Vorbild für Köln?Wie in Dortmund ein Areal nur mit Minihäusern entsteht

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Tiny House 1

So sieht ein klassisches Tiny House aus – hier eines der Tiny House Manufaktur Köln

  • Raumplaner Gerald Kampert betreut das Projekt „Tiny Village“ in Dortmund. Im Interview spricht er darüber, ob Tiny Houses das Wohnungsproblem lösen können – und inwiefern das Projekt Vorbildcharakter hat.

Herr Kampert, in Dortmund ist ein „Tiny Village“ geplant, ein Areal mit Minihäusern. Um wie viel Wohnraum für wie viele Menschen auf welcher Fläche geht es da?

Das ist ein ehemaliger städtischer Sportplatz, der aber schon seit 20 Jahren brach liegt. Mit den Nebenflächen sind das ungefähr 15.000 Quadratmeter. Wir denken, dass wir da 40 kleine Häuser für vielleicht 60 Personen unterbringen. Wir wollen generationenübergreifendes Wohnen, eine lebendige Nachbarschaft und rollen Familien den roten Teppich aus. Aber überwiegend melden sich Menschen im Alter 50 plus für Ein- und Zweipersonenhaushalte.

Wie groß ist das Interesse?

Wir werden überrannt. Aber der Markt ist auch hier in Dortmund angespannt, überall, wo es Bauflächen gibt, da sind auch die Leute. Viele finden das Thema kleine Häuser sehr interessant, aber die hohe Nachfrage liegt natürlich auch am insgesamt geringen Angebot an Bauflächen. Das muss man realistisch sehen. Wir sagen immer deutlich dazu, dass 45 Quadratmeter für eine Person das Maximum sind. Pro weitere Person kommen noch mal 15 Quadratmeter dazu. Ein Paar bekommt also 60, eine Familie mit zwei Kindern 90 Quadratmeter.

Und wie groß sind die Grundstücke?

Das machen wir nicht so wie sonst. Bei einem normalen Einfamilienhausgebiet planen wir alles fix und fertig, da machen wir die Parzellierung und die Erschließung, und dann werden die Grundstücke an einzelne private Bauparteien verlost. Hier wissen wir ja gar nicht genau, was wir eigentlich planen sollen. Wie sieht so ein Tiny Village aus? Es gibt bundesweit kein Beispiel dafür. Wir sind auf die Leute angewiesen, die sich dafür interessieren. Das ist ein Prozess, den man gemeinsam gehen muss. Und wir stellen fest: Den Leuten geht es nicht nur darum, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, sich zu reduzieren, sich auf das Wesentliche zu beschränken…

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Sondern?

Die wollen das mit anderen zusammen machen. Dieser gemeinschaftliche Gedanke, sich zusammentun mit Gleichgesinnten, das spielt eine große Rolle. Wie wollen wir leben in diesem Tiny Village? Darum geht es. Tiny ist auch Teilen. Wer mit anderen teilt, kann viel Luxus haben und braucht gar nicht so viel mehr Platz dafür. Etwa eine gemeinsame Gästewohnung, eine Sauna, einen Fahrradschuppen oder eine Werkstatt. Deshalb gründen wir Baugruppen mit mindestens vier Parteien, die dann ein Areal von 600 bis 1500 Quadratmetern bekommen. Wir rechnen mit etwa 150 Quadratmeter Grundstück pro Haus. Aber wir wollen nicht, dass das ein Durcheinander an kleinen Hütten wird. Die Baugruppen sollen sich auf eine gemeinsame architektonische Gestaltung und Freiraumplanung ihrer Bauparzelle verständigen.

Ist das die Lösung für das Wohnraum-Problem in unseren Großstädten?

Ich würde sagen, es ist ein kleines Marktsegment, kann aber einen großen Anstoß geben. Wir werden mit den kleinen Häusern nicht das Wohnungsproblem lösen – weder hier in Dortmund noch in Köln. Aber wenn wir zum Nachdenken anregen, wäre das schon schön. Dass sich jeder mal mit der Frage beschäftigt: Wie viel Platz brauche ich eigentlich zum Leben? Ich kann ja auf jedem Sessel nur einmal sitzen. Ich brauche vielleicht keine drei Sitzecken, keine Küche mit 60, 70 Quadratmetern und keinen riesigen Esstisch mit 15 Stühlen. Wir brauchen da einen Paradigmenwechsel. 1990 haben wir 34,8 Quadratmeter Wohnfläche pro Person gehabt, jetzt sind es 47 Quadratmeter pro Person. Wir bauen jedes Jahr eine neue Stadt in Deutschland – nicht, weil wir mehr Menschen werden, sondern weil jeder Einzelne mehr Platz beansprucht.

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