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Wohngebiet in EhrenfeldAnwohner kritisieren Pläne zur Erschließung des Max-Becker-Areals

Lesezeit 4 Minuten
Sieben Personen halten ein 9 Meter langes Maßband von einer Hauswand zur nächsten.

Nur gut 9 Meter breit ist die künftige Haupterschließungsstraße derzeit, das weisen die Anwohner mit ihrem selbstgebastelten Maßband nach.

Das Max-Becker-Areal in Ehrenfeld soll mit 1700 Wohneinheiten, Gewerbe und Schule erschlossen werden – Anwohner befürchten ein Verkehrschaos.

Sie haben noch mal ganz genau nachgemessen, sogar ein eigenes Maßband mit großen Meteranzeigen gebastelt. Doch sie können so oft messen, wie sie wollen, die Mieter beziehungsweise Eigentümer der Villen an der Widdersdorfer Straße 192 und 196 kommen zwischen den beiden Mauerpfeilern nur auf gut 9 Meter: So breit ist die Straße maximal, die künftig zur Erschließung des Max-Becker-Areals dienen soll. Auf dem rund 9,7 Hektar großen Gelände sollen 1700 Wohneinheiten, dazu Gewerbe, Läden und eine Schule entstehen. Ein KVB-Bus wird hier auch verkehren.

Deshalb geht das Stadtplanungsamt in seinem Bebauungsplan-Entwurf von einer Mindest-Fahrbahnbreite von 6,50 Metern aus – pro Fahrtrichtung, damit zwei Busse aneinander vorbeifahren können. Hinzu kommen noch Geh- und Radwege. Das funktioniere höchstens, wenn man einen Teil der Mauer vor dem Haus Nummer 196 einreiße und die Grundstücksfläche dahinter zur Verbreiterung der Straße nutze, erklärt Martina Sebastiani, Eigentümerin des Hauses Nummer 192: „Die Mauern und die Villen stehen zwar unter Denkmalschutz. Aber das Haus Nummer 196 gehört der Pandion AG wie das ganze ehemalige Max-Becker-Areal. Die Abriss-Erlaubnis für einen Teil der Mauer werden sie wohl bekommen.“

Sorge vor Überlastung der Widdersdorfer Straße

Ihr Grundstück, das gerade außerhalb des Areals liegt, auf dem bis vor kurzem noch Metallschrott recycelt wurde, sei jedenfalls tabu, stellt Sebastiani klar: „Davon kriegen die nichts.“

Doch selbst wenn die Straße einmal die nötige Breite haben sollte, würden die zusätzlichen Ein- und Ausfahrten die viel befahrene Widdersdorfer Straße hoffnungslos überlasten, meinen die Anwohner. Denn die Stichstraße soll zum sogenannten City-Hub führen, in dem die Bewohner der 1700 neuen Wohnungen ihre Pkw abstellen sollen, aber auch die Mitarbeiter der Gewerbetriebe, der Läden und Restaurants sowie deren Besucher Gäste. Eine Car-Sharing Station und eine Paketstation sind im „Hub“ ebenfalls vorgesehen. Ansonsten soll das Gelände autofrei bleiben.

Eine Menge Verkehr ist also zu erwarten: „Dabei ist es jetzt schon wegen des vielen Verkehrs meist unmöglich, bei der Ausfahrt auf die Widdersdorfer Straße nach links abzubiegen“, erzählt Elisabeth Palm, eine der Mieterinnen. Bei der Verwaltung denkt man daher über eine Ampel nach, um an der künftigen Stichstraße störungsfreien Verkehr zu ermöglichen: „Das wiederum würde zu Riesenstaus auf der Widdersdorfer Straße führen“, meint Falk Sawinski.

Kritik an Zufahrtsregelung und Denkmalschutz

Zudem möchte die Verwaltung den stadtauswärts fahrenden Verkehr, der bislang die Venloer Straße nutzte, künftig verstärkt über Weinbergstraße und Widdersdorfer Straße nach Westen lotsen. Weil die Venloer Straße voraussichtlich bald endgültig zur Einbahnstraße wird. Noch mehr Verkehr also, der aber möglicherweise bald von einem zusätzlichen größeren Knoten ausgebremst wird: „Auf der Widdersdorfer Straße muss für den Verkehr aus östlicher Richtung auf jeden Fall ein Linksabbieger in die Erschließungsstraße angelegt werden“, sagt Roland Schüler vom Verkehrsclub Deutschland.

Schüler meint, es sei ohnehin bemerkenswert, dass es die Planer des Wettbewerbs-Siegers Cityförster geschafft haben, die Erschließungsstraße exakt zwischen zwei denkmalgeschützte Wohngebäude zu legen – während Richtung Westen entlang der Widdersdorfer Straße doch genügend Platz wäre, etwa gegenüber der Einfahrt zum Rewe-Markt.

Diese Stelle hatten Anwohner im Rahmen einer Bürgerbeteiligung auch als Alternativstandort für den City-Hub oder zumindest für die Zufahrt vorgeschlagen. Doch diese Lage „würde vorhandene Gehölzbestände nördlich der Widdersdorfer Straße tangieren“, schreibt das Stadtplanungsamt in seiner Stellungnahme. „Zusätzlich befindet sich in diesem Bereich ein Baudenkmal.“ Gemeint ist das denkmalgeschützte „Uhrenhaus“, das einmal Teil eines Gaswerks war, ebenso wie die beiden Villen.

Eine weitere denkbare Alternative, die Erschließung vom Maarweg aus, kommt nach Ansicht der Verwaltung ebenfalls nicht infrage. Denn diese Straße würde an der Gaskugel vorbeiführen, die ebenfalls erhalten wird. Aber das zugehörige Grundstück ist im Besitz der Rhein-Energie. „Die Inanspruchnahme von Fremdgrundstücken zur Sicherung der Erschließung ist nicht möglich“, heißt es in der Stellungnahme lapidar. Immerhin gibt man den Einwohner bei ihren Bedenken hinsichtlich der Verkehrssituation „teilweise“ recht, Einwände wegen des geballten Lärms und der Verschmutzung an der neuen Zufahrt werden gar nicht erst ausführlich kommentiert.

Nicht nur Martina Sebastiani fühlt sich von der Verwaltung „abgebügelt“, Bezirksbürgermeister Volker Spelthann indes rät zur Geduld: „Es handelt sich ja zunächst einmal um einen Bebauungsplan-Entwurf. Im Rahmen der weiteren Planungsschritte werden wir solche konkreten Probleme in den Griff kriegen.“