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Theater am TanzbrunnenEine Portion Gönnung für Kurt Krömer und sein Kölner Publikum

Lesezeit 3 Minuten
Kurt Krömer tritt am 10.3.2023 im Theater am Tanzbrunnen auf.

Einfach mal wieder albern sein: Krömers neues Programm feiert die kleinen Freuden im Leben.

Der Berliner Komiker brachte auf seine siebte Tour alte Routinen und neue Verwundbarkeiten mit.

„Die Gönnung steigt in Köln.“ Unter dem Titel trat Comedian Kurt Krömer am Freitagabend im Theater am Tanzbrunnen auf. Das Wort „Gönnung“, die Nominalisierung des Verbs „gönnen“, stand 2015 Mal zur Auswahl zum Jugendwort des Jahres in Österreich. „Gönnung“ gibt einem die Erlaubnis, einfach Quatsch zu machen und auch mal Dummes zu tun, denn das Leben ist ja anstrengend genug.

Davon kann Krömer Bände sprechen, was er auch tut: Depression, Midlife-Crisis, Energiekrise und ein verhängnisvoller Besuch beim Urologen. Und so wirkt es, als wolle Krömer den Kölnerinnen und Kölnern („die Brasilianer Deutschlands“) und sich selbst einfach eine Pause von dem krisenbeladenen Alltag gönnen.

Der verzweifelte Kurt Krömer trumpft auf

Neben Badewannen-Akrobatik zeigt Krömer alias Alexander Bojcan seine Begeisterung, nach Corona-Pause wieder vor Live-Publikum auftreten zu können. Ein Wangenkuss für die Frau aus der fünften Reihe macht das deutlich. „Bürgernähe: fertig.“

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Dann rechnet der Grimme-Preisträger mit den Menschen und ihren nervigen Meinungen ab. Solidarisches Kaltduschen? So etwas kann man in Talkshows behaupten, aber wer macht das wirklich? Guckt doch eh keiner. Die Diskussionen um die Änderungen der Winnetou-Bücher kann Krömer auch nicht ernst nehmen. Jeder könne seine Meinung haben, aber müssen wir die auch immer alle miteinander teilen? „Fick deine Meinung!“

Der wütende Krömer, der die Schnauze voll von der Inkompetenz seiner Mitmenschen hat, kommt auch in seinem siebten Programm zutage. Davon gibt es aber zu viel des Guten. Die besten Szenen des Abends sind die, in denen er sich selbst zum Witz macht und die Wut in Verzweiflung übergeht. Zum Beispiel, wenn er vor Panik aufspringt und die Kilos um seinen Bauch entdeckt. „Lacht nicht, das war heute Morgen noch nicht da. Das muss eine allergische Reaktion sein!“ Das Publikum weiß, dass er weiß, dass er es nur spielt. Und je verzweifelter er spielt, desto komischer wird es.

Die Witzekiste, in die Krömer auch nicht zu selten zurückgreift, besteht aus Grimassen, Geäffe und Genitalien (meistens seine eigenen). So versichert sein Urologe ihm trotz jahrelanger Impotenz, dass er sich keine Sorgen machen müsse. Krömer bezichtigt ihm des „Enkel-Urologen-Tricks“ und geht stattdessen in die Sexualtherapie. Dort erhält er den Spitznamen „Kinky Kurt“. Der primitive Weg ist nun mal häufig der schnellste zum Witz.

Je älter das 90-minütige Programm wird, desto persönlicher sind die Anekdoten. Der alleinerziehende Vater erzählt von seinem Zuhause, wo seine Midlife-Crisis und die Pubertät seines Kindes aufeinanderprallen. Auch über seine 30 Jahre lange Depression scherzt der Bestseller-Autor („Du darfst nicht alles glauben, was du denkst: Meine Depression“), ohne jämmerlich zu wirken. Schließlich geht es dem Berliner nicht um Mitleid oder ähnliches. Ihm geht es um das Lachen über seine Depression, Impotenz, Wut, Grimassen und Genitalien. Gönnung.

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