Am Fest des heiligen Nikolaus führt Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werners Weg ins Museum Schnütgen - obwohl es dort keine Abbildung von ihm gibt.
Schock-Werners Adventskalender (6)„Viel hilft viel“ – Abgefahrenes vom heiligen Nikolaus

Tafelreliquiar (Köln, 13. Jahrhundert) aus dem Museum Schnütgen in Köln. Im Feld oben links befindet sich eine Reliquie des heiligen Nikolaus.
Copyright: Rheinisches Bildarchiv Köln/Marion Mennicken/Museum Schnütgen
Ich hätte es fast nicht für möglich gehalten: In der ständigen Sammlung des Museums Schnütgen gibt es keine Figur des heiligen Nikolaus. Aber der muss doch heute, am 6. Dezember, sein. Oder nicht? Und natürlich werde ich Sie nicht enttäuschen. Mithilfe von Direktor Moritz Woelk und seinem Team habe ich sogar noch etwas viel Ausgefalleneres – meine Studierenden hätten vielleicht „Abgefahreneres“ gesagt – als ein Tafelbild oder eine Skulptur des beliebten Volksheiligen.
An einer Seitenwand in der ehemaligen Sakristei der Cäcilienkirche kleines Kölner Tafelreliquiar aus dem 13. Jahrhundert, in dem man Fragmente von Heiligen aufbewahrte. Nach dem Motto „viel hilft viel“ sollte die Fülle der Reliquien die Aussichten des Besitzers auf Seelenheil und ewiges Leben nach dem Tod verbessern.
Tafelreliquiar sieht aus wie Teil eines Adventskalenders
Neben kostbaren, prächtigen Behältnissen – denken Sie nur an den Dreikönigenschrein am Dom – gab es auch bescheidenere Formen wie dieses Tafelreliquiar. Mit seinen jeweils vier in vier Reihen übereinander gestellten Fächern sieht es sinnigerweise fast aus wie das Teilstück eines Adventskalenders. Aber diese Deutung ist bestimmt meiner intensiven Beschäftigung mit der Suche nach 24 besonderen Museumsstücken in den vergangenen Tagen geschuldet.
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In den einzelnen Fächern ließen sich die Knochensplitter oder andere Relikte verwahren, die dann mit hauchdünn geschliffenen Hornblättchen abgedeckt und beschriftet wurden. Gott sei Dank! Denn so wissen wir, dass sich im ersten Fach links in der zweiten Reihe ein winziges Stückchen vom heiligen Nikolaus befand.

Tafelreliquiar (Köln, 13. Jahrhundert) aus dem Museum Schnütgen in Köln. Im Feld oben links befindet sich eine Reliquie des heiligen Nikolaus.
Copyright: Rheinisches Bildarchiv Köln/Marion Mennicken/Museum Schnütgen
Wie begehrt diese Heiltümer waren, sind man daran, dass die rechte obere Ecke der Tafel irgendwann einmal herausgesägt wurde – sei es, um die dort befindliche Reliquie zu verschenken, sei es, dass jemand sie widerrechtlich entwendete. Womöglich wollte der letzte Besitzer sie aber auch einfach nur loswerden, weil sie ihm kein Glück gebracht hatte. Wer weiß?
Zuverlässiger Freund der Kinder
Der Nikolaus-Reliquie wurde jedenfalls kein solches Schicksal zuteil. Als großherziger Freund der Kinder, der an seinem Namenstag Süßigkeiten, Nüssen, Mandarinen oder andere kleine Geschenke bringt, ist er aber auch bis heute ziemlich zuverlässig.
Auch in meiner Kindheit blieben die Stiefel, die wir erwartungsvoll aufstellten, nie leer. Wobei es mich doch sehr irritierte, dass der Nikolaus bei mir schon in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember vorbeikam, während meine Freundin im Haus nebenan die Schuhe immer erst am Abend des Nikolaustags selbst vor die Tür stellte. Auch das funktionierte. Ein Rätsel für uns Kinder.
Heute bin ich überzeugt: Bestimmt bringt der Nikolaus es in seiner Güte nicht übers Herz, ein Kind zu enttäuschen. Und in solchen Fällen dreht er halt eine Ehrenrunde.
Aufgezeichnet von Joachim Frank
In unserem Adventskalender stellt Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner jeden Tag ein besonderes Ausstellungsstück aus einem von sechs Kölner Museen vor. Alle Folgen finden Sie hier:www.ksta.de/weihnachten
Das Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33, 50667 Köln (Eingang über das Rautenstrauch-Joest-Museum), ist geöffnet von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 20 Uhr und am „Köln-Tag“, dem ersten Donnerstag im Monat, von 10 bis 22 Uhr. Montags sowie unter anderem an Heiligabend, am ersten Weihnachtsfeiertag, an Silvester und Neujahr geschlossen. Eintritt: 6 Euro (ermäßigt 3,50 Euro). Freien Eintritt haben unter anderem Kinder und Jugendliche unter 18 aus Köln.

