Enorme WartezeitenWarum die Stadt Köln bei Baugenehmigungen so lange braucht

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Die wachsende Stadt benötigt mehr Wohnungen. 

Köln – Wer in Köln eine Baugenehmigung benötigt, muss extrem viel Geduld aufbringen. Vom Einreichen des Antrags bis zur Freigabe des Bauaufsichtsamts vergeht oft mehr als ein Jahr. Das gilt nicht nur für die Großprojekte professioneller Investoren – auch private Hausbesitzer, die lediglich den Dachstuhl ausbauen oder das bestehende Gebäude mit einem Anbau erweitern wollen, sind davon betroffen. Das Problem beschäftigt verschiedene Baudezernenten bereits seit Jahren, doch gelöst ist es nach wie vor nicht.

„Wir sind derzeit bei den Baugenehmigungen nicht mit unseren Laufzeiten zufrieden“, so Manfred Amrehn, stellvertretender Leiter des Bauaufsichtsamts, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Normalerweise sollte es bis zu vier Monate dauern, um zum Beispiel eine Baugenehmigung für einen Dachausbau im Einfamilienhaus zu erteilen. „Wenn nur wir an einer Genehmigung beteiligt sind, sind es im Schnitt siebeneinhalb Monate“, sagt Amrehn. In der Regel seien es im Schnitt jedoch neun Monate, wenn wie üblich viele andere Kolleginnen und Kollegen aus anderen Behörden beteiligt werden müssen.

Mit diesen Laufzeiten steht Köln im Vergleich mit anderen Städten schlecht da. Die Stadtverwaltung weist das jedoch zurück, da die Laufzeiten unterschiedlich berechnet würden. „Wenn wir so messen würden wie andere Städte – also die Laufzeit erst ab der Vollständigkeit der Anträge zu messen – dann kann man natürlich die siebeneinhalb beziehungsweise neun Monate halbieren. Ich werde die Messmethodik jedoch nicht ändern, um transparent zu bleiben“, sagt Baudezernent Markus Greitemann. Köln habe außerdem bundesweit die zweitgrößte Bauaufsicht und die bei weitem größte in NRW. „Also sind wir nicht so ohne weiteres mit anderen Städten vergleichbar“, ergänzt Manfred Amrehn.

Anträge sind laut Stadt Köln nur selten vollständig

Als einen Grund dafür, warum es in Köln so lange dauert, bis eine Baugenehmigung erteilt wird, nennen der Baudezernent und sein stellvertretender Amtsleiter die Qualität der Bauanträge, die Architekten ausarbeiten. „Weit überwiegend sind die Bauanträge, die bei uns eingehen, nicht vollständig. Wir müssen vielfältige Dinge nachfordern, und das kostet Zeit“, sagt Amrehn. So kommen in der Regel die zwei Themen Verkehr und Umwelt auf, die während des Verfahrens gelöst sein wollen. Der Umwelt-, Boden-, Arten-, und Baumschutz sowie der Verkehr erfordern allerdings aufgrund ihrer Komplexität sehr viele genaue Absprachen. Oft fehlen auch Gutachten, die nachgereicht werden müssen. „Wir lehnen im einstelligen Prozentbereich Anträge ab. Wir genehmigen also mehr als 90 Prozent. Davon müssen wir aber Dreiviertel während des Genehmigungsverfahrens erst gemeinsam mit dem Antragsteller und Planer genehmigungsfähig machen. Dafür ist intensive Kommunikation notwendig“, sagt Amrehn.

Baudezernent Markus Greitemann appelliert daher auch an die Antragsteller, sich einzubringen und darauf zu achten, alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf sicherzustellen.

„Baugenehmigungsverfahren sind dialogische Prozesse. Da muss der Dialog innerhalb der Verwaltung laufen und der mit den Kunden draußen. Wenn wir nicht gemeinsam daran arbeiten, dann bekommen wir das nicht hin“, sagt Baudezernent Greitemann.

Amrehn verweist zudem darauf, dass die Bauanträge auch deshalb komplexer werden, weil die Zahl der einfach zu bebauenden Grundstücke aufgrund der enormen Nachfrage nach Wohnraum stetig zurückgehe. „Die Flächen, die jetzt in Köln noch bebaubar sind, das sind eher schwieriger zu bebauende Flächen. Sonst wäre das längst geschehen“, sagt er. Das führt dazu, dass zunächst oft schwierige Situationen vor Ort zu klären sind, wie etwa Neubauten, die sehr nahe an Nachbargrundstücke heranreichen oder so hoch werden, dass sie die Nachbargrundstücke verschatten.

Hoffnung ruht auf digitaler Bauakte

Die große Hoffnung auf Beschleunigung ruht auf der digitalen Bauakte, die allerdings ebenfalls seit Jahren geplant und noch immer nicht umgesetzt ist. Ein Pilotversuch mit ausgewählten Unternehmen soll positiv gelaufen sein, ist von Architekten zu hören. Die Pläne für den Bauantrag ließen sich während der Testphase in digitaler Form einreichen und nicht wie sonst üblich in der Papierform. Die Bearbeitungszeit soll sich daraufhin teilweise halbiert haben. Ein weiterer Vorteil bestand darin, dass die Architekten den jeweils aktuellen Bearbeitungsstatus nachvollziehen konnten.

Entsprechend euphorisch blicken die Architekten auf das Projekt. „Wir setzen große Hoffnungen auf die digitale Bauakte – man sollte den Verwaltungsmitarbeitern allerdings auch verbindliche Zeitvorgaben für die Bearbeitung machen“, sagte Reinhard Angelis, Vorsitzender des Bund Deutscher Architekten (BDA) Köln. Die Digitalisierung in Verbindung mit Fristen sei aus seiner Sicht vielversprechend. Voraussichtlich soll es mit der digitalen Bauakte erst im kommenden Jahr weitergehen – der für den Herbst angedachte Start verzögert sich noch.

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Sowohl für Unternehmen als auch für private Hausbesitzer hat die lange Wartezeit auf die Baugenehmigung wirtschaftliche Folgen. So lässt sich erst dann eine Baufirma beauftragen, wenn die Baugenehmigung auch tatsächlich vorliegt. Ansonsten würde die Gefahr bestehen, dass das Bauunternehmen sich auch die Wartezeit zwischen dem geplanten Baubeginn und dem tatsächlichen Baubeginn bezahlen lässt oder aber das bestehende Angebot zurückzieht, was die Baukosten in die Höhe treiben kann. Das ist auch ein Grund dafür, warum die meisten Bauherren nicht sofort mit den Arbeiten beginnen, wenn sie eine Baugenehmigung erhalten haben.

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