KinderstunksitzungEnde des alternativen Kinderkarnevals

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Szenen aus der ersten Kinderstunk-Sitzung 1994. (Bild: Worring)

Szenen aus der ersten Kinderstunk-Sitzung 1994. (Bild: Worring)

Köln – Dorothee Schmitz aus dem Gründungsensemble der Stunksitzung wollte mit ihren kleinen Kindern Karneval feiern und landete „in einem verräucherten Festzelt, in dem ältere Männer, von zu viel Kölsch schon leicht angeschlagen, gelangweilt ein liebloses Programm ansagten. Keiner hörte zu, es war zu laut und nicht kindgerecht.“ Das war 1993. Ein Jahre später hatte unter Schmitz' Regie die Alternative ihre Premiere. In der Kulisse der „großen Verwandten“ im E-Werk startete der damalige Präsident Paulus Müller (13) „die erste Karnevals-Sitzung von Pänz für Pänz“. Die Kinderstunksitzung war geboren.

Auf der Bühne gab es ein buntes Programm mit Büttenreden, Liedern und Sketchen, Akrobatik, Animation und Live-Musik von einer Kinder-Band. Hinter den Kulissen sorgen engagierte Erwachsene für die professionellen Rahmenbedingungen: Kostüme und Bühnenbild, Requisiten, Licht- und Tonanlage. Das Konzept, die Kreativität von Kindern und Jugendlichen - frech, respektlos und schräg - mit Unterstützung von Profis auf die Bühne zu bringen, kam an und wurde jahre lang zum Erfolgsrezept. Ähnlich arbeitete auch die Ziegenbartsitzung, deren Macher - typisch für die kölsche Karnevalsgeschichte - sich nach internen Querelen vom Kinderstunk abgespalten hatten. Organisiert von den Ur-Stunkern Jürgen Becker und Basti Koerber wurde seit 2001 parallel zum Stunk auch „tierisch jeck“ gefeiert.

Doch damit soll bald Schluss sein. Am kommenden Wochenende starten Kölns alternative Kindersitzungen in ihre jeweils letzte Session. Die Kinderstunksitzung wirft mangels fehlender Sponsorengelder das Fastelovends-Handtuch (siehe anhängendes Interview), die Ziegenbartsitzung wegen „Überalterung“ des Ensembles. Becker: „Wir haben mit Kindern angefangen, von denen einige schon erwachsen geworden sind.“ Zudem ist Ziege Ronja , die von Anfang an als stets meckernder Präsidenten-Ersatz durchs Programm stolzierte, kürzlich gestorben.

Doch das Ende der Ziege soll nicht das Ende des Ensembles sein. „Wenn man etwas Neues beginnen will, muss man mit etwas Altem aufhören“, sagt Becker. Die Kinder und Jugendlichen wollen der Bühne treu bleiben - in Planung ist eine Art kindgerecht Version von Beckers Kabarettprogramm „Biotop für Bekloppte“. Aber das wird wohl eher ein Beitrag für den Ganzjahreskarneval. „Wir räumen die Bühne für nachfolgende Verrückte“, sagt Mitorganisator Koerber. „Denn Köln und der Karneval brauchen solche Akzente, die alles auf »links drehen« und nicht meinen, das Kindertanzkorps und ein Lehrersketch und dann ein Tusch wären schon alles, was man Kindern im Karneval vorsetzen sollte.“

Das sieht sogar das Festkomitee ähnlich. FK-Chef Markus Ritterbach bedauert das bevorstehende Aus von Kinderstunk und Ziege. „Das ist eine ganz schlechte Nachricht. Beide Sitzung sind elementare Angebote für Kinder im Kölner Karneval. Ich fände es klasse, wenn die großen und die kleinen Stunker ein Konzept für die Zukunft entwickeln könnten. So eine kreative Truppe muss das doch hinbekommen!“ Und Ritterbach macht Hoffnung auf mögliche Unterstützung: „Das Festkomitee hat eigens einen Förderverein für den Jugendkarneval. Ein bisschen helfen können wir da sicher auch. . . “.

Janus Fröhlich ist über das mögliche Aus schockiert. Für den Höhner -Schlagzeuger, der zu der Zeit, zu der seine Söhne in der Kinderstunkband mitspielten, diese auch coachte, tut sich „ein riesengroßes Loch“ auf: „Da ginge ein unersetzbares Stück Kinderkarneval verloren.“

Auf jeden Fall helfen wollen auch die großen Stunker, die in den Anfangsjahren der Kindersitzung finanziell und praktisch geholfen haben. Ensemble-Mitglied Martina Klinke : „Ich verstehe sehr gut, dass man das Ehrenamt zurückfahren muss, um den Standard halten zu können. Wir werden nach der Session mal gucken, wie wir weiterhelfen können. Die Kinderstunksitzung darf nicht einfach so untergehen.“

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