vegan – wenn auch nicht umweltfreundlich.

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Die veganen Sneaker werden unter anderem aus Maisabfällen hergestellt

Schon der Name „Ella & Witt“ zeigt dabei, wie das junge Label sich verstanden wissen möchte: Namensgeber sind zwei Kühe auf einem Gnadenhof für Weidetiere nahe des Firmensitzes in Dormagen. „Ganter Ella“ und „Schneewittchen“, Spitzname „Frau Witt“, die der Legende nach beinahe auf dem Weg nach Usbekistan zur Schlachtung war, als sie ausgekauft wurde und nach Dormagen kam. Torsten und Birgit Lasar sind dem Hof schon lange privat verbunden und helfen mit Spenden.

Produzent ohne Fabrik

Lasar bezeichnet Ella & Witt als „Produzent ohne Fabrik“. Er ist für das Design verantwortlich, geht mit seinen Entwürfen zu portugiesischen Designstudios, die seine Ideen auf Schuhleisten modellieren. Die Fabriken besorgen dann die Materialien. So ein Schuh kann schon mal aus 40 Bestandteilen bestehen. Die befreundete Kölner Agentur VUCX ist als Kooperationspartner dabei und kümmert sich um Themen wie Marketing, Design und Social Media – die für die Schuhe, die schließlich ausschließlich online zu kaufen sind, besonders wichtig sind. „Wir sehen uns als Kleinen, der sich versucht, gegen die Großen durchzusetzen – wie David gegen Goliath“, sagt Agenturgründer Ercin Filizli.

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Das Label ist dabei klein gestartet, mit der Produktion von etwa 1500 Paar Schuhen und einem Launch mitten in der Corona-Krise. Sie seien mit den Verkäufen der ersten drei Monate „zufrieden“, sagt Lasar. Er habe schlimmeres erwartet angesichts der Tatsache, dass Textil und Schuhe in der Krise bislang besonders leiden. „Das Ruderboot nimmt Fahrt auf, aber es hängt noch ein Gewicht hinten dran.“ Aktuell betreiben Birgit und Torsten Lasar das Label noch neben dem übrigen Schuhhandelsgeschäft. Als Ziel haben sie sich gesteckt, bis Ende 2021 die Umsatzmarke von 750 000 Euro zu knacken. Ein Paar kostet zwischen 90 und 135 Euro.

Lasar sieht die Stärke des Unternehmens in seiner kleinen, direkten Struktur, darin, dass man nicht mit Vororder-Kollektionen arbeite. Während andere Label gerade an den Schuhen für Frühjahr und Sommer 2021 arbeiten, kümmert man sich bei Ella & Witt noch um die Herbstkollektion. „Dadurch sind wir näher am Markt. Wir können sehr kurzfristig auf Trends reagieren.“

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