25 Jahre AgisraKölner Verein kümmert sich um Frauen in Notlagen

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OB Reker am reich gedeckten Mittagstisch

OB Reker am reich gedeckten Mittagstisch

Köln – Die 24-Jährige aus Mazedonien hat sich fest vorgenommen, der Oberbürgermeisterin ihre Geschichte zu erzählen. „Ich brauche Schutz vor meiner Familien und meinen Ex-Mann.“ Weiter kommt sie nicht, weil sie weinen muss. Ihr Mann hat ihr Kind entführt, sie weiß nicht, wie es ihm geht. Ihr droht die Abschiebung, weil sie aus einem „sicheren Herkunftsland“ kommt. Doch das, was auf dem Papier „sicher“ genannt wird, muss nicht sicher sein. Die Frau hat Angst. Henriette Reker wird sich davon später in einem geschützten Nebenraum berichten lassen. Es ist nicht der einzige Fall, in dem sie Hilfe zusagt. Doch die Oberbürgermeisterin weiß auch, dass sie „nichts versprechen kann, was dann andere halten müssen.“

OB kam zum Mittagessen

Die Informations- und Beratungsstelle Agisra, die sich seit 25 Jahren um Migrantinnen, Flüchtlinge und Frauen kümmert, die von Rassismus und Gewalt bedroht sind, hat die OB zu einem Mittagessen in ihre Räume gegenüber vom Gürzenich eingeladen. Die Tafel ist anlässlich des Jubiläums und des Besuchs reich gedeckt. Doch das leckere Essen wird getrübt, weil auch viel persönliches Leid mit am Tisch sitzt.

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Wenn es konkret wird, wirken die Debatten auf Bundesebene über Flüchtlinge, ihre Abweisung und ihre Abschiebung erschreckend zynisch. Eine 32-Jährige, die in Albanien studiert hat und deren Sohn in Köln erfolgreich die Schule besucht, soll Köln verlassen. Sie wohnt seit vier Jahren mit ihren Kindern in einem kleinen Hotelzimmer, den Deutschkurs hat sie selbst bezahlt. „Ich träume davon, ein normales Leben zu haben“, sagt sie. Viele berichten, dass sie gerne arbeiten möchten, es ihnen aber nicht erlaubt werde. Einer 20-Jährige ist ein Ausbildungsplatz als Kauffrau im Einzelhandel zugesagt worden, die in Kürze beginnen könnte. Doch auch ihr fehlt die Arbeitserlaubnis.

Alles zum Thema Henriette Reker

700 Beratungen im Jahr

Rund 700 Beratungen leistet Agisra jedes Jahr. Viele Frauen kommen immer wieder – nicht nur weil die Probleme nicht kleiner werden, sondern auch, weil der Verein mit seinem multi- und transkulturellen Team, das 23 Sprachen spricht, ein familiäres und vor allem sicheres Umfeld für Frauen in Not bietet. Beengte Wohnsituationen ohne Privatsphäre sowie familiäre Strukturen und Abhängigkeiten bieten das nicht. So gehen zwei wichtige Forderungen, die Agisra-Mitgründerin Behshid Najafi formuliert, weit über die Einzelfallberatung ihres Vereins hinaus. Köln brauche dringend ein drittes Frauenhaus und endlich wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot.

Zur Forderung nach einem weiteren Frauenhaus, das die Stadtspitze bislang aus Kostengründen abgelehnt hat, sagte Reker nichts. Beim Thema Wohnen soll es voran gehen, so die OB. „Wir hängen hinterher.“ Die Stadt habe es „aus vielen Gründen nicht geschafft“. Reker verwies auf Programme, die den sozialen Wohnungsbau für Investoren wieder interessant machen sollen. „Die Probleme sind zu spät erkannt worden.“

Die Oberbürgermeisterin beglückwünschte Agisra zu 25 Jahren erfolgreicher Arbeit. „Die direkte Beziehung zu den Frauen, die kommen, könnte niemand so gut aufnehmen wie Sie“, sagte sie zu den Mitarbeiterinnen des Vereins. „Wir machen gemeinsam weiter.“

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