Weil sie sowieso gerne in Kneipen gehen und darüber sprechen, fingen Tim Emmerich und Marvin Schmitz an, ihre Lokalbesuche als Podcast „Zwei mal 0,2“ mitzuschneiden.
Kölsch zum HörenZwei Kölner Studenten machen aus ihrem Hobby einen Kneipen-Podcast

Tim Emmerich und Marvin Schmitz sind schon wieder auf Recherche-Tour, diesmal beim Jussi (v.l.) in Bickendorf.
Copyright: Lioba Lepping
„Das ist eindeutig ein C-Tresen“, stellt Marvin Schmitz fachmännisch fest. Der 25-Jährige sitzt im Gastraum des „Haus Thomas“, besser bekannt als „Beim Jussi“, in Bickendorf. Gemeinsam mit seinem gleichaltrigen Freund Tim Emmerich betreibt er den „Kölner Kneipenpodcast Zweimal 0,2“. Die beiden Chemie-Studenten teilen ein Hobby:
„Wir schwaden beide gerne und unternehmen öfter mal Kneipentouren“, sagt Marvin Schmitz, der seinen Talkpartner Tim zu Studienbeginn beim Bayerischen Abend der Chemie-Fachschaft kennenlernte. Irgendwann kamen sie auf die Idee, kurzerhand ein Mikro auf den Tresen zu stellen und ihre Unterhaltung über die Kneipe, in der sie gerade sind, aufzunehmen. Dazu gehört zwingend auch die fachmännische Beschreibung der Theke: Meist sind diese C- oder L- oder J-förmig. „Außer im Balthasar im Agnesviertel, die Theke ist irgendwie zickzackförmig“, erinnert sich Tim Emmerich.
Die Podcaster sind aus Köln-Dellbrück und Köln-Lindweiler
Dazu gehört auch die Information, ob es einen Handlauf gibt und Garderobenhaken und natürlich die Anzahl der Thekenplätze. Beim Jussi sind es nur sechs, in den meisten Kneipen seien es elf, so die Erfahrung der beiden Lehramtsstudenten. Ihre Kneipentouren halten sie für ihren Podcast in Staffeln à elf Folgen fest. Die Zahl Elf ist für die kölschen Jungs natürlich gesetzt in Köln. Marvin Schmitz stammt aus Dellbrück, Tim Emmerich aus Lindweiler im Kölner Norden. „Wichtig ist für uns vor allem die Authentizität. Wir sprechen bewusst in der Kneipe miteinander, sodass die Atmosphäre und das Hintergrundrauschen echt sind.“ In der „Wundertüte“ etwa habe die Wirtin sie angesprochen, während sie aufnahmen. „Das haben wir dann einfach so gelassen“, sagt Emmerich.
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Inzwischen haben sie neun Staffeln fertiggestellt, von Nippes zur Südstadt, von Deutz bis Ehrenfeld haben sie sich durch die Stadt gearbeitet. Die 7. Staffel heißt „WaiGrieMauPan“, also Waidmarkt, Griechen-, Mauritius- und Pantaleonsviertel. Für die Staffel Deutz nehmen sie gerade auch Gaststätten in der City dazu, um auf die Anzahl elf zu kommen. Deutz und die Altstadt zählen ja schließlich zusammen zum Bezirk Innenstadt.

Das Veedelskneipen-Quartett ist in aktualisierter Auflage erschienen.
Copyright: Martin Emmerling
Bei ihren Touren entdecken sie oft echte Perlen, wie etwa das „Zwergnase“ in der Altonaer Straße in Longerich oder das „Konstantin“ in Deutz, das eigentlich eine Hotelbar und erst auf den zweiten Blick Charme entfaltet. Für die erste Staffel zogen sie von Longerich aus die Neusser Straße entlang bis zum Kornbrenner in Nippes. „Anfangs haben wir die elf Kneipen in einem Rutsch geschafft, unsere Folgen waren oft nur fünf Minuten lang“, erzählt Schmitz. Inzwischen nehmen sie sich mehr Zeit, gehen nur vier oder fünf Kneipen an, kommen dann noch einmal ins Veedel. Eine Folge dauert jetzt auch schon mal 20 Minuten, weil sie mehr Infos hineinpacken.

Das Oma Kleinmann auf der Zülpicher Straße ist ein Kneipen-Klassiker in Köln.
Copyright: Peter Rakoczy
Ihre Expertise konnten sie nun auch in die neuste Ausgabe des Veedelskneipen-Quartetts einbringen. „Der Macher, Martin Emmerling, der in München lebt, kontaktierte uns über Instagram und bat uns, für ihn in Köln zu recherchieren. Früher hat er das selber gemacht, er stammt auch aus dem Rheinland, hat aber nicht mehr so viel Zeit. Er wollte das Oma Kleinmanns, dann haben wir ihm noch einige Vorschläge gemacht“, erzählt Emmerich. So finden sich in der neuen Quartett-Auflage jetzt auch das „Knippschild Werk2“ in Dellbrück oder die „Furchtbar“ in der Kyffhäuser Straße und das „Schlösselche“ in der Sülzburgstraße.
Das Kneipen-Quartett gibt Emmerling für die Städte München, Berlin, Hamburg und Köln heraus. „In Köln läuft es mit Abstand am besten“, weiß Emmerich, denn hier kaufen es vor allem die Einheimischen und nicht die Touristen. Das Haus Thomas, Beim Jussi in Bickendorf, werden die beiden auf jeden Fall in ihre nächste Staffel aufnehmen, denn die mutmaßlich älteste Kneipe Kölns – es gibt sie seit 1846 – darf im Kneipen-Podcast natürlich nicht fehlen. Und in der nächsten Ausgabe des Veedelskneipen-Quartetts auch nicht. Dort könnte der Jussi dann das „Knollendorf “ ersetzen. Denn hier hat die Realität die Macher überholt: Der Betreiber des Sülzer Klassikers warf zuletzt das Handtuch.
Das Veedelskneipen-Quartett gibt es für 11,90 Euro im Stadtkind, Neusser Straße 44 und online. Der „Kölner Kneipenpodcast“ ist auf www.podcast.de hörbar.
