Eine Nacht am Kölner Flughafen„Den klassischen Drogenflieger gibt es nicht“

Lesezeit 5 Minuten

Was passiert nachts am Flughafen? In Folge 3 begleiten unsere Reporter Zollbeamte und Bundespolizei, die für Sicherheit sorgen müssen. 

Während die Ryanair-Maschine aus Rom um 21.50 Uhr über Köln-Bonn zur Landung aufsetzt, stellen Klaus Gramann und Jörg Hensel (Namen geändert) unten, im Ankunftsbereich in Terminal 2, Absperrpfosten auf. Jeder einzelne der fast 300 Passagiere muss gleich hier durch, vorbei an den beiden Zollbeamten und Drogenspürhündin Paula. Eine Stichprobenkontrolle, reine Routine. „Den klassischen Drogenflieger, in dem man vielleicht Drogenkuriere erwarten würde, den gibt es nicht“, sagt Zollsprecher Jens Ahland. „Die Schmuggler kommen von überall.“

An vielleicht keinem anderen Ort in Köln wird Sicherheit so groß geschrieben wie am Flughafen. Öffentlich zugänglich sind nur die Check-In-Bereiche und die Ladenpassagen in den Terminals 1 und 2, dahinter beginnt der Sicherheitsbereich. Jeder, der hier rein will oder muss, weil er dort arbeitet, wird kontrolliert. Passagiere brauchen Flugtickets, Beschäftigte Zutrittsberechtigungen, Ausweise, Codes. Unangemeldet und spontan geht hier gar nichts.

Drogenhündin Paula erschnüffelt Kiffer bei Kontrolle am Flughafen Köln-Bonn

Hausrecht hat grundsätzlich der Flughafen. Verantwortlich für die Sicherheit im Luftverkehr und auf dem Flughafengelände ist die Bundespolizei, das gilt auch für den Bahnhof am Terminal 1. Die Ein- und Ausfuhr von Waren, im Fracht- wie im Passagierbereich, überwacht der Zoll.

Alles zum Thema Flughafen Köln/Bonn

Drogenspürhündin Paula bei der Kontrolle von Passagieren, die mit einer Maschine aus Rom in Köln-Bonn gelandet sind.

Drogenspürhündin Paula bei der Kontrolle von Passagieren, die mit einer Maschine aus Rom in Köln-Bonn gelandet sind.

An der Leine von Jörg Hensel schnüffelt Drogenspürhündin Paula die Passagiere aus Rom ab. Vor einem blonden Mittzwanziger hockt sich die Schäferhündin hin und bleibt sitzen – sie hat etwas gewittert. Gramann bittet den Mann zur Seite, fragt, ob er Drogen dabei habe. Nach einigem Hin und Her gibt er schließlich zu, vor dem Abflug gekifft zu haben. Der Duft nach Marihuana, der offenbar noch in seiner Kleidung hängt, für die menschliche Nase aber nicht wahrnehmbar ist, hat Paula alarmiert. Der Mann darf weiterziehen, der Konsum ist nicht strafbar.

Zwei Stunden später: Die Passagiere einer Pegasus-Maschine aus Istanbul haben ihre Koffer vom Gepäckband gehoben und müssen sich nun entscheiden: Rot? Oder Grün? Wer nichts zu verzollen hat, wählt den grünen Ausgang ins Terminal, wer zum Beispiel mehr als eine Stange Zigaretten dabei hat, mehr als 10.000 Euro Bargeld oder Mitbringsel für mehr als 430 Euro, muss den roten Ausgang wählen und Steuerabgaben zahlen. Alle gehen durch Grün.

Zwei Zöllnerinnen durchsuchen einen Koffer.

Zollbeamte durchsuchen einen Koffer am Flughafen Köln-Bonn

Die Zöllner machen Stichproben, röntgen den Koffer eines allein reisenden Mannes. Auf dem Display erkennt ein Beamter ein verdächtiges Behältnis. „Was ist das?“, fragt er den Reisenden. „Ein Spiel aus Holz“, antwortet der. Der Zöllner bleibt misstrauisch, er öffnet den Koffer, um sich den Gegenstand näher anzusehen. Es könnte zum Beispiel Tabak drin versteckt sein. Ist es aber nicht, es ist tatsächlich nur ein Spiel.

