Am Simarplatz hat die Kontaktstelle „Vor Ort“ des SKM für Suchtkranke geöffnet. Sie ist aus Kellerräumen an St. Barbara hierher umgesiedelt.
Soziales AngebotSuchtkranke finden jetzt Zuflucht am Simarplatz in Neuehrenfeld

Ab sofort „besser sichtbar“: Doris Baraczan, Heike Schnorrenberg, Inga Weber und Carmen Dargel (v.l.) sind mit ihrer Beratungsstelle kürzlich an den Simarplatz umgezogen.
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Die Nachricht von der Neueröffnung einer Drogenkontakt- und Beratungsstelle an St. Peter lässt zunächst an einen Zusammenhang mit der aktuellen Situation um die noch relativ neue Drogen- und Obdachlosenszene rund um St. Joseph an der Venloer Straße denken. Doch Inga Weber vom SKM stellte klar, dass dieser Gedanke keine Rolle bei der Wahl des Standorts gespielt habe: „Das ist eine ganz andere Klientel an St. Joseph, da ist eher die Betreuung durch Streetworker sinnvoll. Aber dafür haben wir keine Kapazitäten“, so die Leiterin der Einrichtung am Simarplatz 7 auf der Eröffnungsfeier. „Aber die Polizei verteilt da auch unsere Flyer, und die Leute können gern herkommen.“
Ehemaliges Pfarrbüro von St. Peter ist neue Heimat von „Vor Ort“
Derzeit verkehrt in der Kontakt- und Beratungsstelle „Vor Ort“ Ehrenfeld zumeist eine Stammklientel, die die Einrichtung noch von ihren früheren Räumlichkeiten in den Kellerräumen von St. Barbara kennen. Dort richtet das Bistum nun ein zentrales Archiv für die Kölner Kirchengemeinden ein, deshalb zog man in das leerstehende ehemalige Pfarrbüro von St. Peter um. „Lang ersehnt“ sei der Umzug gewesen, sagt Weber, weil St. Barbara doch recht abgelegen sei, am Simarplatz sei die Einrichtung „sichtbarer“.
Dr. Ludwig Arentz vom Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde beeilte sich zu versichern, dass das Gremium die Entscheidung über die Vermietung der Räume an „Vor Ort“ Ehrenfeld „einstimmig“ getroffen habe. Denn von der Idee einer Kontakt- und Beratungsstelle für drogenkranke Menschen waren die Neuehrenfelder Katholiken anfangs ganz und gar nicht begeistert. Initiiert hatte der frühere Pfarrer an St. Peter, Franz-Heiner Schwirten, das Hilfsprojekt. „Als ich 1987 meine Stelle antrat, hatte ich viele Probleme mit Drogenabhängigen, sie klopften ständig an meine Tür.“ Zusammen mit der damaligen Gemeindeschwester überlegte er, wie man den Suchtkranken helfen könnte, schließlich gründete Schwirten zusammen mit seinem damaligen evangelischen Kollegen Siegfried Kuttner einen Träger- und Förderverein, der die Drogenkontaktstelle mit dem SKM aufbaute. Der SKM trug die Verantwortung für die inhaltliche Arbeit.
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Suchtkranke können duschen und ihre Wäsche waschen
Doch es war schwer, passende Räume zu finden. „Die Leute hatten Angst vor Zuständen wie in der Innenstadt, sie wollten nicht, dass überall Spritzen herumliegen. Sie glaubten noch, sie lebten in einer heilen Welt“, erzählt Franz-Heiner Schwirten, der mittlerweile im Ruhestand ist. So brauchte man einen gewissen „Vorlauf“, erst 1995 wurde ein geeigneter Raum gefunden: ein Container in der Schönsteinstraße. Der musste 13 Jahre später dem Neubau des Caritas-Seniorenzentrums weichen. 2008 ging es deshalb nach St. Barbara, dort stieß man bei den Anwohnern erneut auf große Skepsis: „Erst der Bezirkspolizist konnte sie einigermaßen beruhigen.“
Die Diplom-Sozialpädagogin Carmen Dargel ist von Anfang an dabei und bestätigt, dass die „heile Welt“ schon vor 30 Jahren reine Fiktion war: „Zu uns kommen Obdachlose und Menschen ohne Pass, aber auch Mediziner oder Krankenschwestern, wir haben hier die ganze Vielfalt von Ehrenfeld.“ An drei Tagen in der Woche ist das Café als zwangloser Treffpunkt geöffnet, aber die drei festangestellten Mitarbeiterinnen mit zusammen 70 Wochenstunden beraten Suchtkranke auch an den anderen Tagen nach Terminabsprache. Dann geht es beispielsweise um Schulden, Hilfe bei Problemen mit Behörden oder die Vermittlung von Therapie. Bei „Vor Ort“ kann man aber auch duschen oder seine Wäsche waschen – ähnlich wie im „Gulliver“ am Hauptbahnhof.
Die Zielgruppe sind zunächst Menschen, die von illegalen Drogen abhängig sind - inklusive Cannabis, das derzeit einen Sonderstatus hat. Im Laufe der Zeit hat es sich aber als sinnvoll und notwendig erwiesen, auch die Angehörigen der direkt Betroffenen in die Beratung einzubeziehen. Ein großer Erfolg sei das Angebot für Kinder von Drogenabhängigen, bei dem die Kleinen ohne Druck im Spiel von ihren Problemen erzählen können. „Etwa 80 Drogenkranke und ihre Familien erreichen wir derzeit“, erzählte Carmen Dargel, „sie kommen teilweise aus Bocklemünd, Bickendorf und Bilderstöckchen.“
Auch Jens Rösken, SKM-Vorstand im Bereich Sozialpolitik, war zur Eröffnung gekommen und lobte in seinem Grußwort das neue Drogenhilfekonzept der Stadt. Mit zusätzlich rund 17 Millionen Euro zu den bislang 3,5 Millionen jährlich, sollen unter anderem drei große Drogenhilfezentren gebaut werden: in der Innenstadt, im Rechtsrheinischen und im Linksrheinischen. „Das ist auch dringend notwendig“, so Rösken. „Aber die dezentralen Beratungsstellen werden ihre Bedeutung ganz sicher behalten.“
Das Café in der Kontakt- und Beratungsstelle, Simarplatz 7, ist dienstags von 12 bis 16 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 12 bis 15 Uhr geöffnet. Die Termine von Beratungsgesprächen können telefonisch unter 0221/550 63 63 verabredet werden. Oder per Mail.


