Die Demonstrierenden loben den neuen katholischen Bildungscampus und kritisieren das Kölner Erzbistum scharf. Der Kardinal solle keine Brücken einreißen.
Regenbogenflaggen am Kölner DomMaria 2.0 und Queer-Bewegung demonstrieren gegen Kardinal Woelki

Marianne Arndt war bei der Eröffnung eines katholischen Bildungscampus in Kalk der Schule verwiesen worden, weil sie Regenbogen-Sticker verteilt hatte.
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Vor dem Südportal des Kölner Doms am Roncalliplatz leuchten am Samstagvormittag Regenbogenflaggen. „Für die Vielfalt des Lebens“ steht auf einem Banner. Nicht nur die Veranstalterinnen der Reformbewegung Maria 2.0 sind gekommen, um gegen eine Kirche zu demonstrieren, die bei der Eröffnung des Bildungscampus in Kalk jüngst Regenbogensymbole untersagt hat – auch hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Queer-Bewegung sind da: René Klöver, in der vergangenen Session Prinz Karneval der Stattgarde Colonia Ahoi, Barbara Barth vom Cologne Pride, Miriam Graewe von der Initiative „Out in Church – für eine Kirche ohne Angst“, auch die Grüne Landtagsabgeordnete und Kölner OB-Kandidatin Berivan Aymaz.
Der Jugendchor Sankt Stephan unter der Leitung von Michael Kokott in seinen ebenfalls regenbogen-bunten Shirts steuert den musikalischen Rahmen bei.
Kölner Karnevalsprinz ruft Kardinal auf, die Realität wahrzunehmen
Klöver erinnert daran, dass er als Prinz des ersten offen queeren Dreigestirns im Kölner Karneval von der katholischen Kirche viel Respekt und Toleranz erfahren habe. Bei der Eröffnung einer katholischen Schule das Regenbogen-Symbol zu untersagen, bedeute allerdings das Gegenteil: „In Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung sollte der Kardinal keine Brücken einreißen, sondern Brücken bauen“, sagt er.
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Mit ihrer Schule im Kalker Brennpunktgebiet mache die Kirche das – „mit dem Verbot eines Symbols, das für Vielfalt, Toleranz, Frieden und Miteinander steht, nicht“. Klöver erinnert an CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der gesagt habe: „Manche Politiker in Berlin sollten die abgedunkelten Scheiben ihrer Dienstlimousinen mal runterlassen, um die Realität wahrzunehmen – das würde ich auch Kardinal Woelki raten. Vielleicht kehren einige der Gläubigen dann auch zu ihm und zur katholischen Kirche zurück.“
Als Prinz im Karneval habe er erfahren, wie viel Einfluss ihm der Ornat verliehen habe – sein Dreigestirn habe versucht, es zum Guten zu nutzen und vor allem auch Menschen mitzunehmen, die am Rande stehen. Den Eindruck, dass der Kardinal sein Ornat auch dafür nutze, entstehe momentan leider nicht.
Auch Maria Mesrian von Maria 2.0 lobt die „wegweisende Idee“ einer multikulturellen und diversen Schule in Kalk. Diese Idee stehe in einem verstörenden Gegensatz zum Regenbogen-Verbot bei der Eröffnungsfeier des Bildungscampus. „Mit dieser Aktion zeigt die Bistumsspitze einmal mehr ihr wahres Gesicht“, so Mesrian.
Der Einsatz für queere Menschen in den Schulen und Gemeinden ist nicht erwünscht und wurde auch in der Vergangenheit umgehend sanktioniert: mit Abmahnungen, Versetzungen, Verboten.
„Der Einsatz für queere Menschen in den Schulen und Gemeinden ist nicht erwünscht und wurde auch in der Vergangenheit umgehend sanktioniert: mit Abmahnungen, Versetzungen, Verboten.“ Die Toleranz von Kardinal Woelki ende da, „wo queere Menschen, wo die sexuelle Selbstbestimmung der Menschen ins Spiel kommt“. Die Methoden der Führungsspitze des Erzbistums seien „einer Diktatur ähnlich, sie ersticken alles Lebendige“.