Flughafen Köln-Bonn: Reisende aus Istanbul werden kontrolliert

Szenenwechsel. In einer von vier Boxen im Ankunftsbereich im Terminal 2 sitzen die Bundespolizisten Yagmur Özkaya und Marc Schmelzer vor zwei PCs. Alle Passagiere der Istanbul-Maschine müssen durch die Passkontrolle. Ist der Ausweis echt, das Visum gültig? Ist jemand zur Fahndung ausgeschrieben?

Die Bundespolizisten Yagmur Özkaya und Marc Schmelzer sitzen in einer Box der Passkontrolle am Flughafen Köln-Bonn und kontrollieren die Ausweise von Passagieren aus Istanbul.

Die Bundespolizisten Yagmur Özkaya und Marc Schmelzer bei der Passkontrolle am Flughafen Köln-Bonn

Mit geschultem Blick vergleichen Özkaya  und Schmelzer das Foto im Pass mit dem- oder derjenigen, der oder die vor ihnen steht. Handelt es sich tatsächlich um dieselbe Person? Es gebe bestimmte unverkennbare Merkmale, sagt Marc Schmelzer, auf die er achte. „Zum Beispiel die Mundwinkel, der Abstand zwischen Nase und Oberlippe oder die Form der Ohren.“ Die Bundespolizisten lernen diese Merkmale in Schulungen.

Es ist jetzt 1.15 Uhr am Freitagmorgen. Polizeimeisterin Özkaya und Polizeiobermeister Schmelzer gehen Streife durch die Terminals. Auf der Fußgängerbrücke zwischen den beiden Terminals spricht sie eine obdachlose Frau an, die einen Wagen mit Habseligkeiten vor sich herschiebt: Ein Flaschensammler habe sie geschlagen, behauptet sie.

Yagmur Özkaya und Marc Schmelzer bei ihrem nächtlichen Streifengang durch das Terminal 1

Yagmur Özkaya und Marc Schmelzer bei ihrem nächtlichen Streifengang durch das Terminal 1

In diesem Moment biegt der Mann um die Ecke, auch er sichtlich aufgebracht. Er beschuldigt die Frau: „Die hat Arschloch zu mir gesagt.“ Worum es bei dem Streit genau ging, bleibt unklar. Özkaya und Schmelzer nehmen die Personalien von beiden auf. „Was machen wir denn jetzt?“, fragt Schmelzer die Frau. „Wollen Sie Anzeige erstatten?“ Will sie nicht. Schmelzer verwarnt den Flaschensammler und droht ihm, ihn des Flughafens zu verweisen, sollte er diese Nacht noch einmal auffallen.

Auf der untersten Ebene von Terminal 2 schlafen sechs obdachlose Männer auf Isomatten oder auf den kahlen Fliesen. Özkaya und Schmelzer gehen zu jedem hin und überzeugen sich, dass er lebt. „Wir reißen niemanden aus dem Schlaf, aber wir wollen sehen, ob die Person atmet. Das ist das Wichtigste.“ Solange niemand Ärger mache oder die Sicherheit gefährde, darf er bleiben, niemand wird in die Kälte geschickt und dort seinem Schicksal überlassen. Die Polizisten verstehen sich in gewisser Weise auch als „Kümmerer“.

Der Streifengang endet um 2 Uhr im Flughafenbahnhof. Drei türkische Männer brauchen Hilfe, zwei sprechen kein Deutsch. Einer will nach Duisburg, die beiden anderen zum Kölner Hauptbahnhof. Aber sie wissen nicht, wie man Tickets kauft. Özkaya und Schmelzer erklären ihnen den Fahrkartenautomaten und zeigen ihnen den Weg zum Gleis.

Dann wird es ruhig am Flughafen. Der nächste Flieger geht um 5.55 Uhr nach Dublin. Bis dahin ist der öffentliche Bereich nahezu verwaist.


Wie funktioniert der Flughafen Köln-Bonn? Ein Reporterteam des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat eine Nacht in Tower, Terminals und auf dem Rollfeld verbracht. Alle Texte, Bilder und Videos finden Sie in den einzelnen Kapiteln aus der Nacht.

Lesen hier Teil 1 unserer Flughafenreportage zur Gepäckabwicklung. In Teil 2 erzählt unser Reporterteam von spannenden Begegnungen am Terminal. Für Teil 3 begleitete das Team des Zolls am Flughafen und in Teil 4 Piloten und Flugbegleiterinnen von Eurowings vor einem Flug. In Teil 5 berichten unsere Reporter von dem Wettlauf gegen die Zeit im Frachtbereich. In Teil 6 besuchen unsere Reporter den Tower.

KStA abonnieren