Grundlage des Vorstoßes ist die Einstufung des Bundesamts für Verfassungsschutz. Die Verwaltung soll nun bestehende Mietverträge überprüfen.
Dringlichkeitsantrag der BV InnenstadtStädtische Räume sollen nicht an AfD vermietet werden

Vergangenes Jahr demonstrierten Kölnerinnen und Kölner gegen den Parteitag der AfD im Gymnasium Neue Sandkaul in Köln-Widdersdorf.
Copyright: Dirk Borm
Die Stadt soll keine kommunalen Räume in Schulen, Bürgerhäusern und Jugendzentren an die AfD oder ihr nahestehende Organisationen vermieten. Einen entsprechenden interfraktionellen Dringlichkeitsantrag, eingebracht von der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, hat die Bezirksvertretung Innenstadt am Donnerstag einstimmig beschlossen. Die Politiker beauftragen die Verwaltung, „bestehende Regelungen zu Nutzungs- und Vermietungsbedingungen anzuwenden oder anzupassen und bestehende Mietverträge dahingehend zu überprüfen.“
Der Antrag nimmt unter anderem Bezug auf den städtischen „Leitfaden zum Umgang mit der Anmietung von öffentlichen Räumen durch extremistische, rassistische und antisemitische Gruppen“. Zudem hat der Stadtrat im vorigen Oktober eine sogenannte Extremismusklausel für die Vermietung von öffentlichen Räumen beschlossen; sie legt fest, dass Mietern eine Nutzung der Räume für die Verbreitung von extremistischen, antidemokratischen Inhalten verboten ist.
Einstufung des Verfassungsschutzes ist wesentliche Grundlage für den Vorstoß
Als „wesentliche Grundlage“ für ihren Vorstoß führen die Antragsteller an, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz vergangene Woche öffentlich gemacht hatte, es habe die AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Allerdings hat der Inlandsgeheimdienst inzwischen eine sogenannte Stillhaltezusage abgegeben. Grund ist eine Klage der AfD vor dem Verwaltungsgericht Köln. Bis zu einer Entscheidung über das Eilverfahren will der Bundesverfassungsschutz die Partei nicht mehr öffentlich als „gesichert rechtsextremistisch“ bezeichnen. Die Stillhaltezusage bedeutet aber nicht, dass die Verfassungsschützer ihre Einstufung zurücknehmen.
Alles zum Thema Henriette Reker
- Halbes Jahrhundert Eingemeindung Kölner Westen blickt auf 50 Jahre als Großstadt-Vororte zurück
- Kölner OB-Kandidaten „Geht es Ihnen vor allem um die Süchtigen oder um die Allgemeinheit?“
- Über eine Milliarde Euro mehr benötigt Köln stellt dieses Jahr 19 Schulbauprojekte fertig
- „Besorgt mich sehr“ Reker und Lehmann äußern sich – Kölner Reaktionen zur Merz-Pleite
- „Bedrückt mich sehr“ OB Reker äußert sich nach Verfassungsschutz-Einstufung über AfD
- Gamescom in Brasilien Wie Messen im Ausland für Köln zur „Marketing-Maschinerie“ geworden sind
- Vertrauter von Reker CDU und SPD prüfen Vorschlag für Leitung des Kölner Umweltamtes
Ulrich Höver, Leiter des Bezirksamts Innenstadt, teilte den Bezirksvertretern mit, wenige Stunden vor der Sitzung habe sich bei ihm „der Ratsherr einer bestimmen Partei“ gemeldet und darauf hingewiesen, die „wesentliche Grundlage“ des Antrags sei entfallen, habe der Verfassungsschutz die Einstufung doch „zurückgenommen“. So sei es natürlich nicht, sagte Höver, der Inlandsgeheimdienst gebrauche die Bezeichnung „gesichert rechtsextremistisch“ momentan wegen des laufenden Verfahrens nicht mehr. Der Anruf zeige, wie genau von interessierter Seite die Vorgänge beobachtet würden.
Allein die BV Innenstadt sei in der Lage, diesen Beschluss einstimmig fassen
Julie Cazier, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, hob hervor, allein die BV Innenstadt sei in der Lage, einen solchen Beschluss einstimmig zu fassen, denn in allen anderen Bezirksvertretungen sei die AfD vertreten. „Öffentliche Einrichtungen, gerade Schulen und Jugendzentren, müssen Orte gelebter Demokratie sein“, so Cazier. „Die Vermietung an eine Partei, deren Positionen demokratischen Grundwerten widersprechen, steht dem Bildungs- und Erziehungsauftrag unserer Einrichtungen diametral entgegen.“
Auch Marie Hacker, einer der beiden Jugendvertreterinnen in der BV, machte sich für den Antrag stark. Die Bezirksschülervertretung, deren Vorstand sie angehört, bekomme immer wieder Anfragen von Schülern und Schülerinnen, wie sie die Nutzung ihre Räume durch AfD verhindern könnten. Ob Schulen oder Jugendzentren – „die Partei sollte nicht in die Schutzräume von uns Jugendlichen eindringen dürfen“, unterstrich Marie Hacker und bekam Beifall.
Der Beschluss versteht sich als „klares Zeichen für die Verteidigung demokratischer Werte und den Schutz der Menschenwürde in unseren öffentlichen Einrichtungen“. Auf einem anderen Blatt steht, welche juristische Handhabe der Umsetzung es gibt. Als am vergangenen Montag im Hauptausschuss des Stadtrats die Forderung laut wurde, die Stadtverwaltung solle die Vermietung eines Raums im Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Buchheim an die AfD rückgängig machen, wies Stadtdirektorin Andrea Blome darauf hin, dass die Partei – Blome nannte sie nicht beim Namen – auf dem Parteitag am 17. Mai formale Vorbereitungen für die Kommunalwahl am 14. September treffe. „Ich sehe deshalb keinen Anlass, den Nutzungsvertrag abzuwickeln.“
Laut Kämmerin Dörte Diemert gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz für Parteien. Henriette Reker (parteilos) nannte ebenfalls nicht den Namen der AfD, als sie sagte: „Die Partei ist nicht verboten, daran möchte ich nur erinnern. Dazu mag man stehen, wie man will.“ Im oben erwähnten Leitfaden heiß es dazu: Solange ein solches Verbot, für das ausschließlich das Bundesverfassungsgericht zuständig sei, „nicht ausgesprochen wurde, ist das parteipolitische Gleichbehandlungsgebot durch die Gemeinden zu wahren, auch wenn sich eine Partei am Rande des politischen Spektrums bewegen mag“.