Demonstration für Vielfalt und Toleranz der katholischen Kirche vor dem Dom
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Den Seelsorgerinnen und Lehrern katholischer Bildungseinrichtungen ruft Mesrian zu: „Lasst Euch nicht einschüchtern. Nicht von der Schulabteilung, nicht von einem Generalvikar, nicht von einem Kardinal. Die Botschaft des Evangeliums atmet Weite, nicht Engstirnigkeit und Angst.“
Wir wissen, wie viel Missbrauch und Unrecht unsere Kirche vielen Menschen durch Druck und Angstsysteme zugefügt hat. Das dürfen wir nicht wieder zulassen.
Die Vingst-Höhenberger Gemeindereferentin Marianne Arndt war bei der Eröffnungsfeier des Bildungscampus der Schule verwiesen worden, weil sie Regenbogen-Sticker verteilt hatte. Bei der Kundgebung sagt sie, dass sie die Geschehnisse in Kalk nachdenklich gemacht haben, „ob es zu verantworten ist, dass wir als katholische Kirche Bildungseinrichtungen vorstehen – oder ob wir nicht lieber das Geld in bestehende und neu zu bauende Einrichtungen geben“.
Kritik an Erzbistum Köln
Sie bedauere, dass die Eröffnungsfeier einer Schule mit einer tollen Idee durch die Aktion gegen das Regenbogen-Verbot in den Hintergrund getreten sei. „Aber ich bitte alle Kinder, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte auch um Solidarität untereinander – um Mut zur Offenheit, Freiheit und Transparenz im Umgang miteinander“.
Genau dafür stehe das Erzbistum Köln unter Kardinal Woelki nicht. „Wir wissen, wie viel Missbrauch und Unrecht unsere Kirche vielen Menschen durch Druck und Angstsysteme zugefügt hat. Das dürfen wir nicht wieder zulassen.“
Zum Schuljahresende reagierte auch die Leitung der erzbischöflichen Liebfrauenschule (LFS) auf die Vorkommnisse am Bildungscampus Kalk mit einem Bekenntnis zur Anerkennung sexueller Vielfalt. „Wir möchten die Gelegenheit nutzen, einen im Leitbild der LFS fest verankerten Wert noch einmal hervorzuheben“, heißt es in einem internen digitalen Rundschreiben an die Eltern, die Schülerschaft und das Lehrerkollegium zum Beginn der Sommerferien, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.
SPD verlangt Auskunft
Die christliche Nächstenliebe mit den Werten der Chancengleichheit und Vielfalt stünden „im Zentrum all unseres Handelns“, schreibt die Schulleitung. „Das bedeutet selbstverständlich auch, dass an unserer Schule niemand wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert, ausgegrenzt oder abgewertet wird.“
Die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag nahm den Bericht über das Einschreiten gegen das Regenbogen-Symbol am Bildungscampus zum Anlass für eine parlamentarische Kleine Anfrage. Fünf Abgeordnete um Fraktionschef Jochen Ott wollen unter anderem wissen, ob die Landesregierung das Vorgehen der Schulabteilung für vereinbar mit dem NRW-Schulgesetz hält. Dieses verlangt unter anderem den Respekt vor unterschiedlichen Auffassungen mit besonderer Berücksichtigung der Gleichberechtigung.
Die SPD verlangt überdies darüber Auskunft, ob die Mitwirkungs- und Selbstbestimmungsrechte von Eltern- und Schülerschaft durch die Vorgaben von Schulleitung und Schulabteilung des Erzbistums nach Ansicht der Landesregierung während der Einweihungsfeier behindert wurden. Eine Antwort auf die Kleine Anfrage 6038 vom 10. Juli steht aus (Drucksache 18/14751).