„Hells Angels“ nun auch in Köln

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Ein Kuttenträger der "Hells Angels"

Ein Kuttenträger der "Hells Angels"

Die Internet-Ankündigung der international agierenden Rockerbande „Hells Angels“ registriert die Polizei mit Sorge: „We wel come our new prospect chapter Cologne“, heißt es dort.

Der Willkommensgruß an den neuen Kölner Ableger der weltweit mächtigsten Rockerbande löst bei den hiesigen Ermittlern keine Beifallsstürme aus. Denn nach Informationen dieser Zeitung soll der 48-jährige Besitzer eines Mülheimer Tattoo-Geschäfts zu den Gründungsmitgliedern der Kölner Unterabteilung gehören. Der in Bikerkreisen bekannte Kölner wurde jüngst in seinem Tattoo-Studio in Mülheim unsanft durch die Explosion einer jugoslawischen Handgranate aus dem Schlaf gerissen. „Er hat Glück gehabt, dass ihm nicht viel passiert ist“, sagte ein Ermittler.

Die Ursache für den Anschlag ist unklar. Das Opfer, das für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, half bei der Motivsuche nicht wesentlich weiter. Er wolle nun „auf eigene Faust aufräumen“, drohte der Ladenbesitzer nach Polizeiangaben lautstark in der Vernehmung. Wen er da im Auge hatte, verschwieg er.

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Kein Wunder. Im Rockermilieu regelt man Probleme am liebsten ohne die Hilfe der „Grün-Weißen“. Eine „bullenfreie Saison“ wünschen sich schon mal die Herren mit dem geflügelten Totenkopf auf ihren Engelkutten im Gesprächsforum.

Szene-Kenner spekulieren indes schon, dass die Granate die Antwort auf die Gründung der Kölner Angels-Riege sein könnte. Ein Kölner Ermittler bestätigte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass die kölsche Gruppe der Höllenengel, die derzeit noch den Status eines Mitglieds auf Probe einnimmt, sich auf fremdem Terrain bewegt. Laut Landeskriminalamt (LKA) spielen in Köln der Motorrad Club Gremium und die hiesige Abteilung der Angels-Rivalen, die „Bandidos“, die Hauptrolle.

In den Augen der Polizei zählen Gangs wie „Bandidos“ und „Hells Angels“ zu den Global Playern der „großen kriminellen Motorradbanden“. Diese Gruppen hätten „enge Kontakte zum Rotlicht- und Drogenmilieu“, sagt Hans-Joachim Spröde, Abteilungsleiter für organisierte Kriminalität im LKA in Düsseldorf. Demnach befassen sich jene nach außen hin streng abgeschotteten „Outlaw motorcycle gangs“ mit Schutzgeld-Erpressung, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel sowie Hehlerei mit Motorrädern und Motorradteilen. Daneben unterhalten beispielsweise die „Hells Angels“ ganz legal Sicherheitsfirmen, die unter anderem die Ruhe an den Disco-Türen gewährleisten sollen. Ein lukratives Geschäft. Denn, so sagt ein Kölner Ermittler, wer die Macht an der Tür habe, entscheide auch, welche Drogen hineinkommen. „Niemand wird gegen diese Türsteher aufmucken, denn hinter ihnen steht eine mächtige Streitmacht.“

Der Kampf um Geschäftsanteile kennt mitunter keine Grenzen. 1995 bis 1997 bekriegten sich Bandidos und Hells Angels in Skandinavien mit Granaten und Raketen. Bilanz: 14 Tote. „Diese Gruppen sind straff durchorganisiert“, sagt LKA-Mann Spröde. Nach Erkenntnissen deutscher und US-Ermittler werden in den Staaten auch die wichtigen strategischen Entscheidungen gefällt. Die Hells Angels regiert eine Art hoher Rat, World Council genannt. Es gebe zudem einen Europa-Rat, der von den führenden nationalen Chapters beschickt werde.

Längst haben die Gangs Deutschland als Einnahmequelle entdeckt. In Hamburg wurden jüngst sechs Höllenengel zu mehrjährigen Haftstrafen bis zu knapp fünf Jahren verurteilt. Das Urteil gegen den Hauptmatador, der als einer der einflussreichsten Rotlichtgrößen Deutschlands gilt, steht noch aus. Schlagzeilen machte auch das Verbot des Hells Angels MC Düsseldorf durch NRW-Innenminister Fritz Behrens, das sich auf den seit Februar andauernden Prozess gegen elf Mitglieder des Rockerclubs stützt. Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Verbot wackelt jedoch, da die Belastungszeugen ihren Namen nicht verdienten.

Derweil gehen Bestrebungen der großen Gruppen weiter, lokale Größen in die eigenen Reihen einzuverleiben, „um deren Claims zu übernehmen“, weiß das LKA. Im vorigen Jahr feierten die Angels den größten Coup, als sie die weitaus größeren „Bones“ zu einem Frontenwechsel „überzeugen“ konnten. Ähnliches soll den Höllenengeln nun auch in Köln gelungen sein. Inzwischen hat die Polizei Kenntnisse erlangt, dass ein Teil der Köln / Bonner „Bandidos“ den Sombrero mit dem geflügelten Totenkopf der Angels vertauschte. So etwas sorgt stets für böses Blut. Denn bisher endete der Einfluss der Angels rheinaufwärts in Düsseldorf. Dennoch sieht die hiesige Polizei keinen drohenden Rockerkrieg am Horizont heranbrechen. Köln galt bisher als „relativ ruhiges Pflaster“. Einzige Ausnahme war eine Auseinandersetzung im Jahr 1998 mitten auf der Hornstraße zwischen Rockern des MC Gremium und türkischen Türstehern um die Rotlichtgröße B. „Am Ende hatten die Rocker die Security im Bordell Pascha gegen die Türken verloren“, berichtete ein Kölner Polizeibeamter.

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