Die Ex-Dombaumeisterin hält den Kölner Hauptbahnhof für zu klein und greift eine ältere Idee auf, was geändert werden könnte.
100 Ideen für KölnBarbara Schock-Werner will einen Fernbahnhof in Kalk

Barbara Schock Werner am Kölner Hauptbahnhof (Archivbild von 2023).
Copyright: Uwe Weiser
Barbara Schock-Werner war von 1999 bis 2012 war sie Kölner Dombaumeisterin und ist seit 2024 Präsidentin des Zentral-Dombau-Vereins. Wir haben sie nach ihrer Idee für Köln gefragt. Die anderen Teile unserer Serie „100 Ideen für Köln“ finden Sie hier.
Was ist meine Idee für Köln?
Die Zahl der guten Ideen ist endlich – und ich bilde mir nicht, ganz von allein auf tolle Gedanken zu kommen. Was mir als großer Wurf für Köln vorschwebt, verdanke ich dem Architekten Paul Böhm und seinen stadtplanerischen Überlegungen. In denen kommt das Konzept eines neuen Fernbahnhofs Köln-Kalk vor. Als ich das erste Mal davon hörte, fand ich es (unter uns gesagt) ziemlich spinnert.
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Aber nach genauerer Beschäftigung habe ich festgestellt: Es ist alles andere als das – und es wird jetzt meine Idee für Köln. Der gesamte Fernverkehr auf der Nord-Süd-Achse bliebe im Rechtsrheinischen und bekäme einen großen, modernen Halt auf dem Kalker Feld mit S-Bahn-Anbindung zum Hauptbahnhof und in die Innenstadt.
Warum wäre das gut für die Stadt?
Der Kölner Hauptbahnhof ist mit seinen 10 Gleisen bekanntlich viel zu klein für Köln. Für die Fernverbindungen funktioniert er heute im Grunde wie ein Kopfbahnhof: Die Züge fahren ein und machen dann zur Weiterfahrt kehrt. Das ist unwirtschaftlich und kostet Zeit. Vergleiche mit Düsseldorf sind meistens dämlich. Aber in diesem Fall darf man es doch einmal erwähnen: Mit seinen 22 Gleisen ist der Hauptbahnhof der Landeshauptstadt weitaus besser geeignet, die Verkehrsströme zu bewältigen, die in Zukunft ja noch weiter zunehmen werden.
Die geplante Norderweiterung des Bahnhofs und der Hohenzollernbrücke ist ein Notbehelf, aber keine grundsätzliche Lösung. Beispiele wie der Fernbahnhof Kassel-Wilhelmshöhe zeigen: Es gibt Auswege. Und schon Konrad Adenauer wollte als Oberbürgermeister vor 100 Jahren den Hauptbahnhof von seinem Standort im Schatten des Doms auf das Areal des heutigen Mediaparks verlegen. Damals hat ein ängstlicher Stadtrat aber nicht mitgezogen.
Der Kölner Hauptbahnhof ist mit seinen 10 Gleisen bekanntlich viel zu klein für Köln.
Neben einem verbesserten Fluss der Verkehrsströme erführe der gesamte Bezirk Kalk durch einen Fernbahnhof auf einer heute zum Rangieren genutzten Fläche eine immense Aufwertung – für Gewerbetreibende wie für Bewohnerinnen und Bewohner. Die Bahntrassen in die Innenstadt wiederum würden um 50 Prozent des gesamten Fernverkehrs entlastet.
Das Dauerdesaster „Stuttgart 21“ ist übrigens ein Lehrstück, warum man sich in Köln der Überlegung zum Bau eines neuen Fernbahnhofs an der Peripherie stellen sollte: Die Stuttgarter wollten das partout nicht und bestanden auf ihrem liebgewordenen innerstädtischen Bahnhof. Jetzt haben sie den Salat.
Wie könnte die Umsetzung gelingen?
Aktuell wird von zwei Firmen eine Umsetzungs- und Wirkungsstudie erstellt, die das Vorhaben noch einmal genauestens auf Plausibilität hin prüft. Die Ergebnisse sollen bereits im Sommer vorliegen, also noch vor der Kommunalwahl. Natürlich lässt sich ein Projekt dieser Größenordnung nicht in zwei, drei Jahren realisieren. Aber hoffentlich gibt es im neuen Stadtrat und vielleicht auch bei der Bahn genügend Menschen mit Weitsicht, Entschlossenheit und Elan.
Was braucht es dafür?
Das Vorhaben geht über die städtischen Möglichkeiten weit hinaus. Niemand ist so naiv, zu glauben, Köln und die Bahn könnten das allein stemmen, indem die Stadt das Gelände stellt und die Bahn den Bahnhof baut. Es bräuchte in jedem Fall potente Investoren, die an der Projektentwicklung partizipieren könnten, indem sie sich in der Nähe des neuen Bahnhofs niederlassen.
Barbara Schock-Werner ist seit 2024 Präsidentin des Zentral-Dombau-Vereins. 1999 bis 2012 war sie Kölner Dombaumeisterin, in mehr als 700 Jahren Baugeschichte die erste Frau in diesem Amt. Die Architektin und Kunsthistorikerin mit Honorarprofessur an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg ist seit vielen Jahren auch Kolumnistin des „Kölner Stadt-Anzeiger“.