Wieder soll eine AfD-Parteiveranstaltung an einer Kölner Schule stattfinden – trotz der Einstufung der Partei als gesichert rechtsextremistisch.
Parteitag in Berufskolleg?Stadt Köln soll AfD aus Schulen verbannen – Offener Brief an Reker

Schülerinnen und Schüler demonstrierten im vergangenen Jahr gegen den AfD-Parteitag im Gymnasium Sandkaul in Widdersdorf.
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Die Einordnung ist eindeutig: Der Verfassungsschutz bewertet die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“. Dennoch hat die Stadt Köln erneut eine Veranstaltung der Partei in einer städtischen Schule freigegeben: am 17. Mai im Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Mülheim. Dabei hatte der Rat der Stadt Köln im Oktober eine sogenannte Extremismusklausel für die Vermietung von öffentlichen Räumen beschlossen: Darin steht, dass Mietern eine Nutzung der Räume für die Verbreitung von extremistischen, antidemokratischen Inhalten verboten ist.
Ein breites gesellschaftliches Bündnis will diese Diskrepanz nicht mehr hinnehmen: In einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker fordern 14 Kölner Initiativen mit ihrer Unterschrift eine sofortige Anwendung der Kölner Extremismusklausel und eine Absage der AfD-Veranstaltung in der Schule. „Wir erwarten, dass Oberbürgermeisterin Henriette Reker genau jetzt ein Exempel statuiert“, erklärte Silvia Rick, Sprecherin der Initiative„ GyNeSa (Gymnasium Neue Sandkaul) gegen Rechts“, die den Protest gemeinsam mit der Initiative „AfD-Verbot Jetzt Köln“ ins Leben gerufen hatte. Unterstützt wird die Initiative unter anderem auch von „Köln gegen Rechts“, Parents for Future Köln, Teachers for Future und „Wir stellen uns quer“.
Kämmerin Dörte Diemert bezeichnete die Rechtslage im Hauptausschuss als komplex. „Solche Themen sind mit Blick auf eine Kommunalwahl, die auch nicht gefährdet werden darf, ernsthaft zu prüfen“, sagte sie im Hinblick auf den offenen Brief. Es gelte der Gleichbehandlungsgrundsatz für Parteien. Die AfD will auf dem Parteitag am 17. Mai im Erich-Gutenberg-Berufskolleg die formale Vorbereitung für die Kommunalwahl am 14. September treffen.
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Schulen fühlen sich von der Stadt alleingelassen
Bislang war es schwierig, der den Raum nutzenden Partei die Verbreitung von extremistischen Inhalten auf der Veranstaltung rechtssicher nachzuweisen. „Dieses Problem gibt es nun nicht mehr. Seit dem 2. Mai gibt es keine Ausreden mehr. Die AfD ist eine rechtsextreme Partei“, heißt es aus den Reihen der Initiativen. Wenn die Stadt jetzt nicht handele, mache sie sich „zur Komplizin der Normalisierung von Extremismus – und das ausgerechnet an unseren Schulen“. Bislang würden AfD-Veranstaltungen in städtischen Räumen trotz der Extremismusklausel weiter zugelassen – wie zuletzt auch zum Politischen Aschermittwoch im Gürzenich. Mindestens in den Schulen – besser noch auch in allen anderen städtischen Räumen – müsse das künftig unterbunden werden.
„Die Schulgemeinschaften fühlen sich von der Stadtverwaltung alleingelassen und wenden sich Unterstützung suchend an uns“, erläuterte Initiativen-Sprecherin Rick, die bereits seit mehreren Jahren dafür kämpft, dass Schulen – genauso wie es etwa in Leverkusen seit eines Ratsbeschlusses schon praktiziert wird – von der Vermietung für Parteiveranstaltungen ausgenommen werden. Denn: Für die Schulen hatten die Genehmigungen von AfD-Parteiveranstaltungen in ihren Gebäuden in den vergangenen zwei Jahren gravierende Auswirkungen. Seitens der AfD wird Druck auf Schulleitungen und Lehrkräfte ausgeübt.
Der reiche von Einschüchterungen bis zu Forderungen von Disziplinarverfahren gegen Lehrkräfte über inzwischen zur Regel gewordene Kleine Anfragen im Landtag, so Rick. Angriffspunkt ist jeweils das Neutralitätsgebot für Beamte. Zuletzt sahen sich im Vorfeld der Bundestagswahl die Schulleitungen des Heinrich-Mann-Gymnasiums in Chorweiler und der Katharina-Henoth-Gesamtschule solchen Kleinen Anfragen der AfD im Landtag ausgesetzt, unter anderem wegen einer in einen Kirchenraum verlegte Podiumsdiskussion ohne Beteiligung der AfD sowie wegen eines Aufrufs auf der Homepage zur Teilnahme an einer Demonstration gegen Rechts.
AfD-Angriffe im Landtag auf Kölner Schulleitungen
Besonders deutlich wird dies am Beispiel des AfD-Parteitags im vergangenen Juni im Gymnasium Neue Sandkaul. Noch über ein halbes Jahr nach der Veranstaltung war die Schulleiterin Angriffen der AfD im nordrhein-westfälischen Landtag ausgesetzt, die in immer neuen Kleinen Anfragen versuchte, ihr Verstöße gegen ihre Neutralitätsverpflichtung nachzuweisen und außerdem beim Regierungspräsidenten Beschwerde gegen sie einlegte. Hauptvorwurf war, dass die Veranstaltung des AfD-Parteitages nach außen gedrungen war, obwohl nur die Schulleitung informiert gewesen sei.
Dieses Verhalten steht nach Ansicht der AfD im Konflikt mit der Wahrung der Neutralität. Für die Schulleitungen bedeutet das ein Dilemma: Geben sie die Information an die Schulgemeinschaft weiter, müssen sie mit politischem Druck durch die AfD rechnen. Schweigen sie, ziehen sie den Unmut der Schulgemeinschaft auf sich und geraten in Konflikt mit ihren eigenen demokratischen Werten. Die Schule selbst hat keinen Einfluss darauf, ob ihre Räume an die AfD vermietet werden.
Inzwischen sind aber nicht mehr nur Schulleitungen, sondern auch Schülerschaft und Eltern mit Einschüchterungsversuchen konfrontiert. So fragte die AfD im Landtag NRW an, wer den Termin der Parteiveranstaltung im Gymnasium Neue Sandkaul „verraten“ habe und forderte die Nennung der Namen beteiligter Eltern. Die parteiinterne Strategie ziele darauf ab, kritische Stimmen „mundtot zu machen“, so Rick. „Der Rat und die Stadtverwaltung müssen jetzt Verantwortung übernehmen, statt die Verantwortung für den Umgang mit Rechtsextremen auf Schulgemeinschaften und die Zivilgesellschaft zu übertragen“, heißt es in dem Offenen Brief an die Oberbürgermeisterin. „Wo ist der Rückhalt für die Schulgemeinschaften, die an Schulen Demokratie verteidigen? Wo ist der Mut?“, fragt Rick.
Die Initiativen rufen für den 17. Mai zu einem breiten zivilgesellschaftlichen Protest in Mülheim auf. Dieser wird vor Ort von „Mülheim gegen Rechts“ und „Omas gegen Rechts“ organisiert.