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Ein Weinberg über der StadtWo Geschichte in Flaschen lagert und Reben auf dem Dach wachsen

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Die Aussicht vom grünen Dach des Kölner Weindepots.

Die Aussicht vom grünen Dach des Kölner Weindepots.

Ein grünes Dach mit Reben, ein Museum voller Geschichte: Das Kölner Weindepot überrascht auf mehreren Ebenen und mit neuen Öffnungszeiten.

Jeder Kölner hat es schon einmal gesehen: Ein modernes Gebäude mit einem grünen Dach, aus dem Reben wachsen. Unter diesem Dach befindet sich ein Ort, an dem man tief in die Welt des Weins eintauchen kann. Ein Rundgang durch das Kölner Weindepot.

Wer das Weindepot an der Amsterdamer Straße betritt, steht zunächst in einer großzügigen Verkaufshalle. Links, fast versteckt, zieht eine schwere Metalltür die Aufmerksamkeit auf sich: die Schatzkammer. Hier lagern hinter verschlossener Tür und Glasscheibe kostbare Flaschen mit besonderen Jahrgängen, die Sammlerherzen höher schlagen lassen.

Die Schatzkammer des Kölner Weindepots.

Die Schatzkammer des Kölner Weindepots.

Doch Markus Wittling, der Inhaber des Hauses, betont: „Bei uns soll sich jeder Wein leisten können.“ Tatsächlich gibt es im Sortiment zahlreiche Weine unter zehn Euro, das ist kein Zufall, sondern Konzept.

Familienerbe: Von Feinkost zu Wein

Die Geschichte des Weindepots reicht zurück bis ins Jahr 1928. Damals eröffnete die Familie Wittling einen Feinkostladen in Köln. Über die Jahrzehnte entwickelte sich daraus ein Weinhandel, der schließlich 2002 seinen Sitz auf die Amsterdamer Straße verlegte. Acht Jahre später kam ein Museum hinzu. 2028 kann hundertjähriges Bestehen gefeiert werden.

Man erfährt viel über die Entwicklung des Weinanbaus und entdeckt dabei Kölns überraschend reiche Weinvergangenheit. Im Mittelalter war die Stadt eine echte Weinstadt. „Um 1400 tranken die Menschen zwei bis fünf Liter Wein am Tag, weil das Wasser zu verunreinigt war“, erklärt Wittling. Auf mehreren Tafeln und mit historischen Objekten wird die Entwicklung des Weinhandels anschaulich dargestellt: von den klimatischen Bedingungen bis zur Kelterung.

Das Kölner Weinmuseum auf der Amsterdamer Straße.

Das Kölner Weinmuseum auf der Amsterdamer Straße zeigt verschiedene Exponate rund um das Thema Wein.

Das Museum ist privat betrieben und wird über den Weinverkauf im Erdgeschoss mitfinanziert. Ein Besuch ist von 13 bis 18 Uhr dienstags, mittwochs und donnerstags möglich. Ab September wird der Dienstag durch den Freitag ersetzt, in der Hoffnung, dass mehr Menschen gegen Ende der Woche Zeit finden. Führungen müssen vorab online angefragt werden.

Weinberg über den Dächern von Köln

Der vielleicht außergewöhnlichste Teil des Hauses liegt auf dem Dach: Fast 1.000 Quadratmeter Rebfläche erstrecken sich dort, auf einem begrünten Südwesthang mit Blick auf die Stadt. Die Begrünung war einst Bedingung für die Baugenehmigung, da der vorherige Parkplatz ökologisch entsiegelt werden sollte. Heute ist das Dach nicht nur grün, sondern lebendig.

Im Spätsommer kann man bei privaten Führungen Trauben kosten, manchmal sogar dieselben, aus denen später der Wein im Glas stammt. Die Atmosphäre erinnert an einen echten Weinberg: Die Reihen der Reben sind sorgfältig beschriftet, es summt und brummt zwischen den Pflanzen, und an den Rändern ragt das urbane Köln hervor. „Einmal im Jahr ist Erntezeit, meistens im September“, sagt Wittling. Aktuell hängen die Trauben noch, aber in drei bis vier Wochen wird im Kreise der Familie gelesen.

Wissen, Wein und Wespen

Während der Führungen gibt es immer wieder kleine Anekdoten: Zum Beispiel, dass Winzer früher saure Sorten außen um ihre Weinberge pflanzten, um ihre guten Reben vor Mundraub zu schützen. Auf dem Dach begegnet man aber nicht nur Wissen, sondern auch Wespen, die sich am süßen Saft der Trauben laben.

Die Führung auf dem Dach des Weindepots.

Bei einer Führung auf dem Dach des Weindepots gibt es auch Proben für den Gaumen.

Eine Wand im Inneren des Hauses fällt besonders auf: Sie besteht aus tausenden Korken, gestaltet vom Deutschen Taubblindenwerk, ein stilles Detail.

Eine Wand aus tausenden Weinkorken.

Eine Wand aus tausenden Weinkorken hat das Deutschen Taubblindenwerk gestaltet.

Im Verkaufsraum unten stehen die Regale voller Vielfalt: Links finden sich internationale Weine, rechts deutsche Weingüter. Auch alkoholfreie Alternativen sind im Angebot. Drei Tage in der Woche, donnerstags bis samstags, kann man zur offenen Verkostung vorbeikommen und sich durch das aktuelle Sortiment probieren.

Die Verkaufshalle des Kölner Weindepots.

Blick in die Verkaufshalle des Kölner Weindepots.

„Jede Woche ist ein anderes Weingut dran“, erklärt Wittling. In der ersten Septemberwoche werden unabhängige Winzer aus Frankreich präsentiert, danach folgen die Weingüter Bürgerspital und Loacker. Im Glas landet also, was gerade Thema ist und wer Geschmack daran findet, kann die Flasche dort sofort kaufen. Nur Junggesellenabschiede, die primär zum Trinken kommen, sind nicht ganz sein Fall: „Wir wollen Wein erlebbar machen, nicht zur Partymeile werden.“

Ob Einsteiger oder Kenner: Das Kölner Weindepot und Museum lädt ein, Wein ohne Berührungsängste zu entdecken. Dabei möchte es bodenständig bleiben – trotz Schatzkammer und Weinberg auf dem Dach. „Jeder ist willkommen“, sagt Markus Wittling. „Man darf nur Lust mitbringen, etwas Neues zu probieren.“