Infrastruktur für E-AutosKöln droht Ausbau komplett zu verschlafen

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E-Ladesäule Köln

Eine Ladestation von 400 Ladesäulen in Köln

Köln – Der Klimawandel macht sich mehr und mehr auch im Rheinland bemerkbar. Um die Folgen einzudämmen, will die Stadt in wenigen Jahren klimaneutral werden. Ein zügiger Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für Elektroautos könnte helfen, doch den droht die Stadt komplett zu verschlafen. Zum Vergleich: Köln liegt derzeit deutlich hinter anderen deutschen Metropolen.

Während München, Hamburg und Berlin über gut 1400 öffentlich zugänglichen Ladepunkte (siehe Grafik) verfügen, sind es in Köln gerade einmal 400. Selbst Essen hat laut Bundesnetzagentur mit 408 Ladepunkten, aber nur gut die Hälfte der Einwohner, die Nase weit vorn. Das Urteil von Verkehrsexperten fällt daher deutlich aus: „Köln hinkt beim Ausbau der Ladesäulen hinterher und muss mehr Tempo machen”, betont Thomas Müther vom ADAC.

Bisher nur 122 Ladepunkte errichtet

Betrachtet man nur die öffentlichen Ladepunkte, ist die Bilanz noch schlechter. Eigentlich hätte die zuständige Rhein-Energie laut eines Ratsbeschluss bis Mitte des Jahres 400 Ladepunkte errichten sollen. Bis Anfang des Jahres waren es aber gerade einmal sechs, derzeit 122. Bei den restlichen 278 halböffentlichen Ladepunkten handelt es um solche, die etwa von Firmen errichtet wurden, der Öffentlichkeit aber zugänglich sind.

„Das Soll ist nicht erreicht“, räumt ein Rhein-Energie-Sprecher ein. Gründe seien zum einen der Fachkräftemangel, die Corona-Pandemie und Nutzungskonflike bei den für die Ladesäulen vorgeschlagenen Standorten. Manche der ausgewiesenen Standorte wurden zum Beispiel für Radwege oder die Außengastronomie benötigt. Zudem sei die Nachfrage der Kölner nach E-Autos in der Vergangenheit eher gering gewesen.

ADAC: „Stadt hat zu lange gewartet”

Letzteres Argument macht ADAC-Sprecher Müther einigermaßen sprachlos. „Man kann nicht erwarten, dass sich die Leute ein E-Auto kaufen, wenn es keine Ladesäulen gibt“, so der Experte. „Aus Angst vor Fehlinvestitionen hat die Stadt viel zu lange mit dem konsequenten Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur gewartet“, sagt Müther weiter. „Diese Zurückhaltung fällt Köln jetzt bei steigender E-Mobilitätsnachfrage auf die Füße.“

Viele Kölner seien darauf angewiesen, im öffentlichen Raum zu laden, weil sie keine eigene Garage haben oder es in der Gemeinschafts-Tiefgarage noch keine private Lademöglichkeit gebe. Im öffentlichen Raum seien bestehende attraktive Ladepunkte zudem häufig überlastet, auch weil sie teilweise von Falschparkern oder Car-Sharing-Anbietern blockiert würden.

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„Wir benötigen mehr Dynamik bei den Ladesäulen“, fordert auch Ralph Herbertz vom Verkehrsclub Deutschland. Köln habe nicht schnell genug begonnen, die Infrastruktur für E-Autos aufzubauen. Nötig seien insbesondere Schnellladesäulen für Langstreckenfahrten, an denen ein Akku binnen weniger Minuten aufgeladen werden kann. Tesla habe vorgemacht, wie man ein Ladesäulen-System an Autobahnen europaweit aufbauen kann.

Ziel wenig ambitioniert

Bis 2024 sollen laut Rhein-Energie nun insgesamt 1000 Ladepunkte errichtet werden. Fraglich ist aber nicht nur, ob dieses Ziel angesichts des bislang schleppenden Aufbaus erreicht werden kann. Mit Blick auf andere Städte und des sich beschleunigendem Klimawandels scheint das Ziel zudem wenig ambitioniert. Denn, wenn alles gut geht, wäre Köln in gut zwei Jahren nicht einmal dort, wo Hamburg bereits heute steht.

Hamburg setzt Anreize für E-Mobilität

Der Blick in die Hansestadt könnte sich lohnen. „Wir haben früh angefangen“, sagt Susanne Meinecke von der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation. Tatsächlich wurde in Hamburg bereits 2014 ein Masterplan verabschiedet, der bis 2016 vorsah, 600 Ladepunkte zur errichten. Laut rot-grünem Koalitionsvertrag sollen bis 2025 jährlich rund 200 Ladepunkte im öffentlichen Straßenraum dazu kommen. Damit Bürger und Bürgerinnen mitmachen, hat die Stadt Anreize gesetzt. So können Besitzer von E-Auto in Hamburg umsonst an Parkautomaten parken. Unternehmen, Vereine, Kirchen und Wohnunsbaugesellschaften werden über das Projekt „Elbe“ mit bis zu 60 Prozent der Kosten gefördert. Ziel ist es, 7400 Ladepunkte im privaten und halböffentlichen Bereich zu errichten.

Zudem wird die östliche Hamburger Hafen-City zentraler Bestandteil eines Innovationsprojekts für Elektromobilität. In den Quartieren Baakenhafen und Elbbrücken sowie auf einigen Grundstücken der westlichen Hafen-City entstehen bis zum Jahr 2027 etwa 1400 bis 1700 Tiefgaragenstellplätze mit Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Und mit dem Projekt „Quartierladen“ werden Anwohner und Anwohnerinnen sowie Gewerbetreibende in urbanen Wohnquartieren mit wenig privaten Stellflächen unterstützt. Diese erhalten nun einen exklusiven Zugang zu Quartiersladestationen und können diese für einen Ladevorgang reservieren.

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Immerhin hat der neue Kölner Umweltdezernent William Wolfgramm angekündigt, sich dem Thema Ladesäulen stärker zu widmen. „Das ist ein Bereich, den ich als Klimadezernent forcieren möchte”, sagt Wolfgramm. „Es stimmt, dass wir schneller werden müssen.”

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