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Streit um 11.11. in Köln„Stadt sucht schon jetzt einen Schuldigen“

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Karneval Zülpicher

Karneval auf der Zülpicher Straße (Symbolbild)

Köln – Gut sechs Wochen sind es noch, bis der Auftakt in die Karnevalssession gefeiert wird – die Befürchtungen in der Stadtspitze sind aber jetzt schon groß, dass der 11.11. besonders auf der Zülpicher Straße auch diesmal wieder in Chaos und Alkoholexzessen endet. „Machen wir uns nichts vor: Schön wird der 11.11. auch dieses Jahr nicht“, hatte OB Henriette Reker gerade im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. Gefragt sei nun aber das Festkomitee, das den Menschen den Karneval erklären müsse. 

Zu den Aussagen Rekers nahm auf Anfrage dieser Zeitung Festkomitee-Vorstandsmitglied Michael Kramp Stellung: „Wir haben das Gefühl, dass von der Stadtverwaltung schon jetzt ein Schuldiger für die rund um die Zülpicher Straße erwartbaren Vorfälle am 11.11. gesucht werden soll." Und: „Aber nur, weil das Festkomitee den Karneval im Namen trägt, sind wir nicht für alles zuständig, was am 11.11. in diesem Viertel schiefläuft.“

Kramp sagte weiter: „Wir sind etwas irritiert über die Aussagen der Oberbürgermeisterin zu unserer Rolle am 11.11. Die OB weiß eigentlich sehr gut, dass auch wir als Festkomitee ein großes Interesse daran haben, dass der 11.11. in der gesamten Stadt in einem friedlichen Miteinander gefeiert werden kann und dass wir alle Bemühungen auf diesem Weg unterstützen.“

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11.11. in Köln: Festkomitee weist Henriette Rekers Aussagen zurück

Deshalb bringe man sich auch seit Jahren am Runden Tisch zum Straßenkarneval ein, obwohl das Festkomitee als Dachverband der Kölner Karnevalsgesellschaften selbst gar keine Veranstaltungen am 11.11. oder Weiberfastnacht durchführen würde.

Seit vielen Jahren wird darüber diskutiert, wie man den Exzessen vor allem jüngerer Menschen am 11.11. oder Weiberfastnacht Herr werden kann. Henriette Reker hatte im Interview davon gesprochen, die Stadt habe die Situation seit Einführung des Runden Tisch Karneval 2017 „erheblich verbessert“ und führte als Beispiel an, die Zahl der mobilen Toiletten verzehnfacht zu haben. Und forderte einen Beitrag des Festkomitees.

Kramp sagte: „Selbstverständlich waren und sind wir bereit, unser Know-how und unser Künstlernetzwerk bei der Planung einer solchen Veranstaltung einzubringen. Dazu hat es aber nach einem Treffen Ende März leider keine konkreten Gespräche mehr gegeben.“

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Reker hatte auf die Frage, ob die Stadt eine aktivere Rolle scheue, etwa als Veranstalter einer Bühne auf den Ringen, geantwortet: „Die Stadt kann nicht alles leisten. Es müssen sich auch andere kümmern.“

Karneval in Köln: „Sind nicht für alles zuständig, was am 11.11. schiefläuft“

Dazu sagt der Festkomitee-Sprecher: „Dass wir jetzt von der Stadtverwaltung in die Rolle des Veranstalters gedrängt werden sollen, verwundert uns, weil wir immer deutlich gemacht haben, dass wir uns bei etwaigen, durchaus sinnvollen Entlastungsangeboten für die Zülpicher Straße nicht in dieser Rolle sehen. Es ist ja offensichtlich, dass diese Veranstaltung nur dann als Entlastung des Kwartier Latängs funktionieren kann, wenn das komplette Angebot für die jungen Menschen kostenlos ist.“

Wenn es aber keine Einnahmen gäbe, sei von vornherein klar, dass die Veranstaltung mehrere Hunderttausend Euro Minus machen würde. „Das können wir als gemeinnützige Organisation, die ihren ehrenamtlich tätigen Mitgliedsgesellschaften verpflichtet ist, nicht verantworten.“

Zumal es dort die gleichen Probleme auch an den 364 anderen Tagen des Jahres gäbe. „Exzesse wie am 11.11. sind ein gesamtgesellschaftliches Problem – kein karnevalistisches. Daher steht die Stadt in der Verantwortung und das sollte die Oberbürgermeisterin den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung auch deutlich als Aufgabenstellung mitgeben.”

11.11. auf der Zülpicher Straße: „Sauf- und Ballermanntourismus“

Anfang dieser Woche hatte sich auch der Veedelsbeirat Kwartier Latäng mit einem ersten Konzept befasst, wie den Auswüchsen am 11.11. rund um die Partymeile Zülpicher Straße beizukommen ist. In dem Papier, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, skizziert die Verwaltung die Probleme und mögliche Lösungen für das Studentenviertel. So erteilt Stadtdirektorin Andrea Blome in dem Papier erneut der Uniwiese als Ausweichfläche für die Menschenmenge eine Absage, auch auf den Ringen solle kein „weiterer Hotspot“ durch eine Alternativveranstaltung entstehen.

Ebenso wird darin bestätigt, dass eine externe, studierte „Crowdmanagerin“ Gutachten zu Sicherheitsfragen erstellt hat, das in ein noch zu schreibendes Sicherheitskonzept einfließen soll, etwa was Ein- und Ausgänge zu einem abgesperrten Bereich im Zülpicher Viertel angeht. Die Stadtverwaltung wolle die Situation unter anderem mit geänderten Wegen vom und zum Bahnhof Süd und mit einer Belebung der Nebenstraßen durch mobile Theken beruhigen.

Andreas Hupke (Grüne), Leiter des Veedelsbeirats und Bezirksbürgermeister Innenstadt, nannte die Ausführungen der Stadt eine „Enttäuschung auf ganzer Linie“. Die Vorhaben seien „viel zu dünn“ und eine „Kapitulation vor einer brutalen unheilvollen Entwicklung“.

Die Geduld im Veedel sei aufgebraucht, die Anwohnerinnen und Anwohner würden immer unzufriedener, weil sich ein weiterer Karneval mit den gleichen Szenen wie im vergangenen Jahr zu wiederholen drohe. „Immer mehr Menschen sagen klipp und klar: Wir wollen so einen Karneval hier nicht mehr!“, sagt Hupke. „Was Kommunikation und Transparenz angeht, ist dieses Papier eine Katastrophe.“ Es brauche stattdessen unter anderem eine komplett andere Imagekampagne aller Verantwortlichen, die dem „Ballermann- und Sauftourismus eine Absage erteilt“, sagte Hupke.

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