Chorweiler – Oberbürgermeister Jürgen Roters war die Erleichterung anzusehen. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit scheint es möglich, „eines der wichtigsten stadtentwicklungspolitischen und sozialpolitischen Probleme der Stadt“ zu lösen. 1199 Wohnungen in einem den Stadtteil erdrückenden Häuserriegel am Rande des Chorweiler Zentrums sollen noch Mitte des Jahres aus der Zwangsverwaltung eines Insolvenzverwalters in den Besitz des städtischen Wohnungsunternehmens GAG überführt werden. Stadtrat und GAG-Aufsichtsrat sollen in den nächsten Wochen dafür grünes Licht geben.
Langwierige Verhandlungen mit den Gläubigern seien nötig gewesen, viele Gespräche mit dem Land, und schließlich ein juristischer Geistesblitz: Maßnahmen zur Aufwertung der Häuser und des Umfeldes werden über einen sogenannten Betrauungvertrag mit der GAG organisiert. Statt einer nicht erlaubten Subventionierung gibt es Geld für konkrete Aufgaben im Auftrag der Stadt. So etwas kannte man bislang nur im Zusammenhang mit Aufträgen an die Abfallwirtschaftsbetriebe zur Säuberung öffentlicher Flächen oder an die KVB für das Fahren unrentabler Nahverkehrsstrecken. „Wir stemmen ein Pilotprojekt , federführend für die ganze Bundesrepublik“, so Roters. Die Konstruktion sei europa-, vergabe- und beihilferechtlich geprüft worden.
GAG braucht Geld der Stadt
Weil der GAG als Aktiengesellschaft rechtlich verboten ist, wissentlich Dinge zu tun, die Verluste bringen, kann sie die Zukunft des Häuserblocks nicht alleine gestalten. Sie soll das Areal kaufen, was betriebswirtschaftlich vertretbar ist. Denn mit diesen Häusern kann man durchaus auch Geld verdienen – wenn man keine großen Investitionen in den langfristigen Werterhalt der Immobilie steckt.
75 Prozent aller Bewohner leben von Transferleistungen, die Stadt bezahlt ihre Mieten – ein sicheres Geschäft, das internationale Konzerne lockt, die Experten „Heuschrecken“ nennen. Sie investieren nur das Nötigste, streichen gute Renditen ein, um irgendwann weiter zu ziehen. Damit die GAG das anders machen kann, brauche sie Geld aus dem städtischen Haushalt, so Oberbürgermeister Jürgen Roters. Mit dem Wohnungsunternehmen soll ein Leistungspaket verabredet werden, für dessen Umsetzung die Stadt jährlich drei bis 3,2
Millionen Euro bezahlen soll. Zehn Jahre soll die Vereinbarung andauern, sodass die Stadt am Ende rund 32 Millionen Euro bezahlt haben wird. Dafür verpflichtet sich die GAG, die Häuser wieder in Ordnung zu bringen und energetisch zu sanieren. Sie muss ein „Steuerungsinstrument“ entwickeln, um die „einseitige Mieterstruktur“ aufzulockern, zum Beispiel durch Wohnangebote für Studenten. Soziale Organisationen sollen Räume bekommen. Geplant ist eine Umgestaltung der verkommenen Eingangssituation der Häuser. Ein Pförtner soll am Empfang sitzen, aufpassen und die Anonymität aufbrechen. Solche „Concierge-Lösungen“ haben in vielen Fällen zu erheblichen Verbesserungen geführt. Wenn der Stadtrat dem Betrauungsvertrag zustimmt, kann die GAG die Häuser übernehmen.
Dazu musste hinter den Kulissen eine weitere Hürde genommen werden: In „nicht einfachen Gesprächen“ sei es der GAG gelungen, mit den Gläubigern Abfindungen zu vereinbaren, sodass die Übernahme nun für einen symbolischen Kaufpreis möglich wird. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sollen ausgerechnet die Gespräche mit der landeseigenen „NRW-Bank“ die schwierigsten gewesen sein. Die Bank, eigentlich zuständig für die Förderung einer positiven Stadtentwicklung, soll auf ihren Forderungen beharrt und lediglich auf Zinsen verzichtet haben.
Teilweiser Abriss ist Zukunftsmusik
Auf die Frage, ob er vom Land enttäuscht sei, äußerte sich Roters zurückhaltend: Ein „größeres Entgegenkommen“ sei wünschenswert. Die Stadt hofft darauf, dass für die Entwicklung des Stadtteils über das Land Fördermittel aus Töpfen der EU fließen. Das jetzt mit dem GAG-Vorstand verabredete Paket beinhaltet nämlich noch nicht eine umfangreiche Sanierung und Neugestaltung des Areals. Es gibt attraktive Vorschläge, die Chorweiler Hochhäuser mit ökologischen Konzepten aufzuwerten, Teile der Häuserblöcke abzureißen und dafür an anderer Stelle neu zu bauen. Auch Roters hatte sich im OB-Wahlkampf für einen teilweisen Abriss ausgesprochen. Wegen der angespannten Wohnungssituation seien dafür die Spielräume aber eng, so der OB am Donnerstag. Jetzt gehe es erst einmal um die Instandsetzung und die Wiederherstellung menschenwürdiger Umstände.