Köln 99ers„Wir befinden uns in der Stunde null“

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Jürgen Wollny will die Kölner Wirtschaft von seinem Konzept überzeugen und geht vorerst mit sportlich bescheidenen Zielen in die Saison. (Bild: Dahmen)

Jürgen Wollny will die Kölner Wirtschaft von seinem Konzept überzeugen und geht vorerst mit sportlich bescheidenen Zielen in die Saison. (Bild: Dahmen)

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Wollny, Sie sind seit einem halben Jahr Geschäftsführer in Köln, wie fällt Ihre erste Bilanz aus?

JÜRGEN WOLLNY: Eigentlich sehr gut. Ich bin zunächst einmal begeistert von den sportlichen Strukturen, die ich vorgefunden habe. Es ist im Prinzip so, dass fast alle, die an den großen Erfolgen der letzten Jahre mitgewirkt haben, noch da sind.

Bis auf den Trainer.

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WOLLNY: Ja, bis auf den Trainer. Aber mit Ausnahme von Sasa Obradovic sind die drei anderen Coaches noch da, und Drasko Prodanovic ist ja auch das Master-Mind gewesen. Er genießt es sehr, dass er jetzt noch mal einen Schritt nach vorn kommt und enger mit der Mannschaft kommuniziert. Was ich so nicht eingeschätzt hatte, war die Einrichtung einer neuen Marketing-Abteilung. Die meisten Sportvereine haben von klein auf angefangen, ihre Sponsorenbeziehungen aufzubauen. Dieser Prozess fängt hier jetzt erst an, obwohl das Basketball-Programm seit zehn Jahren in Köln angesiedelt ist. Bislang kam ja die Rhein-Energie oder der bisherige Eigner für einen Großteil des Budgets auf, aber die richtige Struktur ist ja so, dass höchstens 25 Prozent durch einen Sponsor bestritten werden und sich der Rest auf viele Schultern verteilt.

Welche ersten Schritte haben Sie zur Einführung der Marketing-Abteilung unternommen?

WOLLNY: Nachdem wir geguckt haben, was eigentlich vorhanden ist, haben wir unser Idealbild einer Basketball-Company aufgemalt. Wir haben dann gesagt, dass wir eigentlich in jedem Bereich, der denkbar ist, mit einem Bundesligisten vertreten sein müssen. Also bei den Herren, den Damen, der Jugend und den Rollstuhl-Basketballern. Jetzt haben wir innerhalb weniger Wochen aus der Idee diese Strukturmerkmale entwickelt. Wir nennen es die „Cologne School of Basketball.“ Wir können mit dieser Zugmaschine jetzt die Jugendlichen mit Vorbildern ausstatten und herausstellen, dass wir der größte Basketball-Verein Deutschlands sind. Wir haben mehr Ansätze für Reichweite.

Das Reichweitenproblem hängt ja von mangelhafter TV-Präsenz ab.

WOLLNY: Ja. Für Unternehmen, die jetzt schon über Fernsehwerbung in die Breitenwirkung gehen, ist Basketball nur geeignet, wenn noch irgendwas dazukommt. Wenn man sagt, ich möchte in der Zielgruppe der jungen Leute etwas tun, dann ist Basketball wunderbar geeignet.

Welche Unternehmen sprechen Sie konkret an?

WOLLNY: Mobilfunk, Finanzdienstleistungen, Versicherungen, aber auch eine Reihe von Branchen, an die man noch nicht denkt.

Haben Sie bei Gesprächen, die Sie mit potenziellen Sponsoren geführt haben, positive Resonanz erhalten?

WOLLNY: Wir haben natürlich erst einmal einen Überzeugungsprozess zu durchlaufen, dass der Kölner Basketball noch lebt, dass er hier nachhaltig ist und dass wir mit einem neuen Konzept antreten. Die Leute sehen, dass es einen Verein gibt, der viele Ansätze bietet. Wir können Werbestrategien bei der Jugend, den Frauen, bei den Rollis oder eben im Leistungssport anbieten. Das ist ein Baukastenprinzip.

Haben Sie nicht festgestellt, dass der Verein ein Imageproblem hat?

WOLLNY: Ja, ich höre schon, dass der vorherige Eigner Spuren hinterlassen hat und den Sport so belastet hat, dass ein Misstrauen besteht.

Sie werden mit einem geringen Etat antreten. Ist es nicht ein großes Risiko, dass das Konzept an sportlichen Misserfolgen scheitern könnte?

WOLLNY: Großer sportlicher Erfolg zieht natürlich die Emotionen, die nötig sind, nach sich. Eine Mannschaft, die ständig verliert, braucht dann ein anderes Kommunikationskonzept. Die muss man verkaufen als ein Team, das immer bis zum Umfallen kämpft. In Jena haben sie letztes Jahr auch von Anfang an gegen den Abstieg gekämpft, und die Leute sind trotzdem hingegangen.

Also kann auch Abstiegskampf interessant sein.

WOLLNY: Klar, kann man ja nichts ausschließen. Man darf auch nichts anderes versprechen. Es ist wichtig, dass wir klarmachen, dass auch ein sportlicher Neuanfang nötig ist. Dass wir nur ein hohes Budget haben, wenn wir viel einwerben. Aber das ist noch nicht der Fall. Wir befinden uns mit dem Basketball in einer Stunde null. Die Budgethöhe sagt nicht zwingend etwas über die sportliche Qualität des Teams aus.

Aber zu einem großen Teil.

WOLLNY: Natürlich ist es ein großer Hinweis auf Qualität, wenn ich wie Bayern München acht Nationalspieler auf der Bank sitzen habe.

Halten sich die Sponsoren zurück, weil sie ihre Werbemittel beim FC oder den Haien verbrauchen?

WOLLNY: Es spielt natürlich eine Rolle, wenn der FC aufsteigt und alle davon träumen, dass Poldi kommt. Wobei Lukas Podolski ein großer Basketball-Fan ist, und wenn der Basketball hier wieder gut ist, wird es für ihn erst recht ein Argument sein, zurückzukommen.

Das sollten Sie dringend dem 1. FC Köln erzählen.

WOLLNY: Die „Cologne School of Basketball“ ist für uns ein neuer Ansatz, uns vorzustellen. Das übliche Geld gegen Bande - da kann man in Konkurrenz zu den anderen Vereinen nicht erwarten, dass man zum Erfolg kommt. Es ist wichtig, dass wir die sportlichen Strukturen stabilisieren, die Halle immer voll ist und erkennbar ist, dass es eine Nachfrage nach Basketball gibt.

Haben Sie sich eine Frist gesetzt, bis zu der Ihr Konzept aufgegangen sein muss?

WOLLNY: Eine Deadline in dem Sinne gibt es nicht. Wir gehen jetzt mit dem Konzept raus und wollen es in der Kölner Wirtschaft vorstellen. Wenn wir erkennen, dass es nicht angenommen wird, haben wir ein Problem, das wir durch neue Ideen lösen müssen. Ich bin aber kein Mäzen, der das alles immer finanzieren würde. Irgendwann ist das Ende erreicht. Aber das ist noch weit weg.

Das Gespräch führten Lars Richter und Karlheinz Wagner

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