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Volle Innenstadt am ersten Adventssamstag„Nach der Pandemie braucht man wieder neue Klamotten“

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Shopping am 1. Adventswochenende auf der Kölner Schildergasse

Rabatte lockten in der Kölner Innenstadt die Kunden.

Zwischen Kölner Neumarkt und Hohe Straße tummelten sich am Samstag vor dem ersten Advent zahlreiche Einkaufswillige auf der Suche nach günstigen Vor-Weihnachts-Angeboten.

Der „Black-Friday-Sale“, der in den USA traditionell das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft direkt nach Thanksgiving einläutet, ist bereits vor Jahren als Trend auch nach Deutschland geschwappt. Der Rabatt-Aktionstag fiel hierzulande nun erstmals mit dem ersten Adventwochenende zusammen: Ein äußerst wichtiger Zeitpunkt für den stationären Handel, wie Jörg Hamel Geschäftsführer des Handelsverbands Nordrhein-Westfalen sagt.

Die Sparangebote sorgten auch noch an diesem Wochenende für eine hohe Menschendichte in den Kölner Einkaufsstraßen. Mit prall gefüllten Einkaufstüten tummelten sich die Einkaufswilligen zwischen Neumarkt und Hohe Straße vor Schaufenstern, die mit schwarz designten Aufklebern Preisrabatte von bis zu 50 Prozent versprachen. In Zeiten von Inflation und hoher Energiepreise schien die Ankündigung dieser Schnäppchentage für viele Menschen eine gute Gelegenheit, günstig an eine Winterjacken oder erste Weihnachtsgeschenke zu kommen.

„Mein Gehalt als LKW-Fahrer hat sich seit Jahren nicht geändert, obwohl die Preise steigen“, erzählt Shervan aus Gummersbach, der voll bepackt mit seinen Einkaufstüten Richtung Dom unterwegs ist. Hinzu käme, dass er nicht so viele Tage Zeit habe, an denen er überhaupt einkaufen gehen könne, „deshalb handele ich das meiste heute in einem Rutsch ab“. Das Marketingversprechen viel Geld sparen zu können, sei für ihn dennoch nicht überzeugend. Er habe gerade erst das Rabatt-Schild von seiner gekauften Jacke entfernt und der Originalpreis habe nur minimal unter dem Angebotspreis gelegen. Arme Leute warteten auf solche Aktionstage, aber mittlerweile habe er das Gefühl, „so richtig zahlt sich das dann doch nicht aus.“

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Eine Familie, die an diesem Tag deutlich zufriedener mit dem Angebot wirkt, ist Familie Alper „Wir hätten niemals gedacht, dass wir so viel kaufen! Aber es war alles so günstig, das mussten wir voll ausnutzen.“ Stolz präsentieren die drei Frauen das Ergebnis ihres Einkaufs in mehr als fünf verschiedenen Tüten. Neben Hosen, Jacken und Schuhen, auch Spielzeug-Autos und eine Packung Marken-Boxershorts. „Jetzt, wo man nach der Corona-Pandemie wieder mehr und mehr unter Leute geht, braucht man auch wieder neue Klamotten“, sagt die Jüngste von ihnen, Sevilay Alper. Sie habe vor allem bei der Markenware heute ordentlich Prozente abgegriffen.

Wenige Meter weiter steht eine Gruppe junger Inder zusammen. Zwischen ihren Füßen breitet sich ebenfalls ein Meer an Einkaufstüten aus. „Köln ist einfach wunderbar zum Shoppen. Es macht Spaß, hier so viele Leute auf einmal zu sehen, und jeder hat mindestens eine Tasche in der Hand, ich glaube, das war es wert, extra aus Aachen hierherzukommen“, sagt die 25-jährige Swapnila Paini. Sie kenne das „Black Weekend“ bisher nur aus den USA. Heute wolle sie einmal spüren, wie es ist, in Köln solch besondere Shopping-Tage zu erleben. Es wirke fast, wie eine Verabredung für ein soziales Event, sagt sie.

In den nächsten Monaten sollte man schon auf sein Geld achten
Junge Frau in der Kölner Innenstadt

Nicht ganz so begeistert zeigt sich eine junge Frau, die sich vor dem überlaufenden Eingang zum Burger King auf der Schildergasse aufhält. Letztes Jahr habe sie die Black Week schon voll ausgenutzt, einen Fernseher, Wasserkocher, Toaster gekauft. Vor allem bei technischen Geräten lohne sich das Angebot, aber dieses Jahr müsse sie sparen. Ihre Familie sei der Grund dafür, warum sie trotz ausgiebiger Shopping-Laune zwar in der Stadt sei, sich aber bei den Angeboten doch sehr zurückhalte. „Ich würde gerne zuschlagen, aber in den nächsten Monaten sollte man schon auf sein Geld achten.“

Da auch der Handel in den nächsten Monaten mit deutlich höheren Kosten zu rechnen habe, sei es für viele Geschäfte zurzeit wichtig, den Umsatz mitzunehmen, bevor die Leute sich das Shoppen nicht mehr leisten könnten. „Früher waren Angebote zu Beginn der Vorweihnachtszeit verpönt. Nun ist das Bild ein anderes“, sagt Jörg Hamel.

Es sind wilde Zeiten, viele Krisen, der Lockdown, steigende Preise, der Krieg
Jörg Hamel, Geschäftsführer Handelsverband NRW

Der stationäre Handel gerate zunehmend in Not, die Konsumlaune sei abgefallen. „Es sind wilde Zeiten, viele Krisen, der Lockdown, steigende Preise, der Krieg; all das spürt der Handel“, Verbraucher hielten nun ihr Geld zurück Insofern sei es ein guter Zufall, dass der Auftakt zur Weihnachtszeit dieses Jahr mit dem Black Friday zusammenfiele, denn das bewirke, dass Leute an diesem Wochenende in die Stadt gingen, um gezielt ihr Geld auszugeben.

Das „Black Weekend“ könnte so vielen Händlern punktuell ein besseres Geschäft bescheren, meint der Geschäftsführer des Handelsverbands NRW. Gleichzeitig sei aber die Frage: Was passiert die nächsten Wochen? In manchen Branchen macht das Weihnachtsgeschäft, mehr als ein Viertel des Jahresumsatzes aus. Wenn man nun das Angebot zu Beginn des Weihnachtsgeschäftes stark rabattiere, fehle es eventuell in der kommenden Zeit an Umsatz, den es braucht, um über das Jahr zu kommen.

Für einen weiter anhaltenden Kaufrausch könnte morgen der nahtlose Übergang in den nächsten Aktionstag, den sogenannten Cyber Monday sorgen: Cyber Monday ist die Antwort der Onlineshops auf den Black Friday. So werden auch am 28. November verstärkt Rabattaktionen erwartet, die den Konsum fördern. Geschätzt wird, dass sich der deutschlandweite Umsatz an beiden Tagen auf rund 5,7 Milliarden Euro belaufen wird.

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